Finger tief in meine Wange, schob den Ringfinger in meinen Mund, den Mittelfinger drückte sie in meine Nase, und mit Daumen und Zeigefinder kniff sie mich so fest in die andere Wange, dass ich vor Schmerz aufschrie.
»Hee-hee, fly-blow bastard!«, kicherte Brown Jenkin. »Bargearse fucker! Je mange tes fries!«
Kezias Finger schmeckte abscheulich, wie abgestandenes Blut. Mein Magen zog sich zusammen, und ich konnte nicht anders, als zu würgen.
»Wie wäre es, wenn ich dir deine Zunge rausreiße?«, fragte sie. »Ich kann das, das weißt du! Ein Ruck, und weg ist sie. Du wärst dann natürlich noch nicht tot. Zu früh für die Kiste! Aber stell dir vor, du müsstest ohne Lippen, ohne Nase und mit Rattenlöchern in deinen Wangen leben. Und kein Mensch könnte dich ansehen, ohne sich in die Hosen zu scheißen! ... Wenn ich so drüber nachdenke, siehst du schon jetzt beschissen aus!«
»Lass mich ihn rip open!«, zischte Brown Jenkin. Ich spürte seine Klauen an meinem Hosenbein. Kezia hielt jedoch mein Gesicht so fest, dass ich nur zittern konnte. Ich vermute, ich hätte nach ihr treten oder nach ihrer Hand schlagen können, aber irgendetwas an ihr gab mir das Gefühl, dass ich so kraftlos sei, dass ich nicht mal einer Fliege etwas hätte zuleide tun können.
Brown Jenkins Klaue bewegte sich weiter an meinem Hosenbein entlang, dann zwickte er mich kurz zwischen den Beinen. »Ah oui-oui, we can rip them off«, wieherte das Ratten-Wesen. »Zwei porky Eierfor supper, oui? Nicht vergessen Abendessen!«
Kezia beugte ihren mit Laken umwickelten Kopf vor und flüsterte in einem heißen Hurrikan stinkenden Atems: »Soll ich dir die Nase abreißen, Trottel?«
»Tear off his Rüssel!«, schrie Brown Jenkin.
Doch in dem Moment hörte ich Billings rufen: »Warte, Kezia! Warte!«
»Warten? Worauf?«, erwiderte sie. »Auf den Sankt-Nimmer-leins-Tag?«
Billings kam über den Rasen gelaufen und stellte sich zu uns. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass er auf Distanz zu uns blieb. Vielleicht wollte er bloß keine Blutspritzer auf seinen Anzug bekommen.
»Kezia, er muss dir erst noch den Sohn des Blutes geben«, sagte Billings.
Kezia reagierte auf diese Nachricht, indem sie ihren Griff nur noch verstärkte. Ich fühlte, wie meine Unterlippe aufplatzte und Blut über mein Kinn lief.
»Es ist die Wahrheit, Kezia! Du kannst diesmal nichts mit ihm anstellen! Erst, wenn er das gemacht hat, was das Schicksal für ihn vorherbestimmt hat.«
»Du redest wieder Unsinn«, entgegnete Kezia, doch an ihrem Tonfall konnte ich merken, dass sie von ihren Worten nicht völlig überzeugt war.
»Glaub, was du willst«, sagte Billings achselzuckend. »Aber falls du die Erneuerung nicht noch länger hinauszögern möchtest, dann solltest du ihn gehen lassen.«
»Er hat Charity mitgenommen«, erwiderte sie. »Er ist ein Heide, sonst nichts!«
»Vielleicht hat er Charity mitgenommen«, sagte Billings besänftigend. »Aber Jenkin kann sie für dich zurückholen, nicht? Das ist überhaupt kein Problem. Nun komm schon, Kezia, er ist der Vater ... und er hat dir zwei geschenkt. Aber zwei sind so gut wie nichts.«
»Dann kann ich ihm später sein Dessert geben«, sagte Kezia, lockerte aber nicht ihren Griff.
»Genau, Kezia, das kannst du später immer noch machen.«
»Rip him now!«, drängte Brown Jenkin. »Rip off sa tête and tirer ses Leber durch seine Kehle!« Wenn ich das mit Kichern durchsetzte Mischmasch richtig verstand, wollte Brown Jenkin meinen Kopf abreißen, um sich dann meine Leber zu holen. Wenn ich nicht miterlebt hätte, was er mit Reverend Pickering gemacht hatte, hätte ich geglaubt, er übertreibe, um mir ein wenig Angst einzujagen. Aber er war so grausam, dass er genau das auch gemacht hätte. Er war ein Geschöpf der Hölle, mehr war nicht dazu zu sagen.
Schließlich zog Kezia ihre Hand weg. Sie wich aber nicht zurück, sondern sah mich mit einer Mischung aus Neugier, Versuchung und ... irgendetwas anderem an. Fast so etwas wie eine beiläufige Lust. Einen Moment lang war ich nicht sicher, dass sie mich tatsächlich entkommen lassen würde. Doch dann nickte sie, zögerte kurz und wandte sich ab, um wie ein großes schlecht gekleidetes Gespenst zum Haus zurückzukehren. Brown Jenkin hüpfte noch eine Weile um uns herum, dann folgte er seiner Meisterin.
»Ich nehme an, dass ich mich bei Ihnen bedanken muss«, sagte ich zu Billings.
»Sie müssen mir nicht danken«, versicherte er. »Ihre Liz will die dritte und letzte Zeugung haben, und Brown Jenkin wird versuchen, Charity zu holen. An Ihrer Stelle würde ich auch sehr auf Ihren Jungen aufpassen. Die Tore der Hölle können sich jeden Moment öffnen.«
Gemeinsam gingen wir hinüber zur Veranda, die Stufen hinauf und hin zur Tür, die Billings für mich öffnete. »Darf ich Sie noch etwas fragen?«
»Ich kann Ihnen keine Antwort garantieren.«
»Im Flur hängt ein Foto von Ihnen. Manchmal bewegen Sie sich auf dem Foto, und manchmal ist auch Brown Jenkin zu sehen.«
Im Haus hatte Brown Jenkin bereits zwei oder drei Lampen angezündet und hüpfte auf den Polstermöbeln umher, um weitere Lampen zu erreichen, an die er vom Boden aus nicht gelangen konnte. Er hielt eine dünne Kerze in seinen Klauen, von der heißes Wachs auf seinen Arm tropfte. Der unangenehme Geruch von versengten Haaren breitete sich im Zimmer aus.
Brown Jenkin sah mich mit einer solchen Wollust an, dass mir ein eisiger Schauder über den Rücken lief. Er musste nichts sagen, dieses eine verkrustete Auge sagte alles.
Billings ignorierte ihn und führte mich durch den Flur zurück zur Treppe. »Ich weiß, welches Foto Sie meinen. Einer von Kezias kleinen Scherzen. Sie hat noch immer etwas von ihrer kindlichen Spiellaune. Sie kann alle möglichen Bilder in Bewegung versetzen. Sie kann ein Gemälde berühren, das einen sonnigen Tag am Meer zeigt, und aus dem Bild einen nächtlichen Sturm mit hohen Wellen machen. Nach dem, was ich verstanden habe, benutzten die vormenschlichen Wesen solche Bilder, um miteinander zu kommunizieren.«
Er klang völlig natürlich, fast schon umgänglich. Aber etwas war beunruhigend an einem Mann, der wie der Direktor einer Teppichfabrik auf einer Führung durch die Produktionsanlagen klang, während er in Wahrheit ein hagerer und verfluchter Zeitreisender war, der mit einer halb nackten Hexe, einer verlausten Ratte und verzweifelten Waisenkindern unter einem Dach lebte, die ihres Fleisches wegen entführt und ermordet wurden.
Wir gingen am Schlafzimmer der Kinder vorbei. Die Tür war nur angelehnt, und ich sah, wie Molly und ihre Freunde mir enttäuscht nachblickten. »Ab ins Bett mit euch«, herrschte Billings sie an. Ich konnte nichts machen, um ihnen zu helfen. Wenn Billings die Wahrheit sprach, dann würde Brown Jenkin umso mehr Kinder abschlachten, wenn ich ihm einen Vorwand dafür lieferte. Der Gedanke, dass diese mageren, armseligen Kinder wie Hasen aufgeschlitzt werden würden, war mehr, als ich ertragen konnte.
Wir betraten mein Schlafzimmer, wo mir Billings auf den Stuhl half.
»Versuchen Sie nicht, noch einmal herzukommen«, warnte er mich. »Ich werde Sie beim nächsten Mal nicht vor Kezia retten können. Sie hat eine Vorliebe, Gesichter abzureißen.«
»Gut. Aber ich kann Ihnen für nichts garantieren, was meine Handlungen betrifft, wenn ich wieder im Jahr 1992 bin.«
»Achten Sie auf Ihre Liz. Und denken Sie daran, was ich Ihnen gesagt habe. Sie können Ihr Schicksal ändern, wenn Sie es wollen. Sie können alles verändern. Die Zeit ist nichts weiter als eine Schachtel voller Minuten.«
»Das werden wir ja sehen.«