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Ich zog mein Schwert.

»Halt!« rief Vika entsetzt. Sie rannte herbei und wollte mir in den Arm fallen, doch ich stieß sie zurück.

Sechsmal traf mein Schwertknauf die Sensoren, und sechsmal ertönte ein zischender Knall wie die Explosion heißen Glases, gefolgt von grellrotem Funkenregen. Die Sensoren waren zerstört, die Linsen zerbrochen, die Öffnungen dahinter ein Wirrwarr aus schwarzen, verschmolzenen Drähten.

Ich steckte mein Schwert ein und wischte mir mit dem Unterarm über das Gesicht. Erst jetzt merkte ich, daß mich ein Splitter der Sensoren im Gesicht verletzt hatte.

Vika kauerte reglos neben der Couch.

»Du kannst den Raum jetzt verlassen«, sagte ich.

Langsam stand sie auf. »Mein Herr ist verletzt«, sagte sie.

»Ich bin Tarl Cabot aus Ko-ro-ba«, sagte ich.

»Meine Stadt ist Treve«, entgegnete sie und holte ein Handtuch.

Das erklärte mancherlei. Treve war eine kriegerische Stadt inmitten der zerklüfteten Voltai-Berge. Ihre Krieger waren überall gefürchtet, ihre Frauen sollten stolz und schön sein. Treve war besonders wegen seiner Tarnkämpfer bekannt, die es sogar mit den Legionen von Thentis und Ar aufnehmen konnten. Die Lage der Stadt war mir nicht bekannt – und wahrscheinlich wussten nur ihre Bürger darüber Bescheid. Handelswege nach Treve gab es nicht, und wer das Gebiet dieser Stadt betrat, kehrte selten zurück.

Wegen dieser Lage waren die Tarnkämpfer Treves gezwungen, jedes Jahr zur Herbstzeit einen großen Angriff zu beginnen. Wie die Heuschrecken fielen sie über die Felder irgendeiner Stadt her, raubten sich, was sie brauchten, und verbrannten den Rest, damit ein Vergeltungsschlag im Winter ausgeschlossen war. Vor einem Jahrhundert hatten die Tarnkämpfer Treves sogar einmal den wilden Kriegern Ars widerstanden.

»Tut es weh?« fragte Vika.

»Nein«, antwortete ich.

»Natürlich tut es weh«, sagte sie lächelnd.

»Sind alle Frauen Treves so schön wie du?« fragte ich.

»Ich weiß nicht«, sagte sie lächelnd. Graziös stand sie auf und holte ein kleines Gefäß mit Salbe. Mit der Fingerspitze rieb sie dann meine Wunden ein, die sofort zu brennen begannen.

»Ich hoffe, du weißt, was du da tust«, sagte ich.

»Mein Vater«, sagte sie, »gehörte der Kaste der Ärzte an.«

Sie stammte also aus einer Hohen Kaste – was mir nicht wenig gefiel.

»Ich wusste gar nicht, daß es in Treve auch Ärzte gibt.«

»Wir haben alle Hohen Kasten in Treve«, sagte sie aufgebracht.

Die einzigen beiden Städte, die Treve nicht ständig angriff, waren das gebirgige Thentis und Ko-ro-ba, meine Heimatstadt.

Wenn es um Korn ging, hatte es natürlich wenig Sinn, Thentis anzugreifen, die ihre Vorräte selbst importieren muß. Und daß die Angriffe auf Ko-ro-ba aufhörten, hing mit der Herrschaft meines Vaters Matthew Cabot zusammen, der Ubar dieser Stadt wurde.

Er organisierte ein System weit voneinander entfernter Signalanlagen, auf befestigten Türmen angebracht, die sofort Alarm gaben, wenn unwillkommene Streitkräfte in das Gebiet Ko-ro-bas eindrangen. Beim Anblick von Angreifern entzündete ein Turm sein Signalfeuer, das in der Nacht weithin leuchtete oder am Tage mit grünen Zweigen gefüttert wurde, wodurch weißer Rauch entstand – und dieses Signal wurde von Turm zu Turm weitergegeben. Wenn die Tarnkämpfer Treves dann die Kornfelder Ko-ro-bas erreichten, die wenige Pasang von der Stadt entfernt in Richtung Tambergolf und Vosk liegen, waren die Tarnkämpfer der Stadt bereits zum Kampf bereit. Da sie des Kornes wegen kamen und nicht um zu kämpfen, zogen sich Treves Krieger schnell wieder zurück und suchten sich weniger gut verteidigte Kornfelder.

Treve schien seine sonstigen Bedürfnisse im wesentlichen auf die gleiche Art zu befriedigen wie seinen Kornbedarf – ihre Tarnkämpfer waren überall im Lande gefürchtet, vom Sardargebirge bis zur Küste und hinüber nach Cos.

»Wovon leben die Menschen in Treve?« fragte ich Vika.

»Wir züchten Verr«, entgegnete sie.

Ich lächelte.

Die Verr war eine Bergziege, die in den Voltai-Bergen zu Hause war. Es handelte sich um ein gelenkiges, wildes, bösartiges Tier mit langem Fell und spiraligen Hörnern. Man konnte von Glück sagen, wenn man bis auf zwanzig Meter an ein solches Tier herankam.

»Dann seid ihr also ein einfaches, häusliches Volk«, sagte ich.

»Ja«, erwiderte Vika.

Und dann lachten wir beide.

Ja, ich wusste, welchen Ruf Treve genoß. Es war eine arrogante Stadt, unzugänglich und uneinnehmbar wie ein Tarnnest. Treve wurde auch der Tarn der Voltai-Berge genannt. Sie war eine stolze, noch nie eroberte Zitadelle, eine Festung voller Menschen, deren Leben die Räuberei war, die von der Beute aus hundert Städten lebten.

Und aus dieser Stadt stammte Vika.

Aber heute nacht waren wir freundlich zueinander gewesen. Heute nacht war sie mein Freund.

»Die Salbe wird bald einziehen«, sagte sie. »In wenigen Minuten sind die Schnitte verschwunden.«

Ich pfiff leise vor mich hin. »Die Ärzte von Treve«, sagte ich, »haben vorzügliche Arzneien.«

»Die Salbe kommt von den Priesterkönigen«, sagte sie.

Diese Nachricht freute mich, denn sie wies darauf hin, daß die Priesterkönige verletzlich waren. »Dann können also auch Priesterkönige Wunden haben?« fragte ich.

»Ihre Sklaven jedenfalls«, sagte Vika.

Ich betrachtete sie in dem gedämpften Licht. »Vika«, sagte ich, »gehörte dein Vater wirklich der Kaste der Ärzte an?«

»Ja«, sagte sie. »Warum fragst du?«

»Weil«, sagte ich, »weil ich mir dachte, daß du vielleicht eine Vergnügungssklavin sein könntest.«

Das war eine dumme Äußerung, die ich sofort bedauerte.

Sie erstarrte. »Vielen Dank für das Kompliment«, sagte sie und wandte sich ab.

Als ich zu ihr treten wollte, zischte sie: »Bitte fass mich nicht an!«

Und dann schien sie sich aufzurichten, fuhr herum und war wieder die alte herausfordernde Vika, die beherrschte Sklavin. »Aber natürlich darfst du mich anfassen«, sagte sie, »du bist doch mein Herr.«

»Verzeih mir.«

Sie lachte verächtlich. Vika war eine Banditenprinzessin, gewöhnt, in Seide und Juwelen aus tausend überfallenen Karawanen gekleidet zu sein, auf kostbarsten Fellen zu schlafen und zartestes Fleisch zu essen – Beute von Galeeren, die auf Grund gesetzt oder verbrannt waren, Beute aus den Lagerräumen von Zylindern, aus den Häusern von Männern, die getötet worden waren und deren Frauen und Töchter die Sklavenkragen trugen – nur hatte ihr das grausame goreanische Leben einen Streich gespielt, so daß sich ein solches Band jetzt auch um ihren Hals schloß.

Vika war nun ein Besitzgut. Mein Besitz.

Ihre Augen sprühten vor Wut.

Geschmeidig näherte sie sich, biegsam wie ein weiblicher Larl, und zu meiner Verblüffung kniete sie nieder und nahm die Stellung einer Vergnügungssklavin ein. In verächtlicher Unterwerfung neigte sie den Kopf.

Ihre Augen musterten mich herausfordernd. »Hier, Herr«, sagte sie, »hast du deine Vergnügungssklavin.«

Sie richtete sich langsam auf, legte die Arme um m einen Hals und näherte ihre Lippen meinem Mund. »Du hast mich geküsst. Jetzt küsse ich dich. Hier ist der KUSS deiner Vergnügungssklavin.«

Ich löste mich aus ihrer Umarmung.

Sie sah mich verwirrt an.

Ich verließ den Raum und trat in den kaum erleuchteten Korridor. Dort drehte ich mich um und bedeutete ihr, mir zu folgen.

»Gefalle ich dir nicht?« fragte sie.

»Vika«, sagte ich. »Komm und nimm die Hand eines Narren.«

Als sie meine Absicht erkannte, schüttelte sie langsam den Kopf.

»Nein«, sagte sie wie betäubt. »Ich kann diesen Raum nicht verlassen.«

»Bitte«, sagte ich.

Sie zitterte vor Angst.

»Komm, nimm meine Hand.«

Langsam, zitternd, wie in einem Alptraum gefangen, näherte sich das Mädchen dem Portal, und diesmal konnten die Sensoren nicht erglühen.

Sie sah mich an.

»Bitte«, sagte ich.