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»Warum nicht?«

»Weil sie mich verachtet und ich das nicht ertragen kann.«

»Ich glaube, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«

»Geh!« flehte er. »Geh!«

»Zeig mir den Weg.«

Hastig klopfte Parp die Asche aus und steckte die Pfeife fort. »Folge mir«, sagte er und eilte voraus.

Bald hatten wir ein Stahlportal erreicht. Parp betätigte einen Kontakt, und die Stahlbarriere rollte nach oben.

Draußen erblickte ich die beiden Schneelarls, die sich dem Tor zuwandten.

Sie waren nicht angekettet.

Parp riß entsetzt die Augen auf. »Ich dachte, sie wären längst verschwunden«, sagte er. »Ich habe ihnen vorhin die Freiheit gegeben, damit sie nicht an den Ketten sterben müssen.«

Wieder drückte er auf den Kontakt, und das Portal begann herabzurollen, doch einer der Larls warf sich mit wildem Knurren in unsere Richtung, zwängte sich mit dem Körper halb unter die herabrollende Stahlbarriere. Wir sprangen zurück, als eine Pranke herabpeitschte. Das Portal traf den Rücken des Wesens, das sich erschreckt aufrichtete, die Stahltür hochzerrte und sie im Rahmen verklemmte. Der Larl zog sich zurück, doch die Tür ließ sich nicht mehr schließen.

»Du hast es gut gemeint«, sagte ich.

»Ich war ein Narr – wie immer!«

»Du konntest das doch nicht wissen.«

Ich spürte, wie Vika wieder zu sich kam und auf die Füße gestellt werden wollte.

Ich setzte sie ab, und Parp wandte sich ab, bedeckte sein Gesicht mit der Robe.

Ich stellte mich mit gezogenem Schwert vor das Portal.

Hinter mir versuchte sich Vika zu orientieren. Mit einem Blick erfaßte sie das verklemmte Tor und die beiden Larls jenseits der Schwelle. Dann erblickte sie Parp und stieß einen leisen Ruf aus. Noch einmal schaute sie auf die Larls, streckte die Hand aus und näherte sich Parp.

»Vater«, sagte "sie leise.

»Meine Tochter.« Sanft nahm er das Mädchen in die Arme.

Einer der Larls brüllte – ein Hungerschrei, der dem Angriff dieses Raubtieres vorausgeht, ein Laut, der mir gut bekannt war.

»Zur Seite«, sagte Parp mit völlig veränderter Stimme.

Unwillkürlich gehorchte ich.

Parp stellte sich in den Durchgang des Portals. Er hielt das silberne Feuerzeug in der Hand, mit dem er so oft am Werk gewesen war – jener kleine Zylinder, den ich einmal für eine Waffe gehalten hatte.

Parp kehrte den Zylinder um und zielte damit auf die Brust des nächsten Larl. Dann drehte er an dem kleinen Zylinder, und ein Feuerstrahl warf den Larl fünf Schritte zurück. Die Energie traf das Tier in die Brust, der Larl stieg auf die Hinterhand, die Pranken schlugen wild auf und nieder, und sein Rachen öffnete sich weit. An der Stelle, wo sein Herz gewesen war, gähnte ein schwarzverbranntes Loch. Das Tier fiel zurück und brach leblos zusammen.

Parp warf den Zylinder fort.

Er sah mich an. »Zieh dein Schwert und folge mir«, sagte er.

Vika schrie auf, und ich rief ihm nach, er solle stehenbleiben, doch schon stürzte Parp durch das Portal und warf sich vor die Fänge des zweiten Larl, der die unverhoffte Beute ergriff und wild zu schütteln begann. Im nächsten Augenblick rannte ich vor und stieß dem Raubtier mein Schwert tief ins Herz. Parp, halb zerrissen, mit gebrochenen Gliedern, fiel reglos zu Boden.

Weinend beugte sich Vika über ihn.

Ich zog mein Schwert zurück und stach noch mehrmals zu, bis der Larl sich nicht mehr rührte.

Dann trat ich neben Vika, die mich weinend ansah. »Er hatte so große Angst vor Larls«, sagte sie.

»Ich habe viele mutige Männer gekannt«, sagte ich, »aber niemand war mutiger als Parp aus Treve.«

Sie senkte den Kopf.

»Wir bedecken den Körper mit Steinen und machen uns Kleidung aus dem Fell der Larls«, sagte ich. »Unser Weg ist weit, es wird kalt werden.«

Vika nickte mit tränenüberströmtem Gesicht.

33

Vika und ich, in Larlpelze gekleidet, machten uns auf den Weg zu dem großen schwarzen Tor, das ins Sardargebirge führte. Es war eine seltsame, doch schnelle Wanderung, denn die Schwerkraftveränderungen hielten an, und ich überlegte, daß Misk und seine Priesterkönige und die Menschen des Nestes offenbar den Kampf mit den Elementen verloren, die Sarm entfesselt hatte. Hatte ich für den Aufstieg zum Saal der Priesterkönige noch vier Tage benötigt, so sichteten Vika und ich jetzt die Ruinen des großen Tors schon am Morgen des zweiten Tages. Mein geringes Gewicht erlaubte mir manche Eskapade, manchen Riesensprung über Abgründe und steile Wegstrecken. Nun schien die Schwerkraftminderung sogar einen neuen Höhepunkt zu erreichen. »Das Ende ist nahe, Cabot«, sagte Vika. »Ja.«

Wir konnten nun schon eine riesige Menschenmenge erkennen, die sich hinter den Oberresten des Palisadenzaunes drängte – Menschen aller Kastenzugehörigkeiten, erschreckte Menschen, die starr auf das Gebirge blickten. Sicher waren Vertreter aller goreanischen Städte zugegen. In den vorderen Reihen bemerkte ich die weißen Roben von Angehörigen der Kaste der Wissenden. Schon jetzt konnte ich die unzähligen Opferfeuer riechen, die sie entzündet hatten, das brennende Boskfleisch, den schweren Geruch des Weihrauchs in Kupferkesseln, schon hörte ich die eintönigen Litaneien ihrer Gebete, sah ihre ständigen Verneigungen, das Kriechen auf dem Boden, all die Gesten, mit denen sie sich und ihre Wünsche den Priesterkönigen andienten.

Wieder nahm ich Vika auf die Arme, und halb gehend, halb schwebend näherten wir uns den Ruinen des Tors. Die Menge begann zu lärmen, als sie uns erblickte, doch gleich darauf trat eine lastende Stille ein. Alle Augen waren auf uns gerichtet.

Es wollte mir plötzlich scheinen, als wäre Vika ein wenig schwerer als noch eben. Aber das lag sicher an meiner Müdigkeit.

Ich schritt den Pfad entlang, und als ich eine kleine Vertiefung hinabsprang, taten mir die Fußsohlen weh. Offenbar hatte ich mich mit der Entfernung verschätzt.

Der entgegengesetzte Hang der Rinne war nur etwa fünf Meter hoch – ein kleiner Sprung. Aber als ich ansetzte, schwebte ich nur etwa zwei Meter hoch und fiel zurück. Mit größerer Anstrengung schaffte ich es schließlich und stand nun vor dem schwarzen Tor.

Und ich starrte auf all die Menschen vor mir, auf den Rauch der Opferfeuer, und das Gefühl der Schwere, das in meine Knochen zurückkehrte, löste eine große Freude in mir aus.

»Misk hat es geschafft!« rief ich. »Wir haben gewonnen!« Ohne Vika abzusetzten, rannte ich in langen Sprüngen auf das Tor zu.

Als ich es erreichte, stellte ich das Mädchen wieder auf die Füße und überschaute die verblüfften Goreaner.

Ich wusste, daß in der ganzen bekannten Geschichte des Planeten noch niemand aus dem Sardargebirge zurückgekehrt war.

Die Wissenden, Hunderte von Hohepriestern, knieten in langen Reihen, den Sardarbergen zugewandt. Ihre Gesichter waren von Sorge gezeichnet, ihre Augen voller Angst, und sie zitterten am ganzen Leibe.

Vielleicht erwarteten sie, daß ich jeden Augenblick vor ihren Augen den Flammentod sterben würde.

Hinter den Wissenden erblickte ich Männer und Frauen aus hundert Städten, die hier in ihrer gemeinsamen Angst zusammengekommen waren. Wie gut konnte ich mir das Entsetzen vorstellen, das diese Menschen, die gewöhnlich durch die Rivalität ihrer Städte voneinander getrennt waren, hier zur Palisade getrieben hatte, in die Schatten des düsteren Gebirges – die Erdbeben, die Flutkatastrophen, die Hurrikane und atmosphärischen Störungen und vor allen Dingen das unheimliche Nachlassen der Gravitation, die die Erde unter ihren Füßen zusammenhielt.

Ich schaute in die ängstlichen Gesichter der Wissenden und fragte mich, ob ihre geschorenen Köpfe vielleicht ihren Ursprung in den hygienischen Praktiken des Nests hatten.

Es freute mich, daß viele Menschen im Gegensatz zu den Wissenden nicht auf dem Boden krochen. Sie kamen aus Ar, Thentis, Tharna, aus Port Kar, Tor, Cos, Tyros, vielleicht auch aus Vikas Heimatstadt Treve – vielleicht sogar aus dem verschwundenen Ko-ro-ba – und sie stammten aus allen Kasten, aus der Kaste der Bauern, der Sattelmacher, Weber, Ziegenhüter, der Dichter und Kaufleute, und alle standen aufrecht da, was ich seltsam fand. Die Wissenden behaupteten, daß sie selbst den Priesterkönigen am ähnlichsten waren – und doch benahmen sie sich in ihrem Bemühen, gottgleich zu sein, wie Sklaven.