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Ich freute mich über das Schweigen, das nun eintrat. Ich hatte mir bis dahin nicht klar gemacht, welche Wertschätzung ich im Kreise der anderen Kapitäne genoß.

Antisthenes ergriff als erster das Wort. »Ich meine nicht, daß wir einen Kapitän schicken sollten«, sagte er. »Das käme einer Verurteilung auf die Galeerenbänke von Cos gleich. Außerdem bin ich der Meinung, wir sollten einen Mann entsenden, der nicht die Schnüre dieser Stadt trägt.«

Ich lächelte. »Es ist natürlich eine große Ehre für mich, daß der noble Samos mich für diese Aufgabe benennt, der ich doch wahrlich der geringste unter den anwesenden Kapitänen bin.«

Die Männer sahen sich grinsend an.

»Dann lehnst du also ab?« fragte Samos.

»Es will mir allerdings scheinen, daß eine so entscheidende Rolle einem Würdigeren zufallen sollte, niemandem anders als dem höchsten unter uns, der mit den Ubars von Cos und Tyros auf gleichem Fuße verhandeln könnte – Samos!«

»Ich bin dankbar für deine Nominierung«, sagte Samos in das Gelächter der anderen hinein, »aber ich glaube nicht, daß es dem Seniorkapitän des Rats in diesen unruhigen Zeiten ansteht, die Stadt zu verlassen, auch wenn es um eine Friedensmission geht. Dazu ist die Lage zu Hause noch viel zu unsicher.«

»Stimmt«, sagte ein Kapitän.

»Dann lehnst du also ab?« fragte ich Samos.

»Ja«, erwiderte Samos. »Ich lehne ab.«

Ich fuhr fort: »Ich meine trotzdem, daß ein Kapitän unsere Interessen am besten vertreten und am ehesten von der Ernsthaftigkeit unserer Absichten überzeugen könnte – wenn nicht Cos und Tyros, so doch wenigstens ihre Verbündeten und die neutralen Häfen und Städte an der Küste des schimmernden Thassa.«

»Aber wer von uns soll fahren?« fragte Bejar.

Als das Gelächter erstorben war, sagte ich: »Ich, Bosk, könnte fahren.«

»Hast du den Antrag nicht abgelehnt?« fragte Samos.

»Nein«, erwiderte ich. »Ich habe nur vorgeschlagen, daß ein Würdigerer als ich sich dieser schweren Aufgabe annimmt.«

»Was ist dein Preis?« fragte Samos.

»Eine Galeere«, sagte ich, »ein Rammschiff der großen Klasse.«

Ich besaß kein solches Schiff.

»Es soll dir gehören«, sagte Samos.

»… wenn du zurückkommst, um es zu beanspruchen«, murmelte ein Kapitän.

»Fahre nicht, Bosk«, sagte Antisthenes.

Ich hatte bereits einen Plan – sonst hätte ich mich nicht zur Verfügung gestellt. Die Chance eines Friedens auf dem Meer war verlockend. Cos und Tyros sind wichtige Märkte, ganz zu schweigen von ihren Verbündeten. Und selbst wenn meine Mission fehlschlug, gewann ich eine große Galeere für meine Flotte. Natürlich war die Sache riskant, doch ich hatte die Gefahr kalkuliert. Ich würde nicht unvorbereitet nach Cos und Tyros reisen.

»Und«, fuhr ich fort, »als Eskorte verlange ich fünf Rammschiffe aus dem Arsenal, mittlere oder schwere Klasse, deren Mannschaften und Kapitäne von mir bestimmt werden sollen.«

»Diese Schiffe werden nach Beendigung deiner Mission dem Arsenal zurückgegeben?« fragte Samos.

»Natürlich.«

»Einverstanden«, sagte der erste Sklavenhändler der Stadt.

Wir sahen uns an. Ich fragte mich, ob Samos mich auf diese Weise leicht loszuwerden hoffte – einen Mann, der ihm seinen Posten als Seniorkapitän im Rat von Port Kar streitig machen konnte. Ja, sagte ich mir, er glaubt, er wird mich so los.

»Fahre nicht, Bosk«, sagte Antisthenes noch einmal.

Ich stand auf. »Deine Sorge ehrt mich, Antisthenes«, sagte ich und schüttelte den Kopf. Dann reckte ich mich. »Macht ohne mich weiter. Ich gehe nach Hause. Die Nacht war lang, und ich bin müde.«

12

Es war spätabends, zwei Tage nach dem gescheiterten Staatsstreich des Henrius Sevarius.

Ich wartete darauf, daß für meine Friedensmission nach Cos und Tyros Schiffe bereitgestellt wurden.

Inzwischen hatte ich als Kapitän allerlei Bürgerpflichten zu erfüllen. Bis zur Bildung der Ratswache waren die Kapitäne und ihre Leute für die Aufrechterhaltung der Kontrollen über die Ubars und die Sicherheit in der Stadt verantwortlich.

Eine Nacht stand ich auf einer hohen Wachmauer, einige hundert Meter von der kahlen Außenwand eines Anwesens entfernt, das Sevarius gehörte und angeblich seinen Palast beherbergte, und sah, wie eine winzige Seitenpforte geöffnet wurde. Am Fuß der Mauer erstreckte sich eine etwa zwanzig Meter breite Steinfläche, die an einem Kanal endete. Wir hatten den Kanal blockiert, wo er eine Ausfahrt zur Stadt und zum Meer bot. Nun sahen wir im Licht der drei goreanischen Monde, wie fünf Männer durch das winzige Eisentor kamen. Sie schleppten einen großen, zusammengebundenen Sack.

»Halt, Männer des Sevarius!« rief ich. »Halt, Verräter!«

»Beeilt euch!« rief ein Mann. Ich erkannte die Stimme. Es war Lysius, der Freund des Regenten Claudius. Ich sah auch einen anderen Mann, der erschreckt den Kopf hob – Henrak, der die Rencebauern verraten hatte.

Gefolgt von Thurnock, Clitus und anderen, sprang ich von der Mauer und lief auf den Kanal zu.

Die Gestalten begannen zu rennen, bestrebt, ihre Last ins Wasser zu werfen, ehe wir sie erreichten.

Thurnock blieb stehen, zog seinen Bogen durch. Einer der Männer wirbelte getroffen herum. Die anderen schleuderten den Sack mit mächtiger Bewegung in den Kanal. Dann traten sie im Laufschritt den Rückweg an.

Doch ehe sie das Tor erreichten, hatte Thurnocks Langbogen noch zweimal zugeschlagen, so daß Lysius und Henrak als einzige entkamen.

»Messer!« sagte ich.

Man reichte mir eine Klinge.

»Nicht«, rief Thurnock.

Schon sah ich im Wasser die schmalen Schnauzen von Urts, die auf den Sack zuhielten. Ich steckte das Messer zwischen die Zähne und sprang in den kalten Kanal.

Der Sack begann zu sinken und war bereits unter der Wasseroberfläche, als ich ihn erreichte. Ich schnitt ihn auf und packte den gefesselten Arm des Körpers, der sich darin befand.

Ein Pfeil sirrte neben mir ins Wasser, gefolgt von dem schrillen Schmerzensschrei einer schwimmflossigen Kanalurt, Beißgeräuschen und Platschen – die anderen Urts stürzten sich auf ihren verletzten Artgenossen.

Ich hob den Kopf der Gestalt über Wasser. Es war ein Junge, er starrte mich mit schreckgeweiteten Augen an.

Ich schleppte ihn zum Kanalrand, und einer meiner Männer, der sich am Ufer hingelegt hatte, faßte ihn unter dem Arm.

Im nächsten Augenblick zuckte Clitus’ Netz über mich, gefolgt vom protestierenden Quieken einer weiteren Urt, die den Dreizackhieben des Fischers nicht gewachsen war.

Da spürte ich, wie sich die Zähne einer Urt um mein Bein schlossen, Nadelspitzen, die an meinem Fleisch zerrten. Ich stieß dem Tier die Finger in die Ohren und zerrte den Kopf von meinem Bein fort. Das Maul schnappte weiter nach mir, versuchte an meine Kehle zu kommen. Ich ließ das Tier los, schlug ihm den Kopf hoch und ließ mich auf seinen Rücken gleiten, als es wieder zubeißen wollte, den linken Arm um das nasse glitschige Fell des breiten Halses geschlossen. Ich nahm das Messer und hieb damit heftig auf das Ungeheuer ein.

»Es ist tot!« brüllte Clitus.

Ich ließ die Urt los, die sofort von ihren Artgenossen unter Wasser gezerrt wurde.

Ich spürte Clitus’ Netz hinter mir, klammerte mich daran fest. Blutend und hustend und vor Kälte zitternd wurde ich aus dem Wasser gezogen, Sekunden später wurde ich von zwei Bewaffneten zur Belagerungsmauer geführt. In der Hitze eines Wachfeuers entledigte ich mich meiner nassen Kleidung und wickelte mich in Thurnocks Umhang. Jemand reichte mir eine Lederflasche mit Paga.

Plötzlich lachte ich. »Ich freue mich, daß ich noch lebe«, sagte ich.

Die Männer fielen in mein Lachen ein. Thurnock klopfte mir auf die Schulter.

»Was ist mit deinem Bein?« fragte einer der Bewaffneten.

»Schon gut«, sagte ich.

Ich konnte stehen; die Wunden waren nicht tief. Ich wollte sie zu Hause von einem Arzt versorgen lassen.

»Wo ist unser Fisch aus dem Kanal?« fragte ich.