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Ich musste an Parp denken und an den Mann, durch dessen Augen ich jetzt sah. Wer war dieser unbekannte Eingepflanzte, der da auf Weisung der Priesterkönige die Straße entlangschritt – ohne eigenen Willen?

»Kann er sich ungehorsam verhalten?« fragte ich.

»Manchmal versucht ein Mann sich dem Netz zu widersetzen.«

»Kann er die Macht des Netzes abwerfen?«

»Nur wenn die Anlage fehlerhaft ist – und dann . . .«

»Und dann bringt ihr den Betreffenden um?«

»Ja, wir überladen das Netz – er ist ja nur ein Mensch.«

»Und das geschah auch damals auf der Straße nach Ko-ro-ba – bei einem Mann, der sich im Namen der Priesterkönige an mich wandte.«

»Natürlich«, sagte Sarm.

»Du bist ein Mörder!«

»Nein«, erwiderte Sarm, »ich bin Priesterkönig.«

Plötzlich verharrte die Linse eines Beobachtungsstandes auf einer Szene. Auf einer Wiese tauchte plötzlich ein Mann in der Kleidung der Kaste der Hausbauer auf. Er schien aus einem Erdloch zu kommen.

Vorsichtig sah er sich um, bückte sich dann und holte eine lange Röhre aus der Vertiefung.

Mit untergeschlagenen Beinen ließ er sich nieder, nahm aus seinem Gürtelbeutel einen zylindrisch goreanischen Feueranzünder, berührte mit der flackernden Spitze einen Zündfaden, der aus der langen Röhre hing.

Dann stand er auf und richtete die Röhre mit beiden Händen auf einen nahegelegenen Felsen. Ein plötzliches Irrlichtern, gefolgt von einem lauten Knall, und irgendein Projektil schlug gegen den Felsen. Die Aufschlagstelle war schwärzlich verfärbt, und ein Gesteinssplitter war davongewirbelt. Ein Armbrustpfeil hätte mehr Schaden angerichtet.

»Eine verbotene Waffe«, sagte Sarm.

Der Priesterkönig im Beobachtungsstand drückte auf einen Knopf. Noch ehe ich protestieren konnte, schien der Mann plötzlich in einem Aufflackern blauen Feuers unterzugehen. Dann war er verschwunden.

Ein zweiter Blitz vernichtete seine primitive Waffenröhre.

»Ihr habt den Mann umgebracht!« sagte ich bedrückt.

»Vielleicht führte er seine verbotenen Experimente schon jahrelang durch«, sagte Sarm. »Daß wir ihn erwischt haben, war reines Glück. Manchmal müssen wir warten, bis andere die neuen Waffen im Krieg einsetzen, und dann kostet es viel mehr Menschenleben.

So ist es wirtschaftlicher.« ' »Was für ein Recht habt ihr, den Menschen eure Gesetze aufzuerlegen?«

»Das Recht aller Wesen höherer Ordnung, Wesen niederer Ordnung zu beherrschen«, sagte Sarm. »Das Recht, das ihr euch nehmt, den Bosk, den Tabuk und den Tarsk zu töten, um Fleisch zu gewinnen.«

»Aber das ist etwas anderes. Diese Wesen sind nicht intelligent.«

»Aber ihr könntet Fungi und anderes Gemüse essen«, sagte Sarm.

Ich schwieg.

»Der Mensch ist ein gefährliches Raubtierwesen.«

»Aber er ist vernunftbegabt.«

»Dem möchte ich widersprechen«, sagte Sarm. »Nur die Priesterkönige sind wirklich intelligent. Und vergiss nicht, daß du auf eigenen Wunsch bei uns bist. Ich wollte dich nicht unglücklich machen. Denke nicht schlecht von den Priesterkönigen. Ich möchte, daß du mein Freund bist.«

18

In den folgenden Tagen, sobald ich einmal Sarms Aufmerksamkeit entfliehen konnte, der mancherlei andere Pflichten und Verantwortungen hatte, erkundete ich auf eigene Faust das Nest – auf einer Transportscheibe, die er mir zur Verfügung gestellt hatte. Ich suchte nach Misk, fand jedoch keine Spur von ihm. Ich wusste nur, daß es ihm eine Freude gewesen war, Gur zu bewahren, wie sich Sarm ausgedrückt hatte.

Niemand wollte mir die Bedeutung dieser Worte erklären; ganz besonders die Muls waren schweigsam – obwohl sie mir durchaus gesonnen schienen –, weil sie einfach nicht wussten, was damit gemeint war, trotz der Tatsache, daß einige von ihnen im Nest geboren waren, in Brutkästen, in sogenannten Vivarien. Ich versuchte das Thema sogar bei Priesterkönigen anzuschneiden, die mir zwar ihre Aufmerksamkeit widmeten – da ich ja ein Matok und nicht ein Mul war –, die mir aber die gewünschte Information auch nicht geben konnten.

»Es hat mit dem Fest von Tola zu tun«, sagten sie, »und das geht die Menschen nichts an.«

Manchmal begleiteten mich Mul Al-Ka und Mul Ba-Ta auf meinen Ausflügen. Beim erstenmal besorgte ich mir einen Markierstift, wie er von Mul-Helfern in verschiedenen Sammelstellen und Lagerhäusern benutzt wurde, und brachte damit die Lettern ihres Namens auf ihren Tuniken an. So konnte ich sie optisch auseinanderhalten – durch Zeichen, die von den Priesterkönigen sicherlich nicht bemerkt wurden.

Eines Nachmittags – die Zeit schätzte ich nach den Essenszeiten, denn im Nest der Priesterkönige werden die Energielampen nicht verdunkelt – schwebten Mul Al-Ka und Mul Ba-Ta und ich auf meiner Transportscheibe durch einen Tunnel.

»Eine angenehme Reise, Cabot«, sagte Mul Al-Ka.

»Ja, sehr angenehm«, sagte Mul Ba-Ta.

»Ihr sprecht immer das gleiche«, sagte ich.

»Wir sind uns auch gleich«, wies mich Mul Al-Ka zurecht.

»Seid ihr die Muls des Biologen Kusk?«

»Nein«, erwiderte Mul Al-Ka. »Kusk hat uns Sarm geschenkt.«

Ich erstarrte und lenkte die Transportscheibe fast gegen eine Wand. Ein Mul war erschreckt zur Seite gesprungen und starrte uns nun faustschüttelnd nach. Ich lächelte. Der Mann war bestimmt nicht im Nest geboren worden.

»Dann spioniert ihr also für Sarm hinter mir her«, sagte ich langsam.

»Ja«, erwiderte Mul Al-Ka.

»Das ist unsere Pflicht«, bemerkte Mul Ba-Ta.

»Aber«, fügte Mul Al-Ka hinzu, »solltest du etwas tun wollen, das Sarm nicht erfahren darf, dann sage uns Bescheid, und wir wenden die Augen ab.«

»Ja«, sagte Mul Ba-Ta, »oder halte die Scheibe an, und wir steigen ab und warten auf dich. Du kannst uns dann auf dem Rückweg wieder abholen.«

»Das klingt fair«, sagte ich.

»Gut«, bemerkte Mul Al-Ka.

»Ist es menschlich, fair zu sein?« wollte Mul Ba-Ta wissen.

»Manchmal.«

»Gut«, sagte Mul Al-Ka.

»Ja«, sagte Mul Ba-Ta, »wir möchten nämlich wie die Menschen sein.«

»Vielleicht kannst du uns eines Tages beibringen, wie Menschen zu sein?« fragte Mul Al-Ka.

Die Transportscheibe sirrte dahin, und wir schwiegen einige Minuten lang.

»Ich bin manchmal nicht sicher, ob ich das selber weiß«, sagte ich.

»Es muß sehr schwierig sein«, sagte Mul Al-Ka.

»Ja«, erwiderte ich, »es ist sehr schwer.« » »Muß es ein Priesterkönig lernen, Priesterkönig zu sein?« fragte Mul Ba-Ta.

»Ja«, sagte ich.

»Das ist bestimmt noch schwieriger«, bemerkte Mul Al-Ka.

»Möglich – ich weiß es nicht.«

Ich ließ die Transportscheibe auf einer Seite hinüberschwingen, um nicht mit einem krabbenähnlichen Wesen zusammenzustoßen, und vollführte anschließend ein entgegengesetztes Ausweichmanöver, da uns nun ein Priesterkönig entgegenkam.

»Das Wesen, das nicht ein Priesterkönig war«, sagte Mul Al-Ka hastig, »war ein Matok und wird Toos genannt. Es ernährt sich von überflüssigen Fungussporen.«

»Wir wissen, daß du dich für solche Sachen interessierst«, fügte Mul Ba-Ta hinzu.

»Ja, das tue ich. Vielen Dank.«

»Bitte sehr«, sagte Mul Al-Ka.

»Ja«, fügte Mul Ba-Ta hinzu.

Eine Zeitlang setzten wir unseren Weg stumm fort.

»Aber du wirst uns beibringen, menschlich zu sein, ja?« fragte Mul Al-Ka.

»Ich weiß nicht allzuviel darüber.«

»Aber sicher mehr als wir«, bemerkte Mul Ba-Ta.

Ich zuckte die Achseln.

Die Scheibe schwebte den Tunnel hinab.

Ich überlegte, ob ein bestimmtes Manöver möglich sei.

»Paßt auf!« sagte ich, drehte mich um und schwang die Transportscheibe damit in eine abrupte Totalkehre, schlug einen Kreis und setzte unsere Reise in die frühere Richtung fort.

Wir alle verloren dabei fast die Balance.

»Herrlich!« rief Mul Al-Ka.

»Du bist sehr geschickt«, sagte Mul Ba-Ta.