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In diesem Augenblick stürzte ein Mann in die Ratshalle der Kapitäne.

Es war Henrak, der die Rencebauern verraten hatte, der Mann mit dem weißen Seidentuch über der Schulter. »Das Arsenal!« rief er. »Das Arsenal brennt!«

11

Die Kapitäne sprangen auf, Stühle fielen polternd um. Der Schreiber am großen Tisch wurde angerempelt, Papiere segelten zu Boden. Die Männer eilten auf das große Eingangsportal zu, vor dem sich der große Platz erstreckte.

Dann sah ich Lysius, der sich nicht vom Fleck gerührt hatte. Und ich bemerkte, daß der Schriftgelehrte, der gewöhnlich neben dem leeren Thron des Henrius Sevarius V. saß, verschwunden war.

Von draußen klangen Schreie und das Klirren von Waffen herein.

Plötzlich erhob sich Lysius. Er setzte den Helm auf und zog die Waffe.

Auch ich ergriff mein Schwert und zog es aus der Scheide. Doch da wich Lysius zurück, die Waffe erhoben. Er machte kehrt und floh durch eine Seitentür aus der Ratshalle.

Auf der einen Seite des Saals brannte ein kleines Feuer; eine Lampe war umgeworfen worden. Der Schreiber am Mitteltisch stand reglos über seinen Papieren. Andere Schreiber eilten zu ihm, sahen sich ratlos um. An der Wand standen mehrere Ratspagen.

Plötzlich taumelte einer der Kapitäne in den Saal. Ein Armbrustpfeil ragte aus seiner Samtweste. Er stürzte, hielt sich an der Armlehne eines Ratssessels fest. Weitere Kapitäne, zu viert oder fünft, wichen in den Saal zurück, die Waffen erhoben, blutend.

Ich trat vor die Thronsessel der Ubars und deutete auf das kleine Feuer. »Mach das aus«, sagte ich zu einem der entsetzten Pagen, der sofort losrannte.

Dann steckte ich mein Schwert in die Scheide zurück.

»Nimm das Ratsbuch und bewache es«, befahl ich dem Schreiber am großen Tisch.

»Ja, Kapitän«, sagte er und nahm das Dokument an sich.

Ich beugte mich vor, wischte Papiere zu Boden, packte den großen Tisch und hob ihn über den Kopf. Erstaunte Ausrufe wurden laut.

Ich drehte mich um und schritt langsam auf die große Doppeltür des Saals zu.

Weitere Kapitäne, den Rücken zum Saal, drängten kämpfend, stolpernd herein, eindeutig auf dem Rückzug. Sie waren die letzten.

Ich schleuderte den mächtigen Tisch über ihre Köpfe durch die Tür. Er landete mit gewaltigem Krachen auf den Männern, die mit Schwertern und Schilden die Ratsmitglieder bedrängten. Mehrere Kämpfer wurden zu Boden geworfen.

»Holt Stühle und mehr Tische!« brüllte ich.

Obwohl viele der Männer verwundet waren, gehorchten sie sofort und häuften Stühle und andere Möbelstücke im Durchgang auf. Armbrustpfeile sirrten zwischen den Möbelstücken hindurch, brachen splitternd durch das Holz. Doch unsere Barrikade wuchs.

Mehrere Männer versuchten das Hindernis zu übersteigen und durchzubrechen.

Doch dort stießen sie auf Bosk, in der Hand die geschmiedete Klinge eines korobanischen Schwertes.

Vier Männer taumelten zurück, rollten über Stühle und Tische herab.

Armbrustpfeile flogen mir um den Kopf.

Ich lachte und sprang zu Boden. Nun ließen sich keine Männer mehr auf der Barrikade sehen.

»Könnt ihr die Tür halten?« fragte ich die Kapitäne und Schreiber und Pagen.

»Ja«, riefen sie.

Ich deutete auf die Nebentür, durch die Lysius und wohl auch der Schreiber Henrius Sevarius’ verschwunden waren. »Paßt auf diesen Durchgang auf«, sagte ich.

Ich nahm zwei Kapitäne mit und lief in die hintere Ecke des Ratssaals, von wo aus man über eine Wendeltreppe auf das Dach des Gebäudes gelangen konnte.

Kurz darauf standen wir auf der Schräge des Rathausdaches, geschützt von Türmchen und dekorativen Bastionen.

In der Nachmittagssonne stieg Rauch über den Kais und dem Arsenal im Westen auf.

»Schiffe aus Cos oder Tyros sind nicht im Hafen«, sagte ein Kapitän.

Ich nickte und deutete auf die Hafenanlagen. »Das sind Kais von Chung und Eteocles?«

»Ja«, sagte der Kapitän.

»Und die Anlagen dort«, fuhr ich fort und deutete weiter nach Süden, »gehören Nigel und Sullius Maximus, nicht wahr?«

Wir sahen brennende Schiffe.

»Ja«, sagte der zweite Kapitän. »Zweifellos wird dort gekämpft.«

»Und überall im Hafengebiet«, fiel der erste Kapitän ein.

»Es hat den Anschein, als sei der Besitz Henrius Sevarius’, Herr des Kapitäns Lysius, unberührt.«

»So sieht es aus«, sagte der erste Kapitän gepreßt.

Unter uns klangen Trompeten auf. Männer brüllten.

Wir erblickten Banner, die das Zeichen des Hauses Sevarius trugen. Männer versuchten das Volk auf die Straße zu locken, das sich ihnen anschließen sollte.

»Henrius Sevarius«, riefen sie, »ist Ubar von Port Kar!«

»Sevarius läßt sich zum Ubar ausrufen«, sagte der erste Kapitän.

»Oder Claudius, sein Regent«, fügte der andere hinzu.

Ein weiterer Kapitän stieß zu uns. »Unten ist jetzt alles ruhig«, meldete er.

»Seht!« sagte ich und deutete auf einige Kanäle zwischen den Gebäuden. Von mehreren Seiten näherten sich Tarnschiffe mit langsamem Ruderschlag. Sie hielten auf das Gebäude des Kapitänsrates zu. Armbrustschützen flohen vor ihnen auf den schmalen Kanalsteigen. Andere Bewaffnete schlossen sich an.

»Offenbar ist Henrius Sevarius doch noch nicht ganz Ubar dieser Stadt«, lachte ich.

Auf der anderen Seite des Platzes erschien in einem der angrenzenden Kanäle ein Rammschiff mittlerer Klasse und näherte sich einer Anlegestelle zwischen zwei Kais. Es war kampfbereit – die Masten waren umgelegt, die Segel unter Deck. Im Wind flatterte die Fahne mit den grünen Streifen und dem schwarzen Kopf eines Bosk.

Auch auf diese Entfernung sah ich Thurnocks mächtige Gestalt vom Schiff springen, gefolgt von Clitus und Tab, der meine Männer ausschwärmen ließ.

»Versucht den Schaden im Arsenal abzuschätzen«, sagte ich.

»Offenbar brennen die Holzschuppen und die Trockendocks. Und die Pech- und Ruderlager«, sagte ein anderer.

»Es gibt wenig Wind«, bemerkte jemand.

Ich war nicht unzufrieden. Eigentlich war anzunehmen, daß die vielen hundert Arbeiter im Arsenal die Flammen in den Griff bekommen würden. Feuer ist dort immer als die größte Gefahr angesehen worden, so daß viele Lagerhäuser, Werkstätten und Schmieden aus Stein erbaut sind und Schiefer- oder Metalldächer tragen. Die Holzgebäude – die zahlreichen Schuppen und überdachten Lagerflächen – sind voneinander abgesetzt. Innerhalb des Arsenals gibt es zudem ausreichend offene Wasserstellen, und neben den vielen Becken stehen rote Holzkisten mit zusammengefalteten Ledereimern, die zur Feuerbekämpfung gedacht sind. Einige andere Becken sind so groß, daß sogar Galeeren darin ankern können, denn sie haben zwei Zugänge zum Kanalsystem der Stadt und außerdem zwei Tore zum Tambergolf. Jede dieser Ausfahrten ist durch große Stahltore gesichert. Diese großen Becken erfüllen zwei Zwecke – die offenen Bassins werden für die Unterwasserlagerung und Reifung des Turholzes verwendet, die überdachten Becken dienen zur Endmontage neuer Schiffe und zu Reparaturen, die einen Aufenthalt im Trockendock nicht erfordern.

Es wollte mir scheinen, daß Rauch und Flammen im Arsenal nachgelassen hätten. Bei den Hafenanlagen von Chung, Eteocles, Nigel und Sullius Maximus stand es nicht so günstig.

Vielleicht waren die Brände im Arsenal auch nur als Ablenkung gedacht. Sie hatten jedenfalls dazu gedient, die Kapitäne Port Kars in einen Hinterhalt vor dem Ratsgebäude zu locken. Wahrscheinlich hatte Henrius Sevarius das Arsenal nicht ernsthaft beschädigen wollen, das – wenn er erst einmal Ubar war – das Kernstück seines neuen Reichtums darstellen würde.

»Ich gehe zum Arsenal«, sagte ich und wandte mich an einen der Kapitäne. »Schicke die Schreiber los und laß den Schaden schätzen. Auch sollen die Kapitäne sofort die militärische Situation in die Hand nehmen. Die Schiffspatrouillen müssen verstärkt werden und auf einen Radius von fünfzig Pasang ausgedehnt werden.«

»Aber Cos und Tyros haben doch nicht …«