Die Blume braechest und zu leichten Zier
An deinen Busen stecktest!
Thekla.
Was er mir nicht gepflanzt, das koennte doch
Freiwillig mir die schoenen Fruechte tragen.
Und wenn mein guetig freundliches Geschick
Aus seinem furchtbar ungeheuren Dasein
Des Lebens Freude mir bereiten will-
Graefin.
Du siehst's wie ein verliebtes Maedchen an.
Blick um dich her. Besinn dich, wo du bist-
Nicht in ein Freudenhaus bist du getreten,
Zu keiner Hochzeit findest du die Waende
Geschmueckt, der Gaeste Haupt bekraenzt. Hier ist
Kein Glanz als der von Waffen. Oder denkst du,
Man fuehrte diese Tausende zusammen,
Beim Brautfest dir den Reihen aufzufuehren?
Du siehst des Vaters Stirn gedankenvoll,
Der Mutter Aug' in Traenen, auf der Waage liegt
Das grosse Schicksal unsers Hauses!
Lass jetzt des Maedchens kindische Gefuehle,
Die kleinen Wuensche hinter dir! Beweise,
Dass du des Ausserordentlichen Tochter bist!
Das Weib soll sich nicht selber angehoeren,
An fremdes Schicksal ist sie fest gebunden;
Die aber ist die Beste, die sich Fremdes
Aneignen kann mit Wahl, an ihrem Herzen
Es traegt und pflegt mit Innigkeit und Liebe.
Thekla.
So wurde mir's im Kloster vorgesagt.
Ich hatte keine Wuensche, kannte mich
Als seine Tochter nur, des Maechtigen,
Und seines Lebens Schall, der auch zu mir drang,
Gab mir kein anderes Gefuehl als dies:
Ich sei bestimmt, mich leidend ihm zu opfern.
Graefin.
Das ist dein Schicksal. Fuege dich ihm willig.
Ich und die Mutter geben dir das Beispiel.
Thekla.
Das Schicksal hat mir den gezeigt, dem ich
Mich opfern soll; ich will ihm freudig folgen.
Graefin.
Dein Herz, mein liebes Kind, und nicht das Schicksal.
Thekla.
Der Zug des Herzens ist des Schicksals Stimme.
Ich bin die Seine. Sein Geschenk allein
Ist dieses neue Leben, das ich lebe.
Er hat ein Recht an sein Geschoepf. Was war ich,
Eh' seine schoene Liebe mich beseelte?
Ich will auch von mir selbst nicht kleiner denken
Als der Geliebte. Der kann nicht gering sein,
Der das Unschaetzbare besitzt. Ich fuehle
Die Kraft mit meinem Gluecke mir verliehn.
Ernst liegt das Leben vor der ernsten Seele.
Dass ich mir selbst gehoere, weiss ich nun.
Den festen Willen hab ich kennen lernen,
Den unbezwinglichen, in meiner Brust,
Und an das Hoechste kann ich alles setzen.
Graefin.
Du wolltest dich dem Vater widersetzen,
Wenn er es anders nun mit dir beschlossen?
-Ihm denkst du's abzuzwingen? Wisse, Kind!
Sein Nam' ist Friedland.
Thekla.
Auch der meinige.
Er soll in mir die echte Tochter finden.
Graefin.
Wie? Sein Monarch, sein Kaiser zwingt ihn nicht,
Und du, sein Maedchen, wolltest mit ihm kaempfen?
Thekla.
Was niemand wagt, kann seine Tochter wagen.
Graefin.
Nun wahrlich! Darauf ist er nicht bereitet.
Er haette jedes Hindernis besiegt,
Und in dem eignen Willen seiner Tochter
Sollt' ihm der neue Streit entstehn? Kind! Kind!
Noch hast du nur das Laecheln deines Vaters,
Hast seines Zornes Auge nicht gesehen.
Wird sich die Stimme deines Widerspruchs,
Die zitternde, in seine Naehe wagen?
Wohl magst du dir, wenn du allein bist, grosse Dinge
Vorsetzen, schoene Rednerblumen flechten,
Mit Loewenmut den Taubensinn bewaffnen.
Jedoch versuch's! Tritt vor sein Auge hin,
Das fest auf dich gespannt ist, und sag nein!
Vergehen wirst du vor ihm, wie das zarte Blatt
Der Blume vor dem Feuerblick der Sonne.
-Ich will dich nicht erschrecken, liebes Kind!
Zum Aeussersten soll's ja nicht kommen, hoff ich-
Auch weiss ich seinen Willen nicht. Kann sein,
Dass seine Zwecke deinem Wunsch begegnen.
Doch das kann nimmermehr sein Wille sein,
Dass du, die stolze Tochter seines Gluecks,
Wie ein verliebtes Maedchen dich gebaerdest,
Wegwerfest an den Mann, der , wenn ihm je
Der hohe Lohn bestimmt ist, mit dem hoechsten Opfer,
Das Liebe bringt, dafuer bezahlen soll!
(Sie geht ab.)
Neunter Auftritt
Thekla. (allein)
Dank dir fuer deinen Wink! Er macht
Mir meine boese Ahnung zur Gewissheit.
So ist's denn wahr? Wir haben keinen Freund
Und keine treue Seele hier-wir haben
Nichts als uns selbst. Uns drohen harte Kaempfe.
Du, Liebe, gib uns Kraft, du goettliche!
Oh! sie sagt wahr! Nicht frohe Zeichen sind's,
Die diesem Buendnis unsrer Herzen leuchten.
Das ist kein Schauplatz, wo die Hoffnung wohnt.
Nur dumpfes Kriegsgetoese rasselt hier,
Und selbst die Liebe, wie in Stahl geruestet,
Zum Todeskampf geguertet, tritt sie auf.
Es geht ein finstrer Geist durch unser Haus,
Und schleunig will das Schicksal mit uns enden.
Aus stiller Freistatt treibt es mich heraus,
Ein holder Zauber muss die Seele blenden.
Es lockt mich durch die himmlische Gestalt,
Ich seh sie nah und seh sie naeher schweben,
Es zieht mich fort mit goettlicher Gewalt,
Dem Abgrund zu, ich kann nicht widerstreben. (Man hoert von ferne die Tafelmusik.)
Oh! wenn ein Haus im Feuer soll vergehn,
Dann treibt der Himmel sein Gewoelk zusammen,
Es schiesst der Blitz herab aus heitern Hoehn,
Aus unterird'schen Schluenden fahren Flammen,
Blindwuetend schleudert selbst der Gott der Freude
Den Pechkranz in das brennende Gebaeude! (Sie geht ab.)
Vierter Aufzug
Szene: Ein grosser, festlich erleuchteter Saal, in der Mitte
desselben und nach der Tiefe des Theaters eine reich ausgeschmueckte
Tafel, an welcher acht Generale, worunter Octavio Piccolomini,
Terzky und Maradas, sitzen. Rechts und links davon, mehr nach
hinten zu, noch zwei andere Tafeln, welche jede mit sechs Gaesten
besetzt sind. Vorwaerts steht der Kredenztisch, die ganze vordere
Buehne bleibt fuer die aufwartenden Pagen und Bedienten frei. Alles
ist in Bewegung, Spielleute von Terzkys Regiment ziehen ueber den
Schauplatz um die Tafel herum. Noch ehe sie sich ganz entfernt
haben, erscheint Max Piccolomini; ihm kommt Terzky mit einer
Schrift, Isolani mit einem Pokal entgegen.
Erster Auftritt
Terzky. Isolani. Max Piccolomini.
Isolani.
Herr Bruder, was wir lieben! Nun, wo steckt Er?
Geschwind an Seinen Platz! Der Terzky hat
Der Mutter Ehrenweine preisgegeben,
Es geht hier zu, wie auf dem Heidelberger Schloss.
Das Beste hat Er schon versaeumt. Sie teilen
Dort an der Tafel Fuerstenhuete aus,
Des Eggenberg, Slawata, Lichtenstein,
Des Sternbergs Gueter werden ausgeboten
Samt allen grossen boehm'schen Lehen; wenn
Er hurtig macht, faellt auch fuer Ihn was ab.
Marsch! Setz' Er sich!
Colalto und Goetz. (rufen an der zweiten Tafel)
Graf Piccolomini!
Terzky.
Ihr sollt ihn haben! Gleich!-Lies diese Eidesformel,
Ob dir's gefaellt, so wie wir's aufgesetzt.
Es haben's alle nach der Reih' gelesen,
Und jeder wird den Namen drunter setzen.
Max. (liest)
"Ingratis servire nefas."
Isolani.
Das klingt wie ein latein'scher Spruch-Herr Bruder,
Wie heisst's auf deutsch?
Terzky.
Dem Undankbaren dient kein rechter Mann!