Kellermeister.
Der edle Wein! Wenn meine alte Herrschaft,
Die Frau Mama, das wilde Leben saeh',
In ihrem Grabe kehrte sie sich um!-
Ja! Ja! Herr Offizier! Es geht zurueck
Mit diesem edeln Haus-Kein Mass noch Ziel!
Und die durchlauchtige Verschwaegerung
Mit diesem Herzog bringt uns wenig Segen.
Neumann.
Behuete Gott! Jetzt wird der Flor erst angehn.
Kellermeister.
Meint Er? Es liess' sich vieles davon sagen.
Bedienter. (kommt.)
Burgunder fuer den vierten Tisch!
Kellermeister.
Das ist
Die siebenzigste Flasche nun, Herr Leutnant.
Bedienter.
Das macht, der deutsche Herr, der Tiefenbach,
Sitzt dran. (Geht ab.)
Kellermeister. (zu Neumann fortfahrend)
Sie wollen gar zu hoch hinaus. Kurfuersten
Und Koenigen wollen sie's im Prunke gleichtun,
Und wo der Fuerst sich hingetraut, da will der Graf,
Mein gnaed'ger Herre, nicht dahintenbleiben. (Zu den Bedienten.)
Was steht ihr horchen? Will euch Beine machen.
Seht nach den Tischen, nach den Flaschen! Da!
Graf Palffy hat ein leeres Glas vor sich!
Zweiter Bedienter. (kommt)
Den grossen Kelch verlandt man, Kellermeister,
Den reichen, gueldnen, mit dem boehm'schen Wappen,
Ihr wisst schon welchen, hat der Herr gesagt.
Kellermeister.
Der auf des Friedrichs seine Koenigskroenung
Vom Meister Wilhelm ist verfertigt worden,
Das schoene Prachtstueck aus der Prager Beute?
Zweiter Bedienter.
Ja, den! Den Umtrunk wollen sie mit halten.
Kellermeister. (mit Kopfschuetteln, indem er den Pokal
hervorholt und ausspuelt)
Das gibt nach Wien was zu berichten wieder!
Neumann.
Zeigt! Das ist eine Pracht von einem Becher!
Von Golde schwer und in erhabner Arbeit
Sind kluge Dinge zierlich drauf gebildet.
Gleich auf dem ersten Schildlein, lasst mal sehn!
Die stolze Amazone da zu Pferd,
Die uebern Krummstab setzt und Bischofsmuetzen,
Auf einer Stange traegt sie einen Hut,
Nebst einer Fahn', worauf ein Kelch zu sehn.
Koennt Ihr mir sagen, was das all bedeutet?
Kellermeister.
Die Weibsperson, die ihr da seht zu Ross,
Das ist die Wahlfreiheit der boehm'schen Kron'.
Das wird bedeutet durch den runden Hut
Und durch das wilde Ross, auf dem sie reitet.
Des Menschen Zierat ist der Hut, denn wer
Den Hut nicht sitzen lassen darf vor Kaisern
Und Koenigen, der ist kein Mann der Freiheit.
Neumann.
Was aber soll der Kelch da auf der Fahn'?
Kellermeister.
Der Kelch bezeugt die boehm'sche Kirchenfreiheit,
Wie sie gewesen zu der Vaeter Zeit.
Die Vaeter im Hussitenkrieg erstritten
Sich dieses schoene Vorrecht uebern Papst,
Der keinem Laien goennen will den Kelch.
Nichts geht dem Utraquisten uebern Kelch,
Es ist sein koestlich Kleinod, hat dem Boehmen
Sein teures Blut in mancher Schlacht gekostet.
Neumann.
Was sagt die Rolle, die da drueber schwebt?
Kellermeister.
Den boehm'schen Majestaetsbrief zeigt sie an,
Den wir dem Kaiser Rudolf abgezwungen,
Ein koestlich unschaetzbares Pergament,
Das frei Gelaeut' und offenen Gesang
Dem neuen Glauben sichert wie dem alten.
Doch seit der Graetzer ueber uns regiert,
Hat das ein End', und nach der Prager Schlacht,
Wo Pfalzgraf Friedrich Kron' und Reich verloren,
Ist unser Glaub' um Kanzel und Altar,
Und unsre Brueder sehen mit dem Ruecken
Die Heimat an, den Majestaetsbrief aber
Zerschnitt der Kaiser selbst mit seiner Schere.
Neumann.
Das alles wisst Ihr! Wohl bewandert seid Ihr
In Eures Landes Chronik, Kellermeister.
Kellermeister.
Drum waren meine Ahnherrn Taboriten
Und dienten unter dem Prokop und Ziska.
Fried' sei mit ihrem Staube! Kaempften sie
Fuer eine gute Sache doch-Tragt fort !
Neumann.
Erst lasst mich noch das zweite Schildlein sehn.
Sieh doch, das ist, wie auf dem Prager Schloss
Des Kaisers Raete Martinitz, Slawata
Kopf unter sich herabgestuerzet werden.
Ganz recht! Da steht Graf Thurn, der es befiehlt.
(Bedienter geht mit dem Kelch.)
Kellermeister.
Schweigt mir von diesem Tag, es war der drei-
Undzwanzigste des Mais, da man eintausen-
Sechshundert schrieb und achtzehn. Ist mir's doch,
Als waer' es heut, und mit dem Unglueckstag
Fing's an, das grosse Herzeleid des Landes.
Seit diesem Tag, es sind jetzt sechzehn Jahr,
Ist nimmer Fried' gewesen auf der Erden- (An der zweiten Tafel wird gerufen:)
Der Fuerst von Weimar! (An der dritten und vierten Tafeclass="underline" )
Herzog Bernhard lebe! (Musik faellt ein.)
Erster Bedienter.
Hoert den Tumult!
Zweiter Bedienter. (kommt gelaufen)
Habt ihr gehoert? Sie lassen
den Weimar leben!
Dritter Bedienter.
Oestreichs Feind!
Erster Bedienter.
Den Lutheraner!
Zweiter Bedienter.
Vorhin, da bracht' der Deodat des Kaisers
Gesundheit aus, da blieb's ganz maeuschenstille.
Kellermeister.
Beim Trunk geht vieles drein. Ein ordentlicher
Bedienter muss kein Ohr fuer so was haben.
Dritter Bedienter. (beiseite zum vierten)
Pass ja wohl auf, Johann, dass wir dem Pater
Quiroga recht viel zu erzaehlen haben;
Er will dafuer uns auch viel Ablass geben.
Vierter Bedienter.
Ich mach mir an des Illo seinem Stuhl
Deswegen auch zu tun, soviel ich kann,
Der fuehrt dir gar verwundersame Reden.
(Gehen zu den Tafeln.)
Kellermeister. (zu Neumann)
Wer mag der schwarze Herr sein mit dem Kreuz,
Der mit Graf Palffy so vertraulich schwatzt?
Neumann.
Das ist auch einer, dem sie zu viel trauen,
Maradas nennt er sich, ein Spanier.
Kellermeister.
's ist nichts mit den Hispaniern, sag ich Euch,
Die Welschen alle taugen nichts.
Neumann.
Ei! Ei!
So solltet Ihr nicht sprechen, Kellermeister.
Es sind die ersten Generale drunter,
Auf die der Herzog just am meisten haelt.
(Terzky kommt und holt das Papier ab, an den Tafeln entsteht
eine Bewegung.)
Kellermeister. (zu den Bedienten)
Der Generalleutnant steht auf. Gebt acht!
Sie machen Aufbruch. Fort und rueckt die Sessel.
(Die Bedienten eilen nach hinten, ein Teil der Gaeste kommt
vorwaerts.)
Sechster Auftritt
Octavio Piccolomini kommt im Gespraech mit Maradas, und beide
stellen sich ganz vorne hin auf eine Seite des Proszeniums.
Auf die entgegengesetzte Seite tritt Max Piccolomini, allein,
in sich gekehrt und ohne Anteil an der uebrigen Handlung. Den
mittlern Raum zwischen beiden, doch einige Schritte mehr zurueck,
erfuellen Buttler, Isolani, Goetz, Tiefenbach, Colalto und bald
darauf Graf Terzky.
Isolani. (waehrend dass die Gesellschaft vorwaerts kommt)
Gut' Nacht!-Gut' Nacht, Colalto-Generalleutnant,
Gut' Nacht! Ich sagte besser, guten Morgen.
Goetz. (zu Tiefenbach)
Herr Bruder! Prosit Mahlzeit!
Tiefenbach.
Das war ein koenigliches Mahl!
Goetz.