»Du darfst nicht sprechen«, sagte sie gereizt. Ich schwieg.
»Hinein«, sagte sie und deutete auf den kleinen runden Eingang zu ihrer Rencehütte.
Ich war überrascht, hatte ich doch erwartet, daß ich wie die Nacht zuvor gefesselt außerhalb im Freien schlafen mußte.
Ich ging auf Hände und Knie nieder, senkte den Kopf und kroch durch die Öffnung.
Sie folgte mir. Die Hütte war zweieinhalb Meter lang und etwa anderthalb Meter breit. Die Wände waren gebogen und gingen ins Dach über, das sich etwa einen Meter über den Boden erhob – eine Hütte, die nur zum Schlafen diente. Das Mädchen entzündete eine winzige Lampe, ein Docht in einer kleinen Kupferschale voll Tharlarionöl. Ihre wenigen Besitztümer befanden sich in der Hütte.
»Morgen ist das Fest«, sagte sie und sah mich an.
Wir knieten nur Zentimeter voneinander entfernt.
»Wenn du mich berührst, mußt du sterben«, sagte sie und begann das Haar zu lösen, das um ihre Schultern herabfiel.
»Dreh dich um, hübscher Sklave«, sagte sie.
Ich ballte die Fäuste und gehorchte. Sie lachte.
»Du bist wirklich ein hübscher Sklave«, sagte sie. »Was für ein Glück für das Mädchen, das dich morgen gewinnt.«
Sie griff in einen Beutel und brachte zwei Händevoll Rencebrei zum Vorschein, den sie mir in den Mund stopfte. Sie selbst knabberte an einem Stück Rencekuchen, während sie mich amüsiert beobachtete, und trank schließlich Wasser aus einer gelben Flasche. Sie stopfte mir den Flaschenhals in den Mund und ließ mich ebenfalls trinken, verschloß die Flasche wieder und stellte sie zur Seite.
»Es ist Zeit zum Schlafen«, sagte sie. »Der hübsche Sklave muß schlafen, denn morgen gibt es viel zu tun.« Sie gab mir ein Zeichen, daß ich mich auf die linke Seite legen sollte, mit dem Gesicht zu ihr. Mit einer Sumpfranke band sie mir dann die Hände auf den Rücken und entrollte ihre Schlafmatte.
Gefesselt mußte ich zusehen, wie sie ihre Tunika löste und von den Schultern gleiten ließ. Sie zog sich vor mir ungeniert nackt aus, als wäre ich ein Tier. Meine Erregung war unübersehbar, und sie hatte nur darauf gewartet.
»Wie ich sehe, mußt du bestraft werden«, sagte sie und schlug heftig zu.
Ich stöhnte auf.
Sie vergaß mich sofort wieder und machte sich daran, einen kleinen Rencebeutel zu stopfen, der in einer Ecke der Hütte hing.
Ich rührte mich währenddessen nicht. Ich war ein Krieger Ko-ro-bas gewesen. Doch hier im Delta des Vosk hatte ich erfahren müssen, daß ich im tiefsten Innern unwürdig und verdorben, wertlos und verängstigt war – kurzum, ein Feigling. Ich war ein Krieger Ko-robas gewesen, doch jetzt war ich nur noch der Sklave eines Mädchens.
»Darf ich sprechen?« fragte ich.
»Ja«, sagte sie, ohne aufzublicken.
»Meine Herrin hat mir nicht einmal ihren Namen genannt. Darf ich diesen Namen erfahren?«
»Telima«, sagte sie und beendete ihre Näharbeit. Sie hängte den Beutel an die Wand, kniete sich auf ihrer Matte nieder und blies die kleine Lampe aus. »Der Name deiner Herrin ist Telima.«
Wir lagen in der Dunkelheit nebeneinander. Ihr Haar berührte mich.
»Schläfst du, hübscher Sklave?« fragte sie schließlich. Ihre Hand berührte meinen Bauch, glitt tiefer und streichelte die Innenseite meiner Schenkel.
»Nein«, keuchte ich, außer mir vor Erregung.
»Anscheinend findest du deine Herrin schön«, sagte sie.
»Ja.«
»Ah, du scheinst deine Lektion noch nicht gelernt zu haben.«
»Bitte schlag mich nicht noch einmal.«
»Ich bin eine freie Frau. Wagst du eine freie Frau zu begehren?«
»Nein«, sagte ich.
Plötzlich umfingen ihre Hände meinen Kopf, und ihre Lippen preßten sich auf die meinen. Zu meinem Entsetzen vermochte ich ihrem Kuß nicht zu widerstehen, und ihre Zähne gruben sich in meine Lippen, und ich schmeckte Blut, mein Blut, dann stieß sie mir ihre Zunge in den Mund, kühn und besitzergreifend – und plötzlich biß sie mich schräg über die Lippen, damit ich am Morgen, wenn ich im Fest als Preis ausgeschrieben war, die Zeichen der Eroberung meiner Herrin deutlich sichtbar zur Schau trug.
Ich war erschüttert. Das Mädchen hatte mir den Kuß der Herrin an einen Schoß-Sklaven gegeben.
»Du tust, was ich dir sage«, befahl sie.
Dann setzte sie sich rittlings auf mich und gebrauchte mich für ihr Vergnügen. 36
5
Telima hatte mich in der Morgendämmerung geweckt und losgebunden, damit ich bei den Vorbereitungen für das Fest helfen konnte. Vier andere Renceinseln wurden am Vormittag herbeigestakt und mittels Renceflößen, die als Brücken dienten, aneinandergebunden, so daß eine große zusammenhängende Insel entstand.
Ich wurde beim Festmachen der Inseln eingesetzt und beim Empfang von Rencebooten, in denen Rencebauern von anderen Inseln zum Fest eintrafen. Ich mußte schwere Gefäße mit Rencebier transportieren, Wasserflaschen, Spieße mit Fisch, gerupfte Gänse, abgehäutete Tarsks und Körbe mit Rencemark.
Um die achte goreanische Stunde band mich Telima an einem Pfahl fest; dort stand ich und wurde von den Vorbeikommenden neugierig angestarrt und beschimpft.
Um die zehnte goreanische Stunde, die der irdischen Mittagszeit entspricht, aßen die Rencebauern kleine Kuchen, tranken Wasser und verzehrten gebratenen Fisch. Das große Fest sollte am Abend beginnen.
Etwa um diese Zeit kam ein kleiner Junge herbei und starrte mich an, einen halb aufgegessenen Rencekuchen in der Hand.
»Hast du Hunger?« fragte er.
»Ja.«
Daraufhin hielt er mir den Rencekuchen hin, und ich biß ab.
»Vielen Dank.«
Er antwortete nicht, sondern starrte mich nur an. Schließlich kam seine Mutter, gab ihm eine Ohrfeige und zerrte ihn schimpfend fort.
Die Rencebauern verbrachten den Morgen auf verschiedene Weise. Die Männer hatten mit Ho-Hak Rat gehalten, und es hatte heftige und lautstarke Diskussionen gegeben. Die Frauen dagegen waren mit den Vorbereitungen für das Fest beschäftigt.
Nachdem die Versammlung beendet war, kam einer der Männer zu mir herüber und musterte mich von Kopf bis Fuß. Es war der Mann mit dem Stirnband aus Perlen, der meinen Langbogen nicht hatte spannen können. Verwundert betrachtete ich das weiße Seidentuch, das er über der Schulter trug. Wortlos starrte er mich an, dann lachte er und ging weiter. Nun war die zwölfte goreanische Stunde angebrochen, und die Wettkämpfe, bei denen es um mich als Preis ging, waren in vollem Gang.
Die Wettbewerbe fanden meistens im Sumpf statt. Soweit ich hören und erkennen konnte, wurde viel gelacht und gescherzt. Es fanden Bootsrennen statt, Wettkämpfe mit Netzen und Speeren. Es war wirklich ein Fest.
Nach etwa einer Ahn kehrten die Mädchen und die Zuschauer in ihren Booten zur Insel zurück, legten an und näherten sich dem Pfahl, an dem ich stand. Die Mädchen, etwa dreißig bis vierzig an der Zahl, musterten mich kichernd und senkten dann den Blick.
»Die Entscheidung ist gefallen«, sagte Telima.
Die Mädchen lachten. Ein schlankes, dunkelhaariges Geschöpf trat herausfordernd vor. »Vielleicht bist du jetzt mein Sklave«, flüsterte sie.
»Vielleicht gehörst du jetzt mir«, flüsterte ein großes blondes Mädchen.
Andere Rencemädchen drängten sich heran, taten, als wären sie meine Herrin.
»Wer hat mich denn nun gewonnen?« fragte ich gepeinigt.
»Das wirst du schon noch merken«, sagte Telima. »Heute abend beim Fest.«
Das Fest hatte seinen Höhepunkt erreicht. Fackeln brannten in der Sumpfnacht – zusammengerollte, brennende Marschranken, die auf den Spitzen von Speeren steckten, Männer saßen mit untergeschlagenen Beinen im Außenkreis, während innen nach goreanischer Sitte die Frauen knieten. Es war viel gesprochen und gesungen worden. Man genoß die Feier in vollen Zügen.
Ich hatte meistens mit bedient, besonders im Kreis der Mädchen, die um mich gekämpft hatten und von denen eine mich jetzt als Sklave besaß. Ich hatte Schalen mit gebratenem Fisch herumgetragen und Holztabletts mit geröstetem Tarskfleisch und gebratene Gänse, auf Spießen aufgereiht, Rencekuchen und Flaschen mit Rencebier, die immer wieder nachgefüllt werden mußten.