Выбрать главу

Als er durch die Halle schritt und im Gang verschwand, der hinunter zu den Pumpen führte, stahl ich mich unauffällig aus meinem Versteck und ging zu der großen Tür, die mich neben zwei weiteren Pforten von der Freiheit trennte.

Ich konzentrierte mich auf das massive Schloß und schleuderte die neun Gedankenströme dagegen. Atemlos wartete ich auf das Ergebnis, bis sich die große Tür endlich sanft auf mich zu bewegte und dann leise zur Seite glitt. Die übrigen Portale öffneten sich gleichfalls nacheinander auf meinen Befehl, und Woola und ich traten in die Dunkelheit, zwar frei, doch fühlten wir uns nur wenig besser als bei unserer Ankunft. Immerhin waren unsere Mägen jetzt gefüllt.

Fluchtartig entfernte ich mich von dem riesigen Gebäude und machte mich auf den Weg zur nächsten Kreuzung, um so schnell wie möglich den zentralen Schlagbaum zu erreichen. Es war Morgen, als ich ankam, und auf der Suche nach Bewohnern betrat ich die erste Farm.

Ich sah flache, unregelmäßig gebaute Steinhäuser, die mit schweren, abweisenden Türen versehen waren, und mochte soviel hämmern und rufen – ich erhielt keine Antwort. Traurig und erschöpft warf ich mich zu Boden und befahl Woola, aufzupassen.

Kurze Zeit später wurde ich von seinem furchteinflößenden Knurren geweckt, und als ich die Augen aufschlug, erblickte ich drei rote Marsmenschen, die sich uns auf einige Schritte genähert und die Gewehre auf uns gerichtet hatten.

»Ich bin unbewaffnet und hege keine feindlichen Absichten«, beeilte ich mich zu erklären. »Ich war in Gefangenschaft bei den grünen Menschen und bin nun auf dem Weg nach Zodanga. Alles, worum ich bitte, ist Nahrung, etwas Ruhe für mich und mein Calot, sowie einen Rat, in welche Richtung ich gehen muß.«

Sie senkten die Gewehre, traten mit freundlicher Miene auf mich zu, legten ihre rechte Hand auf meine linke Schulter, wie es bei ihnen zur Begrüßung üblich ist, und stellten mir viele Fragen über mich und meine Streifzüge. Dann nahmen sie mich mit in das Haus eines von ihnen, das sich unweit von uns befand.

Die Gebäude, an die ich am frühen Morgen geklopft hatte, waren entweder Ställe oder Speicher, das Wohnhaus selbst lag in einem Hain von riesigen Bäumen und schwebte des Nachts etwa vierzig bis fünfzig Fuß über dem Erdboden wie alle Behausungen der roten Marsmenschen, die an einem dicken Metallschaft aus einem in der Erde versenkten Zylinder nach oben gefahren werden konnten, gesteuert von einer winzigen Radiummaschine in der Eingangshalle des Gebäudes. Anstelle sich bei ihren Wohnstätten mit Schlössern und Riegeln abzumühen, fahren die roten Marsmenschen ihre Behausungen des Nachts nur nach oben und gehen so jeder Gefahr aus dem Weg. Auch verfügen sie über eigene Mittel, sie vom Boden aus zu steuern, wenn sie die Häuser verlassen wollen, um wegzufahren.

Es waren Brüder, die mit ihren Frauen und Kindern auf dieser Farm drei gleiche Häuser bewohnten. Sie arbeiteten selbst nicht auf dem Feld, sondern versahen ihren Dienst als Regierungsbeamte. Alle Arbeiten wurden von Sträflingen, Kriegsgefangenen, verbrecherischen Schuldnern und eingefleischten Junggesellen verrichtet, die zu arm waren, die hohen Steuern zu bezahlen, die alle Regierungen der roten Marsmenschen den Unverheirateten auferlegten.

Sie waren äußerst herzlich und gastfreundlich, ich verbrachte einige Tage bei ihnen, ruhte mich aus und erholte mich von den langen Strapazen.

Als sie meine Geschichte vernommen hatten – ich ließ die Sache Dejah Thoris und den alten Mann von der Atmosphärenfabrik aus rieten sie mir meine Haut zu färben, um ihrer Rasse noch ähnlicher zu werden, und dann zu versuchen, in Zodanga eine Beschäftigung zu finden, entweder in der Armee oder bei der Marine.

»Man wird dir deine Geschichte kaum abnehmen, solange du nicht bewiesen hast, daß du vertrauenswürdig bist, und unter den höheren Edelleuten des Hofes Freunde gewonnen hast. Das gelingt am einfachsten beim Militär, da wir auf Barsoom ein kriegerisches Volk sind und unsere höchsten Gunstbezeugungen für den Kriegsmann aufheben«, erklärte mir einer von ihnen.

Abmarschbereit stellten sie mir einen kleinen Thoatbullen zur Verfügung, das Reittier der roten Marsmenschen. Das Tier ist ungefähr so groß wie ein Pferd und sehr zahm, der Farbe und Gestalt nach das exakte Ebenbild seiner riesigen, ungebändigten Vettern.

Die Brüder hatten mir ein rötliches Öl gegeben, womit ich mich von unten bis oben einrieb. Einer von ihnen schnitt mir das inzwischen ziemlich lang gewordene Haar in der vorherrschenden Mode der Zeit, am Hinterkopf gerade und vorn mit Pony, so daß man mich überall auf Barsoom für einen völlig normalen roten Marsmenschen gehalten hätte. Sie gestalteten auch mein Metall und Schmuck in der Art und Weise eines Edelmannes von Zodanga, eines Angehörigen des Hauses Ptor, wie der Familienname meiner Wohltäter lautete.

Einen kleinen Beutel an meiner Seite füllten sie mit ihrem Geld. Das Tauschmittel auf dem Mars unterscheidet sich nicht wesentlich von dem unseligen, allerdings sind die Münzen oval. Einzelne Personen geben nach Bedarf auch Papiergeld aus, das sie zweimal jährlich einlösen. Gibt jemand mehr aus, als er einzulösen vermag, zahlt die Regierung seinen Gläubigern die volle Summe, und der Schuldner arbeitet seine Schuld auf den Farmen oder in den Bergwerken ab, die alle der Regierung gehören. Dies kommt allen zupaß, mit Ausnahme des Schuldners selbst, da es sich als äußerst mühsam erwiesen hat, genügend freiwillige Arbeiter zu finden, um die großen, abgelegenen Farmländer auf dem Mars zu bebauen, die sich wie schmale Streifen zwischen den Polen erstrecken und durch unwegsame Gebiete führen, in denen wilde Tiere und noch wildere Menschen ihr Unwesen treiben.

Als ich sie daraufhin ansprach, daß ich ihnen ihre Freundlichkeit nicht vergelten könnte, versicherten sie mir, daß ich noch genügend Gelegenheit dazu finden würde, wenn ich lange auf Barsoom lebte. So sagten sie mir Lebewohl und blickten mir nach, bis ich hinter dem dicken, weißen Schlagbaum verschwand.

21. Als Luftaufklärer für Zodanga

Auf meinem Weg nach Zodanga bekam ich viele seltsame und interessante Dinge zu Gesicht und erfuhr in einigen Farmhäusern, in denen ich haltmachte, Neues und Wissenswertes über die Lebensweise von Barsoom.

Das Wasser, das die Farmen auf dem Mars versorgt, stammt von den schmelzenden Gletschern an den Polen, unter denen sich gigantische unterirdische Speicher befinden, die das Schmelzwasser auffangen. Von dort wird es durch lange Rohre zu den verschiedenen bewohnten Zentren gepumpt. Zu beiden Seiten und über die gesamte Länge dieser Leitungen erstrecken sich kultivierte Ländereien, die in gleich große Flächen eingeteilt und jeweils von einem oder mehreren Regierungsbeamten bewirtschaftet werden.

Statt die Felder zu überfluten und somit riesige Wassermassen durch Verdunstung zu verschwenden, wird die kostbare Flüssigkeit durch ein ausgedehntes Netzwerk kleinerer Leitungen direkt den Pflanzenwurzeln zugeführt. Die Ernteerträge auf dem Mars sind immer konstant, da es keine Dürren, Regenfälle, Stürme, Insekten und schädliche Vögel gibt.

Unterwegs kostete ich zum ersten Mal seit dem Verlassen der Erde wieder Fleisch – riesige, saftige Steaks und Koteletts von den wohlgenährten Nutztieren der Farmen. Auch labte ich mich an köstlichem Obst und Gemüse, doch gab es kein einziges Nahrungsmittel, wie ich es von der Erde her kannte. Jede Pflanze, Blume, jede Gemüsesorte und jedes Tier war durch jahrhundertelange, sorgfältige wissenschaftliche Züchtung so weit veredelt worden, daß die jeweilige irdische Entsprechung im Vergleich dazu wie ein blasses, graues, oberflächliches Nichts wirkte.

Bei meinem zweiten Halt traf ich auf einige hochgebildete Menschen aus dem Adel, und während unserer Gespräche kamen wir auch auf Helium zu sprechen. Einer der älteren Männer hatte vor einigen Jahren auf einer diplomatischen Mission dorthin teilgenommen und sprach mit Bedauern von den Bedingungen, um derentwillen zwischen diese beiden Ländern offenbar für immer Krieg herrschen würde.