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»Es ist ein großes Verbrechen, einen Priesterkönig zu bedrohen«, sagte er. »Wehre dich nicht, oder ich lasse tausend Muls in die Vernichtungskammern schicken.«

Ich überlegte einen Augenblick. »Wenn du tot bist«, antwortete ich, »wie willst du dann jemanden zur Vernichtung schicken?«

»Es ist ein großes Verbrechen, einen Priesterkönig umzubringen«, sagte Sarm.

»Und trotzdem wolltest du Misk töten.«

»Er ist ein Verräter am Nest.«

Ich sagte laut: »Nein, das stimmt nicht. Vielmehr ist Sarm der Verräter, denn dieses Nest wird sterben, und er hat es nicht gestattet, daß ein neues gegründet wurde.«

»Das Nest ist ewig«, sagte Sarm.

»Nein«, schaltete sich die Mutter ein, und ihre Worte tönten wieder in Sarms Übersetzer und fanden ein tausendfaches Echo in den Übersetzungsgeräten anderer Priesterkönige.

Plötzlich schoß Sarms Hornklinge vor. Ich hätte mich fast überraschen lassen, doch im Sekundenbruchteil vor dem Angriff hatte ich ein Stück Haut an Sarms Schulter zittern sehen.

Ich landete einen Gegenhieb.

Als die lebendige Klinge Sarms noch einen ganzen Meter von meinem Hals entfernt war, traf sie auf den gehärteten Stahl eines goreanischen Schwerts, das mir schon in manchem schweren Kampf wertvolle Hilfe geleistet hatte. So bei der Belagerung Ars und im Kampf gegen Pa-Kur, Görs geschicktestem Schwertkämpfer.

Ein Schwall grüner Körperflüssigkeit traf mich im Gesicht, und ich sprang zur Seite. Aus der gleichen Bewegung heraus schüttelte ich den Kopf und wischte mir mit der Faust über die Augen.

Sekunden später war ich wieder kampfbereit, konnte wieder sehen.

Doch Sarm war etwa fünfzehn Meter von mir entfernt und drehte sich langsam im Kreise. Er schien entsetzliche Schmerzen auszustehen. Ich spürte die intensiven, extremen Gerüche des Schmerzes, die nun die Höhle erfüllten, ohne von seinem Übersetzungsgerät aufgegriffen zu werden.

Ich kehrte an unseren Kampfplatz zurück. Dort lag die abgetrennte Hornklinge Sarms. Dieser hatte den Stumpf seines Vorderbeins unter die Schulter gesteckt. Schmerzzitternd wandte er sich in meine Richtung, aber er kam nicht näher.

Ich erblickte nun mehrere Priesterkönige, die sich hinter ihm versammelt hatten und langsam näher kamen.

Zum Äußersten entschlossen, hob ich meine Klinge.

Hinter mir spürte ich eine Bewegung. Misk hatte sich aufgerichtet. Er legte mir ein Vorderbein auf die Schulter und sah Sarm an, dessen Helfer erstarrten.

Misks Worte klangen aus Sarms Übersetzungsgerät. »Du hast dich gegen den Willen der Mutter gewandt«, sagte Misk. »Dein Gur ist abgelehnt! Geh!«

Sarm bebte. »Wir bringen Silberröhren«, sagte er.

»Geh!«

Aus den Übersetzungsgeräten in der Höhle tönten plötzlich die seltsamen Worte: »Ich erinnere mich an ihn ... habe ihn nie vergessen ...

im Himmel... Flügel wie Goldregen!«

Bewegung kam in die Reihen der Priesterkönige, die zur Plattform der Mutter drängten. Das alte Wesen, das erschlafft auf ihrem Lager ruhte, hob ihre Fühler und überschaute die Höhle. »Ja«, sagte sie, »er hatte Flügel wie Goldregen.«

»Die Mutter stirbt«, sagte Misk.

Diese Worte hallten aus den Übersetzungsgeräten, und immer wieder klangen sie auf, als die Priesterkönige sie ungläubig wiederholten.

»Das ist unmöglich«, sagte einer.

»Das Nest ist ewig«, bemerkte ein anderer.

Die schwachen Fühler zitterten. »Ich möchte mit dem Wesen sprechen, das mein Kind gerettet hat.«

Ich trat vor.

»Bist du ein Mul?« fragte sie.

»Nein«, sagte ich, »ich bin frei.«

»Gut.«

In diesem Augenblick drängten sich zwei Priesterkönige mit Injektionsspritzen durch die Menge und stiegen auf die Plattform.

Als sie Anstalten machten; ihr ein Mittel einzuspritzen, wie es bestimmt schon tausendmal zuvor geschehen war, schwenkte sie ihre Fühler und winkte die beiden zur Seite.

»Nein«, sagte sie.

Einer der Priesterkönige wollte ihr die Injektion dennoch verabreichen, doch Misks Vorderbein hinderte ihn daran.

Der andere Priesterkönig untersuchte ihre Fühler und die mattbraunen Augen.

Er winkte seinen Begleiter zur Seite. »Es geht sowieso nur noch um Ehn«, sagte er.

Hinter mir hörte ich einen der Priesterkönige immer wieder sagen: »Das Nest ist ewig.«

Misk legte ein Übersetzungsgerät neben die sterbende Mutter.

»Nur er«, sagte sie.

Misk schickte die Ärzte und die anderen Priesterkönige von der Plattform und stellte das Übersetzungsgerät auf kleinste Leistung. Ich fragte mich, wie lange sich die Duftsignale in der Luft halten würden und noch nachempfunden werden konnten, ehe ich mich zu dem kleinen Gerät hinabbeugte.

Nun konnte ich hören, was die Mutter mir sagte, ohne daß die anderen Anwesenden etwas mitbekamen.

»Ich habe schlecht gehandelt«, sagte sie zu meiner Verblüffung. »Ich wollte die einzige Mutter von Priesterkönigen sein, und ich hörte auf meinen Erstgeborenen. Jetzt sterbe ich, aber die Rasse der Priesterkönige darf nicht mit mir sterben.«

Ich vermochte die Worte kaum zu verstehen.

»Vor langer Zeit«, fuhr sie fort, »stahl Misk, mein Kind, das Ei eines Männchens, das er nun vor Sarm und anderen versteckte, die nicht wollen, daß es ein zweites Nest gibt.«

»Ich weiß«, sagte ich leise.

»Vor nicht langer Zeit, vielleicht vor vierhundert Jahren eurer Zeitrechnung, gestand Misk mir seine Tat ein und schilderte mir seine Gründe.« Die alten Fühler erzitterten, und die dünnen braunen Härchen hoben sich, wie von einem kühlen Wind bewegt, dem Hauch der Sterblichkeit. »Ich sagte nichts dazu, sondern bedachte seine Worte und das Problem – und in Gemeinschaft mit dem Zweitgeborenen, der seither den Wonnen des Goldenen Käfers erlegen ist, schaffte ich schließlich ein weibliches Ei beiseite, das außerhalb des Nests verborgen liegt.«

»Wo ist dieses Ei?« fragte ich.

Sie schien meine Frage nicht zu verstehen, und ich bekam Angst, als ihr alter Körper wild durchgeschüttelt wurde, eine Erscheinung, die mir auf das nahe Ende hinzudeuten schien.

Einer der Ärzte eilte herbei und machte ihr eine Injektion. Anschließend umfaßte er vorsichtig die Fühler der Mutter. Das Zittern ließ nach.

Er zog sich zurück und beobachtete uns reglos aus einiger Entfernung.

Wieder klang mein Übersetzungsgerät auf. »Das Ei wurde von zwei Menschen aus dem Nest geschafft«, sagte sie. »Von Menschen, die frei waren wie du – nicht von Muls. Sie haben das Ei versteckt.«

»Wo wurde es versteckt?«

»Die beiden Menschen kehrten in ihre Heimatstädte zurück, ohne etwas von ihrer Tat zu verraten, so wie man es ihnen befohlen hatte. Bei diesem Auftrag der Priesterkönige waren sie zusammen gewesen und hatten gemeinsam manche Gefahren und Entbehrungen erlitten. Sie waren fast wie Brüder.«

»Wo ist das Ei?« wiederholte ich.

»Aber ihre Städte begannen sich zu bekämpfen, und die beiden Männer töteten einander im Kampf, und mit ihnen starb das Geheimnis, soweit es in der Menschheit bekannt war.« Der große fleckige Kopf, der auf der Steinplattform lag, versuchte sich zu heben.

»Seltsam ist deine Art – halb Priesterkönig, halb Larl!«

Die Mutter schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort: »Du bist Tarl Cabot aus Ko-ro-ba.«

»Ja«, sagte ich.

»Ich mag dich.«

Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte und schwieg.

Die Fühler des alten Wesens streckten sich in meine Richtung. »Gib mir Gur«, sagte die mechanische Stimme.

Verblüfft trat ich an den goldenen Kessel und schöpfte eine Handvoll Gur. Dann legte ich sanft die Hand zwischen die riesigen verwitterten Kiefer und berührte ihre Zunge mit der Flüssigkeit.

»Du willst wissen, wo das Ei ist«, sagte sie.

»Wenn du es mir sagen möchtest?«

»Geh zu den Wagenvölkern, Tarl aus Ko-ro-ba«, sagte sie. »Geh zu den Wagenvölkern.«

»Aber wo ist es?«

Da begann der schwache Leib erneut zu beben, und ich trat zurück, als sich die Mutter zu meinem Erstaunen aufrappelte und sich hoch aufrichtete, die Antennen weit vorgestreckt, als versuchte sie etwas zu greifen, zu erspüren, doch in diesem plötzlichen Aufbegehren erschien sie mir wirklich wie die Mutter einer großen Rasse, ein schönes und starkes Wesen.