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Unter den Duftpunkten an den hohen Türen befanden sich – vielleicht als Lesehilfe für Menschen oder andere Wesen gedacht – die vereinfachten Umrissbilder verschiedener Lebensformen.

Die Gestalt eines Menschen hatte ich bisher noch nicht gesehen.

Durch den Korridor kam uns jetzt mit gleichmäßigem Schritt ein junges Mädchen entgegengelaufen. Sie war vielleicht achtzehn Jahre alt. Ihr Kopf war kahlgeschoren, und sie trug die kurze Tunika eines Mul.

»Gib ihr den Weg frei«, sagte einer meiner Führer.

Ich trat zur Seite.

Das Mädchen hielt zwei Duftbänder umklammert und lief, ohne Notiz von uns zu nehmen, vorbei.

Sie hatte braune Augen, und trotz ihres kahlen Kopfes fand ich sie attraktiv.

Keiner meiner Begleiter nahm das geringste Interesse an ihr.

Irgendwie ärgerte mich das. Ich blickte ihr nach, lauschte auf das Patschen ihrer nackten Füße auf dem Steinboden.

»Wer war denn das?« fragte ich.

»Ein Mul«, sagte einer der Sklaven.

»Natürlich ist sie ein Mul«, sagte ich.

»Warum hast du dann gefragt?«

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

»Sie hat Botendienst«, sagte der andere. »Die trägt Duftbänder hin und her.«

»Oh«, sagte der erste Sklave, »für solche Dinge interessiert er sich.«

»Er ist neu in den Tunnels.«

Ich war neugierig und sah den ersten Sklaven an. »Sie hatte hübsche Beine, nicht wahr?« fragte ich.

Er schien verwirrt zu sein. »Ja«, sagte er, »sehr kräftig.«

»Sie war attraktiv«, sagte ich zu dem anderen.

»Attraktiv?«

»Ja.«

»Ja, sie ist gesund.«

»Vielleicht ist sie die Gefährtin eines Mannes.«

»Nein«, sagte der erste Sklave.

»Woher weißt du das?«

»Sie ist nicht in den Brutkästen«, sagte der Mann.

Irgendwie brachten mich diese lakonischen Antworten und die ergebene Hinnähme der beiden in Wut.

»Ich würde gern wissen, wie sie sich anfühlt, wenn man sie im Arm hat«, sagte ich.

Die beiden Männer sahen sich an und starrten dann auf mich.

»Darüber darf man nicht nachdenken«, sagte einer.

»Warum nicht?« wollte ich wissen.

»Das ist verboten.«

»Aber bestimmt habt ihr euch doch schon damit beschäftigt!«

Einer der Männer lächelte mich an. »Ja«, sagte er, »manchmal habe ich mich damit beschäftigt.«

»Ich auch«, sagte der andere.

Dann wandten wir uns alle drei um und beobachteten das Mädchen, das im Schein der Energielampen des Korridors nur noch ein bläulicher Fleck war.

»Warum läuft sie so?« fragte ich.

»Die Entfernungen zwischen den einzelnen Portalen sind genau bemessen«, sagte der erste Sklave. »Wenn sie bummelt, bekommt sie einen Tadel.«

»Ja«, sagte der andere, »fünf Tadel – und sie wird vernichtet.«

»Ein Tadel – ist das eine Eintragung in euren Unterlagen?«

»Ja«, sagte der erste Sklave, »er wird auf unserem Duftband vermerkt und auch als Duft auf unserer Tunika angebracht.«

»Die Tunika«, sagte der andere, »enthält überhaupt viele Informationen.

Durch die Tunika erkennen uns die Priesterkönige überhaupt erst.«

»Ja«, fuhr der erste Sklave fort, »ohne Duftsignale würden wir den Priesterkönigen ziemlich ähnlich vorkommen.«

Ich merkte mir diese Tatsache, die mir noch einmal nützlich werden konnte.

»Also«, sagte ich und blickte den Korridor entlang, »ich hätte gedacht, daß die Priesterkönige eine schnellere Methode der Duftbandbeförderung finden könnten.«

»Aber es gibt keine bessere Methode. Muls sind sehr billig und lassen sich leicht ersetzen.«

Wir starrten hinter dem Mädchen her, das jedoch inzwischen nicht mehr zu sehen war.

»Ja, sie ist ein gesunder Mul«, sagte einer der Sklaven.

»Ja«, sagte der andere, »und sie hat kräftige Beine.«

Ich lachte und schlug beiden auf die Schultern, und Arm in Arm setzten wir unseren Weg fort.

Nach kurzer Zeit erreichten wir ein langes wurmähnliches Tier, das sich blind im Korridor bewegte. Meine beiden Begleiter kümmerten sich nicht darum.

Auch ich begann mich an das Vorhandensein seltsamer Wesen im Nest der Priesterkönige zu gewöhnen.

»Was ist das?« fragte ich.

»Ein Matok«, sagte einer der Sklaven.

»Ja«, fügte der andere hinzu. »Er ist im. Nest, gehört aber nicht dazu.«

»Aber ich dachte, ich wäre ein Matok«, sagte ich.

»Bist du auch.«

»Wie wird das Wesen genannt?«

»Oh, es ist ein Schleimwurm.«

»Was tut es hier unten?«

»Vor langer Zeit einmal hatte es seine Funktion im Nest«, erfuhr ich, »und zwar als eine Art Abfallverwerter. Aber diese Arbeit verrichtet es schon seit vielen tausend Jahren nicht mehr.«

»Aber trotzdem bleibt es im Nest?«

»Natürlich«, sagte einer der Sklaven. »Die Priesterkönige sind tolerant.«

»Ja«, sagte der andere. »Der Schleimwurm hat seinen Platz im Nest verdient.«

»Wovon lebt er?«

»Er ernährt sich von der Beute des Goldenen Käfers«, sagte der erste Sklave.

»Und was erbeutet der Goldene Käfer?«

»Priesterkönige«, erwiderte der zweite Sklave.

Ich hätte gern weitergefragt, aber in diesem Augenblick erreichten wir ein großes Stahlportal.

Ich schaute auf und sah unter dem Quadrat aus Duftpunkten die Umrisse eines Menschen.

»Wir sind am Ziel«, sagte einer meiner Begleiter. »Hier wirst du behandelt.«

»Wir warten auf dich«, sagte der andere.

14

Die Arme der Maschine griffen nach mir, und plötzlich hing ich hilflos einige Meter über dem Boden.

Der Raum war ziemlich groß, düster und mit Plastik ausgekleidet. Er schien leer zu sein; an einer Wand schimmerten mehrere Metallscheiben, und weiter oben befand sich ein Fenster. Durch dieses Fenster starrte mich das Gesicht eines Priesterkönigs an.

»Du sollst im Schleim eines Schleimwurms baden!« rief ich. Ich hoffte, der Bursche hatte ein Übersetzungsgerät.

Zwei lange Metallarme griffen nach mir. Der Priesterkönig hinter der Trennwand schien auf meine Bemerkung nicht zu reagieren.

Während ich hilflos in der Luft hing, machten sich verschiedene andere Vorrichtungen an mir zu schaffen. Eine Anlage schnitt mir säuberlich die Kleidung vom Körper, schnipste sogar die Schnürsenkel meiner Sandalen durch. Ein zweites Gerät stieß mir mit geschickten Bewegungen eine Kapsel in den Hals, die ich schlucken musste.

Angesichts der Größe eines Priesterkönigs und des vergleichsweise kleinen Maßstabs dieser Vorgänge musste die technische Ausrüstung vorzüglich sein. Wie ich später erfahren sollte, enthielt die Stirnwand praktisch einen riesigen Duftdetektor. Aber im Augenblick war ich nicht in der Stimmung, die technischen Talente meiner Eroberer zu bewundern.

»Deine Tentakel mögen vor Fett triefen!« brüllte ich.

Der Priesterkönig erstarrte, und ich frohlockte. Doch im nächsten Augenblick schwangen mich die Metallarme über einen Käfig mit doppeltem Boden; der obere bestand aus Gitterstangen, der untere aus einer breiten Plastikwanne.

Ich wurde fallen gelassen. Ich wollte an den Gitterstäben wieder hochklettern, doch da überkam mich Übelkeit, und ich sank zusammen.

Die Kapsel tat ihre Wirkung, und ich denke nur ungern an die nächsten drei Minuten zurück.

Schließlich glitt die Plastikwanne unter dem Käfig fort und verschwand in einer Wandöffnung.

Ich hatte kaum Zeit zum Atemholen, als sich der ganze Käfig in Bewegung setzte und ebenfalls in den Nebenraum wanderte. Auf der nun folgenden Reise wurde der Käfig nacheinander mehreren Duschen verschiedener Färbung und Temperatur ausgesetzt – eine Prozedur, die ich teilnahmslos über mich ergehen ließ, da mir alles andere als wohl zumute war. Nachdem ich schließlich mehrfach abgebraust und gereinigt und trockengerieben worden war, setzte sich der Käfig wieder in Bewegung und rückte zwischen zwei Öffnungen, die heiße Luft verströmten, um schließlich zwischen einigen summenden Erhöhungen zu landen, die eine Vielzahl von Strahlungen über mich ausschütteten – Strahlungen, die zum größten Teil unsichtbar waren, sich aber auch rot, gelb und grün dem Auge darboten.