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Ich bewunderte ihn. Er war ein guter Kapitän.

»Was sollen wir tun, Kapitän?« fragte der Offizier noch einmal.

»Was schlägst du vor?« fragte ich lächelnd.

Er starrte mich verblüfft an. »Es gibt doch nur eine Möglichkeit – die Schiffe fertig machen zum Auslaufen, Sklaven und Schätze an Bord nehmen und fliehen. Wir sind stark und können vielleicht eine Insel erobern – eine der nördlichen Inseln. Dort kannst du Ubar sein und wir deine Männer.«

»Viele Kapitäne lichten bereits Anker, um in den Norden zu segeln«, sagte ein anderer Offizier.

»Und andere wollen in den Süden«, bemerkte eine Stimme.

»Das Thassa ist groß. Es gibt viele Inseln, viele Häfen.«

»Und was ist mit Port Kar?« fragte ich.

»Es hat keinen Heimstein«, sagte einer der Männer.

Ich lächelte. Das stimmte. Von allen Städten Gors war Port Kar die einzige, die keinen Heimstein besaß. Ich wußte nicht, ob die Männer sie nicht mochten, weil sie keinen Heimstein besaß, oder ob sie keinen Heimstein hatte, weil die Bürger Port Kar nicht liebten.

Der Offizier hatte gefordert, daß die Stadt den Flammen und den plündernden Seeleuten aus Cos und Tyros überlassen werden sollte.

Port Kar hatte keinen Heimstein.

»Wie viele von euch glauben, daß Port Kar keinen Heimstein hat?« fragte ich.

Die Männer sahen sich verwirrt an. Alle wußten natürlich, daß die Stadt keinen Heimstein besaß.

Stille trat ein.

Nach einiger Zeit sagte Tab: »Ich glaube, sie hat einen!«

»Aber«, sagte ich, »noch hat sie keinen.«

»Nein«, sagte Tab.

Einer der Männer sagte: »Ich frage mich, wie es wäre, in einer Stadt mit einem Heimstein zu leben.«

»Wie erwirbt eine Stadt einen solchen Stein?« fragte ich.

»Die Menschen entscheiden, daß sie einen bekommt«, meinte Tab.

»Ja«, sagte ich, und die Männer sahen sich zweifelnd an.

»Holt den Sklaven Fisch!« rief ich.

Die Kapitäne begriffen nicht, was ich wollte, doch einer ging, um den Jungen zu holen.

Ich wußte, daß von den Sklaven keiner geflohen war – dazu hatten sie auch kaum Gelegenheit. Der Alarm war in der Nacht gekommen, und zu dieser Zeit ist es in einem goreanischen Haushalt üblich, daß die Sklaven eingesperrt oder angekettet sind. Auch ich sorgte dafür, daß ich hier keine unangenehme Überraschung erlebte.

Fisch, bleich, nervös, wurde in den Saal gebracht.

»Geh nach draußen«, sagte ich, »suche einen Stein und bringe ihn herein.«

Er starrte mich an.

»Beeil dich!« drängte ich.

Er machte kehrt und hastete hinaus.

Wir warteten schweigend, bis er wieder kam. In der Hand hielt er einen ziemlich großen Stein, etwas größer als meine Faust. Es war ein ganz gewöhnlicher Felsbrocken, grau und schwer und ziemlich körnig.

Ich nahm den Stein zur Hand.

»Ein Messer«, sagte ich.

Man reichte mir eine Klinge.

In den Stein schnitt ich mit der Messerspitze die Initialen Port Kars.

Dann hielt ich den Stein in die Höhe, so daß die Männer ihn sehen konnten.

»Was habe ich hier?« fragte ich.

Tab sagte leise: »Den Heimstein Port Kars.«

»Und jetzt«, sagte ich und wandte mich an den Mann, der sich für die Flucht ausgesprochen hatte, »wollen wir jetzt noch fliehen?«

Er starrte verwundert auf den einfachen Stein. »Ich habe noch nie einen Heimstein gehabt«, sagte er.

»Wollen wir fliehen?«

»Nicht, wenn wir einen Heimstein haben.«

Ich hielt den Stein in die Höhe. »Haben wir einen Heimstein?« fragte ich die Männer.

»Ich akzeptiere den Stein als meinen Heimstein«, sagte der Sklavenjunge Fisch. Keiner der Männer lachte. Der erste, der den Heimstein anerkannte, war nur ein Junge, ein Sklave. Aber er hatte wie ein Ubar gesprochen.

»Und ich auch!« rief Thurnock.

»Und ich!« fiel Clitus ein.

»Und ich!« brüllte Tab.

»Und ich!« riefen die Männer durcheinander. Und plötzlich war der Saal von Jubelgeschrei erfüllt, und über hundert Waffen fuhren aus den Scheiden und grüßten den Heimstein von Port Kar. Freude herrschte in diesem Augenblick, wie ich sie echter und reiner in Port Kar nie zuvor erlebt hatte. Ein Zusammengehörigkeitsgefühl, ein Vertrauen in den Sieg, eine neue Bedeutung für das Leben – Rufe, Waffengeklirr, Tränen.

Ich wandte mich an Thurnock. »Laß die Sklaven frei. Schicke sie durch die Stadt, zum Hafen, in die Tavernen, zum Arsenal, auf die Plätze und Märkte, überallhin. Sie sollen die Neuigkeit verkünden! Sie sollen allen mitteilen, daß Port Kar einen Heimstein hat!«

Männer hasteten aus dem Saal, um meine Befehle auszuführen.

»Offiziere!« rief ich. »Auf eure Schiffe. Bildet eure Linien vier Pasang westlich des Kais des Sevarius! Thurnock und Clitus bleiben hier.«

»Nein!« riefen die beiden und sahen mich niedergeschlagen an.

Ich brachte es nicht fertig, sie in den Tod zu schicken. Ich hatte keine Hoffnung, daß Port Kar genügend Schiffe zusammenbrachte, um die vereinte Flotte von Cos und Tyros abzuwehren. Ich kehrte ihnen den Rücken und verließ mit dem Stein den Saal.

Draußen an meinem Hafenbecken ließ ich ein schnelles Boot kommen. Ich hörte überall die Rufe, daß es einen Heimstein in Port Kar gebe, und sah Fackeln auf den schmalen Steigen, die fast überall die Kanäle begleiten.

»Zum Rat der Kapitäne!« rief ich den Ruderern zu und sprang ins Boot. Als ich mich setzte, bemerkte ich, daß Fisch auf einer der Ruderbänke saß.

»Dies ist Arbeit für Männer, Junge«, sagte ich.

Er zog das Ruder durch. »Ich bin ein Mann, Kapitän«, erwiderte er.

Hinter uns standen Telima und Vina auf dem Kai, doch Fisch blickte nicht zurück. Das Schiff glitt durch die Kanäle Port Kars auf den Ratsbau der Kapitäne zu. Überall flackerten Lichter in den Fenstern.

Der Ruf pflanzte sich durch die Stadt fort, die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer, rief überall Aufregung und lebhafte Diskussionen hervor.

Ein Mann stand auf einem schmalen Steg, ein Bündel auf dem Rücken, das er über seinen Speer geworfen hatte. »Ist es wahr, Admiral?« rief er. »Ist es wahr?«

»Wenn du es wahr machst«, sagte ich, »ist es wahr!«

Er starrte mich seltsam an, und als ich mich umsah, hatte er sein Bündel abgeworfen und folgte uns zu Fuß. »Port Kar hat einen Heimstein!« rief er.

Andere blieben stehen und folgten ihm.

In den Kanälen herrschte lebhafter Bootsverkehr – unzählige Tharlarionboote, mit Gütern beladen, die hierhin und dorthin eilten. Offenbar wollten sie alle noch fliehen. Ich hatte gehört, daß Besitzer von größeren Schiffen bereits zu Hunderten in See gestochen waren und daß im Hafen astronomische Summen für eine Passage aus der Stadt gefordert wurden. Heute nacht würde mancher ein Vermögen machen.

»Macht Platz für den Admiral!« rief mein Steuermann. »Macht Platz!«

Wir sahen erschreckte Gesichter in den Fenstern. Männer hasteten auf den schmalen Kanalsteigen entlang.

Die Ruder unseres Boots verhakten sich mit denen eines anderen Fahrzeugs; wir glitten auseinander und setzten unseren Weg fort.

Kinder weinten. Ich hörte eine Frau schreien. Überall sah ich dunkle Gestalten, die ihre Habe in Sicherheit zu bringen versuchten. In vielen Booten, an denen wir vorbeikamen, drängten sich erschreckte Menschen.

»Wohin willst du?« fragte ein Mann, der aus einem Fenster lehnte.