Wallenstein.
Nun, Herzogin? Sie haben Wien beruehrt,
Sich vorgestellt der Koenigin von Ungarn?
Herzogin.
Der Kaiserin auch. Bei beiden Majestaeten
Sind wir zum Handkuss zugelassen worden.
Wallenstein.
Wie nahm man's auf, dass ich Gemahlin, Tochter
Zu dieser Winterszeit ins Feld beschieden?
Herzogin.
Ich tat nach Ihrer Vorschrift, fuehrte an,
Sie haetten ueber unser Kind bestimmt
Und moechten gern dem kuenftigen Gemahl
Noch vor dem Feldzug die Verlobte zeigen.
Wallenstein.
Mutmasste man die Wahl, die ich getroffen?
Herzogin.
Man wuenschte wohl, sie moech' auf keinen fremden
Noch lutherischen Herrn gefallen sein.
Wallenstein.
Was wuenschen Sie , Elisabeth?
Herzogin.
Ihr Wille, wissen Sie, war stets der meine.
Wallenstein. (nach einer Pause)
Nun-Und wie war die Aufnahm' sonst am Hofe? (Herzogin schlaegt die Augen nieder und schweigt.)
Verbergen Sie mir nichts-Wie war's damit?
Herzogin.
Oh! mein Gemahl-Es ist nicht alles mehr
Wie sonst-Es ist ein Wandel vorgegangen.
Wallenstein.
Wie? Liess man's an der alten Achtung fehlen?
Herzogin.
Nicht an der Achtung. Wuerdig und voll Anstand
War das Benehmen-aber an die Stelle
Huldreich vertraulicher Herablassung
War feierliche Foermlichkeit getreten.
Ach! und die zarte Schonung, die man zeigte,
Sie hatte mehr vom Mitleid als der Gunst.
Nein! Herzog Albrechts fuerstliche Gemahlin,
Graf Harrachs edle Tochter, haette so-
Nicht eben so empfangen werden sollen!
Wallenstein.
Man schalt gewiss mein neuestes Betragen?
Herzogin.
O haette man's getan!-Ich bin's von lang her
Gewohnt, Sie zu entschuldigen, zufrieden
Zu sprechen die entruesteten Gemueter-
Nein, niemand schalt Sie-Man verhuellte sich
In ein so lastend feierliches Schweigen.
Ach! hier ist kein gewoehnlich Missverstaendnis, keine
Voruebergehende Empfindlichkeit-
Etwas ungluecklich, unersetzliches ist
Geschehn-Sonst pflegte mich die Koenigin
Von Ungarn immer ihre liebe Muhme
Zu nennen, mich beim Abschied zu umarmen.
Wallenstein.
Jetzt unterliess sie's?
Herzogin. (ihre Traenen trocknend, nach einer Pause)
Sie umarmte mich,
Doch erst, als ich den Urlaub schon genommen, schon
Der Tuere zuging, kam sie auf mich zu,
Schnell, als besaenne sie sich erst, und drueckte
Mich an den Busen, mehr mit schmerzlicher
Als zaertlicher Bewegung.
Wallenstein. (ergreift ihre Hand)
Fassen Sie sich!-
Wie war's mit Eggenberg, mit Lichtenstein
Und mit den andern Freunden?
Herzogin. (den Kopf schuettelnd)
Keinen sah ich.
Wallenstein.
Und der hispanische Conte Ambassador,
Der sonst so warm fuer mich zu sprechen pflegte?
Herzogin.
Er hatte keine Zunge mehr fuer Sie.
Wallenstein.
Die Sonnen also scheinen uns nicht mehr,
Fortan muss eignes Feuer uns erleuchten.
Herzogin.
Und waer' es? Teurer Herzog, waer's an dem,
Was man am Hofe leise fluestert, sich
Im Lande laut erzaehlt-was Pater Lamormain
Durch einige Winke-
Wallenstein. (schnell)
Lamormain! Was sagt der?
Herzogin.
Man zeihe Sie verwegner Ueberschreitung
Der anvertrauten Vollmacht, freventlicher
Verhoehnung hoechster, kaiserlicher Befehle.
Die Spanier, der Bayern stolzer Herzog
Stehen auf als Klaeger wider Sie-
Ein Ungewitter zieh' sich ueber Ihnen
Zusammen, noch weit drohender als jenes,
Das Sie vordem zu Regenspurg gestuerzt.
Man spreche, sagt er-ach! ich kann's nicht sagen-
Wallenstein. (gespannt). Nun?
Herzogin.
Von einer zweiten- (Sie stockt.)
Wallenstein.
Zweiten-
Herzogin.
Schimpflichern
-Absetzung.
Wallenstein.
Spricht man? (Heftig bewegt durch das Zimmer gehend.)
Oh! sie zwingen mich, sie stossen
Gewaltsam, wider meinen Willen, mich hinein.
Herzogin. (sich bittend an ihn schmiegend)
Oh! wenn's noch Zeit ist, mein Gemahl-Wenn es
Mit Unterwerfung, mit Nachgiebigkeit
Kann abgewendet werden-Geben Sie nach-
Gewinnen Sie's dem stolzen Herzen ab,
Es ist Ihr Herr und Kaiser, dem Sie weichen.
Oh! lassen Sie es laenger nicht geschehn,
Dass haemische Bosheit Ihre gute Absicht
Durch giftige, verhasste Deutung schwaerze.
Mit Siegeskraft der Wahrheit stehen Sie auf,
Die Luegner, die Verleumder zu beschaemen.
Wir haben so der guten Freunde wenig.
Sie wissen's! Unser schnelles Glueck hat uns
Dem Hass der Menschen blossgestellt-Was sind wir,
Wann kaiserliche Huld sich von uns wendet!
Dritter Auftritt
Graefin Terzky, welche die Prinzessin Thekla an der
Hand fuehrt, zu den Vorigen.
Graefin.
Wie, Schwester? Von Geschaeften schon die Rede
Und, wie ich seh, nicht von erfreulichen,
Eh' er noch seines Kindes froh geworden?
Der Freude gehoert der erste Augenblick.
Hier, Vater Friedland! das ist deine Tochter! (Thekla naehert sich ihm schuechtern und will sich auf seine
Hand beugen; er empfaengt sie in seinen Armen und bleibt
einige Zeit in ihrem Anschauen verloren stehen.)
Wallenstein.
Ja! Schoen ist mir die Hoffnung aufgegangen.
Ich nehme sie zum Pfande groessern Gluecks.
Herzogin.
Ein zartes Kind noch war sie, als Sie gingen,
Das grosse Heer dem Kaiser aufzurichten.
Hernach, als Sie vom Feldzug heimgekehrt
Aus Pommern, war die Tochter schon im Stifte,
Wo sie geblieben ist bis jetzt.
Wallenstein.
Indes
Wir hier im Feld gesorgt, sie gross zu machen,
Das hoechste Irdische ihr zu erfechten,
Hat Mutter Natur in stillen Klostermauern
Das Ihrige getan, dem lieben Kind
Aus freier Gunst das Goettliche gegeben
Und fuehrt sie ihrem glaenzenden Geschick
Und meiner Hoffnung schoen geschmueckt entgegen.
Herzogin. (zur Prinzessin)
Du haettest deinen Vater wohl nicht wieder
Erkannt, mein Kind? Kaum zaehltest du acht Jahre,
Als du sein Angesicht zuletzt gesehn.
Thekla.
Doch, Mutter, auf den ersten Blick-mein Vater
Hat nicht gealtert-Wie sein Bild in mir gelebt,
So steht er bluehend jetzt vor meinen Augen.
Wallenstein. (zur Herzogin)
Das holde Kind! Wie fein bemerkt und wie
Verstaendig! Sieh, ich zuernte mit dem Schicksal,
Dass mir's den Sohn versagt, der meines Namens
Und meines Glueckes Erbe koennte sein,
In einer stolzen Linie von Fuersten
Mein schnell verloeschtes Dasein weiter leiten.
Ich tat dem Schicksal Unrecht. Hier auf dieses
Jungfraeulich bluehende Haupt will ich den Kranz
Des kriegerischen Lebens niederlegen;
Nicht fuer verloren acht ich's, wenn ich's einst,
In einen koeniglichen Schmuck verwandelt,
Um diese schoene Stirne flechten kann.
(Er haelt sie in seinen Armen, wie Piccolomini hereintritt.)
Vierter Auftritt
Max Piccolomini und bald darauf Graf Terzky zu den Vorigen.