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»Warum nicht?«

»Zum einen ist die Mul-Anlage sicherlich völlig ungenügend – außerdem ließe sie sich bestimmt nicht mit unseren Bauteilen verbinden.«

»Ja«, sagte Kusk, »die Chancen stehen nicht sehr gut.«

»Aber es gibt eine Chance?« fragte ich.

»Vielleicht – eine winzige.«

»Dann müsst ihr es versuchen!«

Misk starrte mich überrascht an. »Ich bin Priesterkönig«, sagte er. »Die Wahrscheinlichkeit ist so gering, daß ich als denkendes Wesen nicht darauf einzugehen brauche.«

»Aber ihr müsst handeln!« ' Ein gewaltiger Felsbrocken fiel hundert Meter entfernt herab, prallte auf und rollte zur Seite.

»Ich möchte sterben, wie es einem Priesterkönig geziemt. Und es ziemt sich nicht, daß ich wie ein Mensch herumhaste und mich abmühe, wenn keine Erfolgschancen mehr bestehen.«

»Ihr müsst es tun – wenn schon nicht euretwegen, dann um all der Menschen willen, die innerhalb und außerhalb des Nestes leben und deren einzige Hoffnung ihr seid!«

Misk hielt inne. »Wollt ihr das?« fragte er.

»Ja«, sagte ich.

»Ja«, sagten auch Al-Ka und Ba-Ta.

In diesem Augenblick sah ich durch die Staubwolken den runden Körper eines Goldenen Käfers. Das Insekt war noch fünfzig Meter entfernt.

Sofort hoben Misk und Kusk ihre Fühler und erschauerten.

»Wir haben Glück«, tönte es aus Kusks Übersetzer.

»Ja«, sagte Misk, »jetzt brauchen wir uns keinen Goldenen Käfer zu suchen.«

»Ihr dürft nicht so einfach aufgeben!« rief ich.

Ich sah nun, daß sich Misks und Kusks Antennen dem Käfer entgegenstreckten, der seine Kopfhaare reckte. Ich zog mein Schwert.

»Ich will sterben«, sagte Misk. »Wir sind am Ende. Ich habe lange genug gelebt, vergib mir, Tarl Cabot.«

»Will unser Vater freiwillig in den Tod gehen?« wandte sich Al-Ka an Kusk.

»Ihr versteht nicht, was der Käfer für einen Priesterkönig bedeutet«, antwortete Kusk.

»Ich verstehe es schon, aber ihr müsst euch wehren. Diesmal müsst ihr euch ändern. Für uns!«

Misk schien sich aufzurichten, seine Fühler fuhren wild hin und her.

Bebend stand er in den Schwaden des Gesteinsstaubes, im Lärm der herabpolternden Felsen. Er musterte die Menschen, die ihn umstanden, dann die goldene Rundung des näherkommenden Käfers.

»Treib ihn fort«, sagte sein Übersetzungsgerät.

Mit einem Freudenschrei stürzte ich mich auf den Käfer, gefolgt von Vika und den anderen. Gemeinsam gelang es uns, das schillernde Insekt zu vertreiben.

Wir kehrten zu Misk und Kusk zurück, die sich wieder beruhigt hatten.

»Bring uns zur Anlage der Muls«, sagte Misk. »Ich führe euch«, rief Al-Ka.

Misk wandte sich an mich. »Ich wünsche dir alles Gute, Tarl Cabot, Mensch.«

»Warte«, sagte ich, »ich komme mit.«

»Du kannst uns nicht mehr helfen«, erwiderte er. »Geh an die Oberfläche. Stell dich in den Wind und betrachte noch einmal Himmel und Sonne.«

Ich hob die Hände, und Misk berührte sie sanft mit seinen Fühlern.

»Ich wünsche dir alles Gute, Misk, Priesterkönig«, sagte ich.

Misk drehte sich hastig um und eilte davon, gefolgt von Kusk und den anderen.

Vika und ich blieben allein im zerfallenen Nest zurück.

Über unseren Köpfen schien plötzlich das ganze Höhlendach aufzureißen; eine Sekunde lang hing alles in der Schwebe.

Ich griff Vika, riß sie mit mir fort und floh aus dem Komplex.

Die Angst beflügelte mich, mir war fast, als ob ich schwebte. Als ich den Höhlendurchgang erreichte und mich umsah, schien die ganze Riesenhalle in sich zusammenzusinken; die Decke senkte sich wie zu Schneeflocken aufgelöst herab.

Ich spürte den Schwerkraftunterschied und fragte mich, wie lange es dauern mochte, bis Gor auseinanderbrach und sich zu einem Staubgürtel im Sonnensystem verteilte.

Vika war in meinen Armen ohnmächtig geworden.

Ich eilte durch die Tunnel, ohne zu wissen, was ich tun sollte, wohin ich mich wenden konnte.

Dann fand ich mich plötzlich im ersten Nestkomplex wieder, wo ich meinen ersten Priesterkönig gesehen hatte. Wie im Traum erklomm ich die kreisförmige Rampe, die zum Fahrstuhl führte. Doch am Ziel angekommen, fand ich nur den offenen Schacht.

Die Tür war aufgebrochen worden, und Trümmer lagen im Schacht. Es waren keine Kabel vorhanden, und ich konnte das zerschmetterte Dach des Fahrstuhlkorbes einige Meter unter mir erkennen.

Ich schien im Nest gefangen zu sein.

Dann entdeckte ich fünfzig Meter weiter eine ähnliche Tür, die allerdings kleiner war. Mit Riesensätzen eilte ich hinüber und legte den Hebel herum.

Die Tür öffnete sich, und ich sprang hinein und drückte auf den höchsten Knopf an der Kabinenwand. Die Tür schloß sich, und der Aufzug stieg aufwärts.

Als die Türflügel vor mir wieder auseinandergingen, befand ich mich im Saal der Priesterkönige, dessen große Kuppel nun zerbrochen war. Trümmer bedeckten den Saalboden.

Ich hatte den Fahrstuhl entdeckt, den Parp damals benutzt hatte, als er vor meinen Augen verschwand – Parp, der sich später geweigert hatte, mir ein Netz einzupflanzen, der der Untergrundbewegung gegen Sarm angehörte. Als er mich damals hier begrüßte, hatten zweifellos die Priesterkönige aus seinem Mund gesprochen – aber jetzt war der Beobachtungsraum ebenso vernichtet wie ein Großteil des Nestes, und niemand konnte sein Netz aktivieren.

Vika auf den Armen, so trat ich vor den Thron der Priesterkönige»Sei gegrüßt, Tarl Cabot«, sagte eine Stimme.

Ich blickte auf und sah Parp, der pfeiferauchend auf dem Steinsitz lehnte.

»Du darfst hier nicht bleiben«, sagte ich und blickte mich unruhig um.

»Wohin soll man gehen?« fragte Parp und blickte Vika an. »Sie ist sehr schön – wie ihre Mutter.«

»Ja.«

»Ich wünschte, ich hätte sie besser gekannt«, sagte Parp. »Aber ich war ein unwürdiger Vater für so ein Mädchen.«

»Du bist ein sehr mutiger Mann.«

»Ich bin klein und häßlich und schwach und verdiene die Verachtung meiner Tochter.«

»Ich glaube, sie würde dich nicht mehr verachten.«

»Sag ihr nicht, daß ich sie gesehen habe. Sie soll Parp, den Narren, vergessen.«

»Warum bist du hierher zurückgekehrt?« fragte ich.

»Um mich noch einmal auf diesen Thron zu setzen«, sagte er und lachte leise.

»Du bist von der Erde, nicht wahr?«

»Das ist lange her«, sagte er. »Ich habe mich nie an diese Fußbodenhockerei gewöhnt, und der Thron hier ist der einzige vernünftige Sitz im ganzen Gebirge.«

»Du bist Engländer?«

»Ja.«

»Auf einer Akquisitionsreise nach Gor gebracht.«

»Natürlich.«

Parps Pfeife war ausgegangen. Er begann frischen Tabak aus dem Beutel zu holen, den er am Gürtel trug.

»Wie lange ist das her?«

Die geringe Gravitation erschwerte Parps Aufgabe, und er antwortete nicht sofort.

»Ich weiß Bescheid über die Stabilisationsseren«, sagte ich.

Parp blickte kurz auf und sagte: »Drei Jahrhunderte.«

»Woher hast du Tabak und Pfeife?« fragte ich.

»Wie du dir vorstellen kannst, habe ich mir das Rauchen auf der Erde angewöhnt, und da ich inzwischen mehrfach als Agent der Priesterkönige zur Erde zurückgekehrt bin, konnte ich mir Vorräte mitbringen. In den letzten Jahren habe ich mir meine eigenen Tabakvorräte gezüchtet – unten im Nest unter Lampen.«

Der Fußboden vibrierte unter meinen Füßen, und ich trat unruhig hin und her. Der Thron hob sich etwas an und sank wieder zurück.

Parp schien sich mehr auf seine Pfeife zu konzentrieren als auf die Umwelt, die nach und nach in Stücke fiel.

Endlich hatte er die Pfeife unter Kontrolle.

»Wusstest du, daß es Vika war, die als erste die Goldenen Käfer zurücktrieb, nachdemA Sarm sie ins Höhlensystem scheuchen ließ?«

»Nein!« sagte ich.

»Ein feines, mutiges Mädchen!«

»Ich weiß«, sagte ich. »Sie ist eine großartige, schöne Frau.«

Vika regte sich in meinen Armen.

»Schnell!« sagte Parp, der plötzlich Angst zu haben schien. »Bringe sie fort, ehe sie wieder zu sich kommt. Sie darf mich nicht sehen!«