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Aus dieser Schilderung läßt sich schon ersehen, warum ein Eindeckruderer ebenso schnell ist wie ein Schiff mit doppeltem oder gar dreifachem Ruderdeck. Ein Schiff mit einhundertundzwanzig Ruderern auf drei Ruderdecks zu je zwanzig Mann pro Flanke ist weitaus schwerer als der Eindecker mit drei Mann pro Bank und logischerweise langsamer. Eindeckruderer sind deshalb bei den Kampfschiffen auf dem Thassa die überwältigende Mehrheit. Andere Schiffstypen sind darunter selten anzutreffen. Was das Rammen angeht, so könnte ein massigeres Schiff freilich den stärkeren Stoß führen – nur kann das leichtere mit größerer Geschwindigkeit angreifen und ist besser manövrierbar.

Ich hatte dreißig Rammschiffe zur Verfügung, von denen achtzehn mein Eigentum waren und zwölf eine Leihgabe des Arsenals. Die Schatzflotte samt Geleitschutz umfaßte siebzig Schiffe – vierzig Rammschiffe und dreißig Rundschiffe. Von den vierzig Rammschiffen gehörten fünfundzwanzig der schweren Klasse an und fünfzehn der mittleren Klasse. Ich hatte zwanzig Rammschiffe der schweren und zehn der mittleren Klasse. Keine der beiden Flotten verfügte über leichte Galeeren.

Ich hatte es mir zur Gewohnheit gemacht, unter keinen Umständen Rundschiffe zu rammen und dies unter Sklaven bewußt publik machen lassen. Sicherlich war inzwischen allgemein bekannt, daß Bosk nicht nur keine Rundschiffe versenkte, sondern, wenn er ein solches Schiff kaperte, die Rudersklaven freiließ. Ohne diese psychologische Waffe wären meine Aktionen gegen Rundschiffe in den letzten Monaten wohl nicht so erfolgreich gewesen. Außerdem hatte ich verbreiten lassen, daß ich sehr wütend würde, wenn die Sklaven an Bord von Rundschiffen mißhandelt oder gar erschlagen worden waren. Hierdurch gewann ich auf den Ruderbänken der Rundschiffe manchen stillschweigenden Verbündeten. Die Sklaven, die natürlich ein Interesse daran hatten, daß ihr Schiff erobert wurde, ruderten nicht mehr mit voller Kraft, während ihre Rudermeister wiederum Angst hatten, die Angeketteten ernsthaft anzutreiben. Zwei Möglichkeiten blieben den Kapitänen aus Cos und Tyros – sie konnten auch auf Rundschiffen freie Rudermannschaften beschäftigen oder den Geleitschutz durch Rammschiffe verstärken. Offenbar hatte man sich für die zweite, teurere Alternative entschieden, wenn auch eine Schatzflotte dieser Art ohnehin eine starke Begleitung erhalten hätte.

Die Preise in Tyros und Cos waren in letzter Zeit enorm gestiegen, denn Geleitschutz kostete viel Geld. Die Waren der Kaufleute aus Cos, Tyros und den verbündeten Städten schieden mehr und mehr aus dem Wettbewerb aus, zumal auch die Versicherungsraten für Schiffsladungen ungemein gestiegen waren.

Wegen meiner Gepflogenheiten im Zusammenhang mit Rundschiffen rechnete ich nicht damit, daß Cos oder Tyros solche Schiffe in eine Seeschlacht mit meiner Flotte verwickeln würden. Damit war das Kräfteverhältnis nicht siebzig zu dreißig, sondern höchstens vierzig oder fünfzig zu dreißig. Trotzdem hatte ich nicht die Absicht, mich mit einem überlegenen oder auch nur gleich starken Gegner auf eine Schlacht einzulassen. Wichtig war nicht so sehr die absolute Zahl der kämpfenden Schiffe, als die Zahl der Schiffe, die zu bestimmter Zeit an bestimmter Stelle eingesetzt werden konnten.

So begann ich meinen Plan in die Wirklichkeit umzusetzen.

Zwölf meiner Schiffe näherten sich der Schatzflotte von Südosten. Mit umgelegten Masten und zur Begleitung martialischer Flöten- und Trommelmusik verringerten wir den Abstand zur großen Flotte. Es konnte nur wenige Augenblicke dauern, bis wir entdeckt wurden.

Von den Heckaufbauten der Dorna aus beobachtete ich mit einem langen Fernglas wie sich in der Ferne die Masten der Rammschiffe senkten. Ich hörte die Kriegstrompeten, die Meldungen zwischen den Schiffen verbreiteten. Signalflaggen, mit denen die Befehle wiederholt wurden, stiegen an den Heckmasten empor. Die Decks selbst waren noch nicht zu erkennen, doch ich bezweifelte nicht, daß dort nun hektische Betriebsamkeit herrschte. Bogenschützen machten ihre Pfeile fertig, Helme, Waffen und Schilde wurden an Deck gebracht, Feuer wurden entfacht, Steine, Bündel mit geteertem Tuch stapelten sich neben den Katapulten. Sekunden später wurden angefeuchtete Felle über Reling und Decks gehängt, und Eimer mit Seewasser wurden zur Feuerbekämpfung überall an Bord bereitgestellt. In etwa zehn Ehn waren die Decks der Schatzflotte kampfbereit, die Luken gesichert.

»Mit Vierteltempo voraus«, rief ich dem Rudermeister zu, der ein paar Fuß unter mir saß. Ich wollte mich dem Gegner nicht zu schnell nähern.

Die Schatzflotte hatte keine Ahnung, daß ich ihre Größe und Zusammensetzung genau kannte. Man konnte nur vermuten, daß mich die Größe der Eskorte überraschen würde.

Ich lauschte eine Zeitlang auf die kämpferischen Melodien meiner Flötisten und Trommler und lachte leise vor mich hin.

Als ich dann die äußeren Schiffe der Schatzflotte in unsere Richtung drehen sah, gab ich den Musikern ein Zeichen, ihre Instrumente abzusetzen.

Als sie still waren, hörte ich die Flöten und Trommeln der Feindschiffe. Ich rief dem Rudermeister zu, die Ruder ruhen zu lassen. Ich wollte den Eindruck erwecken, als sei ich plötzlich unentschlossen, ob ich angreifen sollte oder nicht. Ich wollte verwirrt und überrascht erscheinen, deshalb gab ich meinem Trompeter den Befehl das Signal ›Ruder ruht!‹ zu blasen. Das gleiche Signal wurde mit Flaggen aufgezogen.

Über der schwachen Musik von den fernen Schiffen, die nun näherkamen, hörte ich Kriegstrompeten schallen und vermochte durch das Glas die Flaggen zu beobachten. Zwar kannte ich den Code nicht, doch hatte ich keinen Zweifel, daß der Flotte unser Zögern bekanntgegeben wurde. Schon sah ich die Rundschiffe auseinandergleiten, sah Tarnschiffe, die zwischen ihnen hindurch in unsere Richtung schwärmten.

Ich schloß das Fernglas und lachte. »Ausgezeichnet!« rief ich.

Thurnock neben mir grinste.

»Steuermann – wenden!« rief ich. »Rudermeister – halbes Tempo voraus.«

Entsprechend meinem Plan gab ich dieses Manöver nicht einmal meinen anderen Schiffen bekannt. Ich wollte den Eindruck erwecken, als machten wir in plötzlicher Panik kehrt und ergriffen die Flucht, als sei unsere Flotte ohne einheitliche Führung. Meine Kapitäne waren vorzügliche Seeleute – ich konnte mich auf sie verlassen. Hinter uns zischte ein brennendes Schleudergeschoß ins Wasser, etwa hundert Meter entfernt.

Wieder hob ich das Fernglas an die Augen.

Langsam zählte ich ab – zwanzig gegnerische Schiffe, zu einem Halbkreis auseinandergezogen, hatten unsere Verfolgung aufgenommen.

Die Dorna hatte ihre Kehrtwendung nun beendet und entfernte sich mit halber Schlagzahl nach Süden, fort von den Verfolgern. Die anderen elf Schiffe waren unserem Manöver scheinbar ungeschickt gefolgt und ergriffen nun ebenfalls die Flucht.

Die zwölf Schiffe, einschließlich der Dorna, waren übrigens meine schnellsten Einheiten, so daß wir den Vorsprung notfalls über große Strecken halten konnten. Natürlich bewegten wir uns im Augenblick nur mit halber Schlagzahl.

Ich wollte den Gegner hinter uns herlocken, was uns auch gelang.