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Und wieder ertönte der große, unsichtbare Gong, jenes ferne Geräusch, das sogar noch in der Leere des gewaltigen Kuppelsaales widerhallte.

Mit einem Entsetzensschrei warf Parp einen letzten Blick in die Runde und verschwand auf unsicheren Beinen hinter dem Thron.

»Warte!« brüllte ich.

Aber er war fort.

Ich behielt den Fliesenkreis im Auge und schritt einmal um den Thron.

Doch von Parp war nichts mehr zu sehen. Ich kehrte zur Frontseite des Throns zurück, nahm meinen Helm und warf ihn in Richtung Empore.

Laut polternd rollte er über die Stufen zurück. Ich folgte ihm über den Fliesenkreis, der nach Parps Verschwinden nun keine Gefahr mehr darzustellen schien.

Ein drittes Mal erzitterte der unsichtbare Gong, und wieder füllte sich der Saal der Priesterkönige mit seinen unheildrohenden Vibrationen. Es war der dritte Gongschlag. Ich fragte mich, warum Parp das Kommen der Nacht und die Gongschläge gefürchtet hatte.

Ich untersuchte den Thron und fand keine Tür dahinter, obwohl es eine geben musste. Wenn ich Parp auch nicht berührt hatte, war er bestimmt ebenso körperlich vorhanden gewesen wie ich. Er hatte sich nicht einfach in Luft auflösen können.

Es war nun dunkel draußen. Durch die Kuppel sah ich die drei Monde Görs und die hellen Sterne.

Es war ein herrlicher Anblick.

Von einem seltsamen Impuls getrieben, setzte ich mich dann auf den großen Thron im Saal der Priesterkönige, zog mein Schwert und legte es mir über die Knie.

Ich dachte an Parps Worte: ». . . bis du vernichtet werden musst.«

Aus irgendeinem Grunde lachte ich, und mein Lachen war das Lachen eines goreanischen Kriegers, laut und widerhallend, ohne Furcht, und es dröhnte durch den dunklen und verlassenen Saal der Priesterkönige.

5

Ich erwachte, als mir ein feuchter Schwamm über die Stirn fuhr. Ich griff nach der Hand, die den Schwamm hielt, und fühlte das zarte Handgelenk eines Mädchens.

»Wer bist du?« fragte ich.

Ich lag auf einer großen Steinplattform. Unter mir waren dicke Schlaffelle, Roben und zahlreiche Seidenlaken. Einige Kissen lagen auf der Plattform verstreut.

Das Zimmer, in dem ich mich befand, war groß, vielleicht vierzig Fuß im Quadrat, und die Schlafplattform erhob sich an einem Ende. Das übrige Mobiliar schien nur aus einigen großen Truhen zu bestehen, die an einer Wand standen. Es gab keine Fenster. Der Raum strahlte Strenge aus.

Eine Tür war nicht vorhanden, nur ein großer Durchgang, der in einen Gang mündete.

»Bitte«, sagte das Mädchen, und ich ließ los.

Sie war hübsch anzuschauen. Ihr Haar war sehr blond, hell wie Sommerstroh. Es war glatt und im Nacken mit einem kleinen Gewebe aus weißer Wolle zusammengebunden. Ihre Augen waren blau und glanzlos. Ihre vollen roten Lippen, die jeden Mann hätten betören können, schienen zu schmollen. Ein Ausdruck von Verachtung war in ihre m Gesicht.

Sie kniete neben der Plattform.

Auf dem Boden stand ein Krug aus Bronze, wassergefüllt, daneben ein Handtuch und ein gerades goreanisches Rasiermesser.

Ich fuhr mir über das Kinn.

Sie hatte mich rasiert, während ich schlief.

Ich erschauerte, als ich an das scharfe Messer dachte. »Du hast eine leichte Hand«, sagte ich.

Sie neigte den Kopf. Sie trug eine lange, schlichte, ärmellose Robe, die sich geschmeidig um ihren schlanken Körper legte.

»Ich bin Vika«, sagte sie, »deine Sklavin.«

Ich richtete mich auf und sah dem Mädchen nach, das nun das Rasierwasser in einen Ausguß schüttete. Sie hatte einen guten Gang.

Sie legte die Hand vor eine Glasscheibe in der Wand, und aus einer verborgenen Öffnung strömte Wasser. Sie wusch die Kupferschale aus, füllte sie erneut und nahm ein neues weiches Handtuch aus einer der geschnitzten Truhen. Dann kam sie auf die Steinplattform zu und kniete vor mir nieder. Ich nahm die Schale, trank daraus, stellte sie vor mir ab und wusch mich. Ich wischte mein Gesicht mit dem Handtuch ab. Anschließend nahm sie das Rasiermesser, die Handtücher, die Schale und zog sich zurück.

Sie war ein hübsches Mädchen. Wieder spülte sie die Schale aus und stellte sie fort. Mit einer kurzen Handbewegung öffnete sie eine kleine runde Wandvertiefung, in der die Handtücher verschwanden.

Sie kehrte an meine Seite zurück und kniete nieder.

Dann sahen wir uns an, ohne ein Wort zu sagen.

Sie saß sehr aufrecht da, wobei sie sich auf ihre Fersen stützte. In ihren Augen schien eine seltsame Wut zu brennen. Ich lächelte sie an, doch sie erwiderte dieses Lächeln nicht, sondern blickte ärgerlich zur Seite.

Als ich ihren Blick wieder einfangen konnte, starrten wir uns lange Zeit an, bis ihre Unterlippe zu zittern begann und sie den Kopf neigte.

Als sie den Blick wieder hob, bedeutete ich ihr durch eine Handbewegung, näher zu kommen.

Mit sichtlichem Widerwillen gehorchte sie. Ich beugte mich vor und nahm ihren Kopf zwischen die Hände und zog ihn zu mir heran. Ihre sinnlichen Lippen teilten sich, und ich spürte ihren Atem, der sich plötzlich zu beschleunigen schien. Ich nahm die Hände fort, doch sie zog den Kopf nicht zurück. Langsam entfernte ich das weiße Seidentuch, das sie um den Hals trug.

Tränen der Wut stiegen ihr in die Augen.

Wie ich es erwartet hatte, schloß sich ein schmaler schimmernder Sklavenring um ihren Hals.

»Du siehst«, sagte das Mädchen, »ich habe dich nicht belogen.«

»Du benimmst dich aber nicht wie eine Sklavin.«

Sie stand auf und wich zurück. »Trotzdem bin ich ein Sklavenmädchen«, sagte sie und wandte sich ab. »Möchtest du mein Brandzeichen sehen?«

»Nein«, sagte ich.

Auf ihrem Kragen standen keine Buchstaben. Normalerweise sind hier der Name des Herrn und seine Heimatstadt eingraviert. Vikas Kragen trug nur eine Nummer – die goreanische Zahl 708.

»Du kannst mit mir machen, was du willst«, sagte sie. »Solange du in diesem Raum bist, gehöre ich dir. Ich bin eine Kammersklavin.«

»Ich verstehe das nicht«, sagte ich.

»Es bedeutet«, sagte sie ärgerlich, »daß ich in diesem Raum eingesperrt bin und die Sklavin des Mannes bin, der hier hereinkommt.«

»Aber du kannst doch bestimmt den Raum verlassen«, wandte ich ein.

Ich deutete auf das breite Portal, das ohne jegliches Hindernis auf den Korridor zu führen schien.

»Nein«, sagte sie verbittert. »Ich kann den Raum nicht verlassen.«

Ich stand auf, ging durch das Portal und sah mich in dem langen Steinflur um. Er war durch Energielampen erhellt. In regelmäßigen Abständen gingen weitere gleichartige Portale ab, und keiner dieser Durchgänge schien Türen oder sonstige Sperren zu haben.

Ich wandte mich um und streckte dem Mädchen im Zimmer eine Hand entgegen. »Komm«, sagte ich. »Es ist absolut gefahrlos.«

Sie floh zur anderen Seite des Zimmers und duckte sich in eine Ecke.

»Nein!« sagte sie heftig.

Ich lachte und kehrte in den Raum zurück. Sie schrie auf und versuchte sich an der Wand festzukrallen.

Ich nahm sie in die Arme, und sie wehrte sich wie ein weiblicher Larl. Ich wollte sie überzeugen, daß keine Gefahr für sie bestand, daß ihre Ängste sinnlos waren. Mit den Fingernägeln fuhr sie mir durch das Gesicht.

Wütend nahm ich sie hoch und schleppte sie zum Portal.

»Bitte«, flüsterte sie. »Bitte nicht, Herr!«

Das hörte sich so entsetzt an, daß ich meinen Plan aufgab und sie freiließ.

»Schau«, sagte sie und deutete auf die Schwelle.

Ich blickte mich um und sah nur die Steinmauern des Portals und auf jeder Seite drei runde rote Kuppeln, die etwa zehn Zentimeter Durchmesser hatten.

»Die sind harmlos«, sagte ich, denn ich hatte sie problemlos passieren können. Um ihr die Angst zu nehmen, verließ ich das Zimmer erneut.

»Siehst du«, sagte ich. »Es passiert überhaupt nichts.«