Anscheinend sollte es mich nur beschützen, aber als wir am Stadtrand angekommen waren, sprang es plötzlich vor mich, gab seltsame Laute von sich und bleckte dabei die furchteinflößenden und häßlichen Stoßzähne. Ich beschloß, mich auf seine Kosten etwas zu amüsieren, stürmte auf es zu, und sprang, als ich fast bei ihm war, über ihm in die Luft und ließ die Stadt hinter mir. Augenblicklich fuhr es herum und raste mit solch atemberaubender Geschwindigkeit hinter mir her, wie ich es noch nie gesehen hatte. Ich hatte geglaubt, seine kurzen Beine schlössen Schnelligkeit aus, doch Windhunde wären im Wettlauf mit ihm wie Schlafwandler erschienen. Wie ich noch erfahren sollte, war es das schnellste Tier auf dem Mars. Die Marsmenschen nutzten es wegen seiner Intelligenz, Treue und Wildheit bei der Jagd, im Krieg und als Beschützer.
Ich bemerkte schnell, daß es schwierig sein würde, den Fängen dieses Biestes im direkten Wettlauf zu entkommen. Also stellte ich mich seinem Angriff, indem ich einen Haken schlug und über es hinwegsprang, als es fast bei mir war. Dieser Kunstgriff verschaffte mir einen beträchtlichen Vorsprung, und ich erreichte die Stadt ein gutes Stück vor ihm. Als es hinter mir her gerast kam, hechtete ich an einem der Gebäude, von dem man das Tal überblicken konnte, nach einem Fenster etwa dreißig Fuß über dem Erdboden.
Ich zog mich am Fensterbrett nach oben, setzte mich auf und blickte auf das verwirrte Tier unter mir. Mein Jubel war dennoch von kurzer Dauer, denn kaum saß ich sicher auf dem Sims, packte mich eine gewaltige Hand von hinten am Genick und zog mich ins Zimmer. Dort wurde ich auf den Rücken geworfen, und über mir erblickte ich ein riesiges affenartiges Wesen, das mit Ausnahme des borstigen Haarschopfes auf dem Kopf weiß und nackt war.
6. Ein Kampf, bei dem ich Freunde fand
Das Geschöpf, das eher unseren Erdenmenschen als jenen Marsmenschen ähnelte, die ich bisher gesehen hatte, hielt mich mit einem riesigen Fuß am Boden fest, während es sich mit jemandem hinter , mir plappernd und gestikulierend unterhielt. Dieser andere, offensichtlich sein Gefährte, gesellte sich bald zu uns, ausgerüstet mit einer riesigen Steinkeule, mit der er mir offenbar den Schädel einschlagen wollte.
Die Kreaturen waren ungefähr zehn oder fünfzehn Fuß groß, standen aufrecht und verfügten wie die grünen Marsmenschen zwischen ihren oberen und unteren Gliedmaßen über ein zusätzliches Paar von Armen oder Beinen. Ihre Augen standen dichter beieinander und lagen tief in den Höhlen, die Ohren befanden sich oben, aber mehr an der Seite als bei den Marsmenschen, während ihre Schnauzen und Zähne denen unserer afrikanischen Gorillas auffallend ähnlich waren. Im Vergleich mit den grünen Marsmenschen waren sie im großen und ganzen nicht unansehnlich.
Die Keule vollzog über meinem nach oben gewandten Gesicht gerade einen hohen Bogen, als ein vielfüßiges Monster durch die Tür gefegt kam und sich gegen die Brust meines Henkers warf. Mit einem Angstschrei setzte der Affe, der mich festhielt, durch das offene Fenster, doch sein Gefährte begann mit meinem Beschützer einen grauenvollen Kampf auf Leben und Tod, denn der war niemand Geringeres als mein treues Wachtier (Ich bringe es nicht über mich, eine so gräßliche Kreatur als Hund zu bezeichnen).
So schnell wie möglich rappelte ich mich auf und verfolgte mit dem Rücken zur Wand einen Kampf, wie nur wenige Menschen je zu Gesicht bekommen. Die Kraft, Beweglichkeit und unbändige Grausamkeit dieser beiden Kreaturen lassen sich mit nichts auf der Erde vergleichen. Mein Wachtier befand sich zuerst etwas im Vorteil, es hatte die mächtigen Reißzähne seinem Widersacher tief in die Brust geschlagen, doch der Affe, dessen Muskeln weit stärker entwickelt waren als die aller mir bisher bekannten Marsmenschen, hielt meinen Beschützer mit seinen kräftigen Händen am Hals, drückte ihm langsam die Luft ab und bog den Kopf zurück, so daß ich glaubte, ihn bald mit gebrochenem Genick leblos darniedersinken zu sehen.
Dabei riß dem Affen die ganze Vorderseite auf, da sie von den mächtigen Kiefern fest umklammert wurde. Die beiden rollten auf dem Boden hin und her, wobei keiner einen Laut der Angst oder des Schmerzes von sich gab. Bald sah ich, wie meinem Wachtier die großen Augen aus den Höhlen traten und Blut aus den Nasenlöchern strömte. Es ermattete merklich, aber auch der Affe, dessen Anstrengungen mit jedem Augenblick verzweifelter wurden.
Plötzlich kam ich zu mir, und mit dem seltsamen Instinkt, der mich offensichtlich immer zu meiner Pflicht treibt, ergriff ich die Keule, die zu Beginn des Kampfes zu Boden gefallen war, und schwang sie mit all der Kraft meiner irdischen Arme voll gegen den Kopf des Affen, dessen Schädel wie eine Eierschale zerbrach.
Kaum war dies geschehen, sah ich mich einer neuen Bedrohung gegenüber. Der Gefährte des Affen, der sich von seinem ersten Schrecken erholt hatte, war durch das Gebäude zum Schauplatz des Geschehens zurückgekehrt. Ich erspähte ihn, als er bereits an der Tür stand, und sein Anblick, wie er angesichts seines leblos daliegenden Gefährten aufbrüllte, und wie ihm vor irrsinniger Wut der Schaum aus dem Mund trat, erfüllte mich mit bösen Ahnungen.
Ich bin immer bereit, mich zur Wehr zu setzen und zu kämpfen, wenn die Übermacht nicht allzu groß ist, doch in diesem Fall sah ich weder Ruhm noch Nutzen darin, meine relativ dürftige Kraft mit den eisernen Muskeln und der ungezähmten Brutalität des wutentbrannten Einwohners einer unbekannten Welt zu messen, eigentlich schien doch das einzige, was für mich bei einem solchen Unterfangen herauskommen konnte, der Tod zu sein.
Ich stand neben dem Fenster und wußte, daß ich, befand ich mich erst einmal auf der Straße, den Platz erreichen und mich in Sicherheit bringen könnte, bevor diese Kreatur mich einholte. Zumindest konnte ich mich vor dem Tode retten, der mir gewiß war, falls ich blieb und noch so verzweifelt kämpfte.
Natürlich hatte ich die Keule, aber was konnte ich damit gegen vier lange Arme ausrichten? Auch wenn ich dem Affen mit dem ersten Schlag einen davon zerschmetterte – ich rechnete damit, daß er den Knüppel abzuwehren versuchen würde –, hätte er noch immer die drei anderen, um mich zu vernichten, bevor ich mich zum zweiten Angriff vorbereiten konnte. Bei diesen Gedanken drehte ich mich zum Fenster. Da fiel mein Blick auf meinen vormaligen Beschützer, und ich schlug alle Fluchtgedanken in den Wind. Er lag keuchend auf dem Boden, die großen Augen starr auf mich gerichtet, fast wie um Hilfe bittend. Ich konnte diesem mitleiderregenden Blick nicht widerstehen, und so war mein nächster Gedanke, daß ich meinen Retter nicht zurücklassen konnte, ohne mich genauso für ihn einzusetzen, wie er es für mich getan hatte. Ohne weiteres Zögern wandte ich mich deswegen dem aufgebrachten Affenmännchen zu. Es war mir nun zu nahe gekommen, als daß mir die Keule noch eine große Hilfe sein konnte. Also schleuderte ich sie mit voller Wucht gegen meinen massigen Angreifer, traf ihn unterhalb der Knie, erntete dabei ein Geheul von Schmerz und Wut und brachte ihn derart aus dem Gleichgewicht, daß er, um seinen Fall aufzuhalten, mit ausgestreckten Armen voll auf mich stürzte.
Wie bereits am Vortrag nahm ich zu irdischen Taktiken Zuflucht, hieb ihm mit der rechten Faust gegen das Kinn und versetzte ihm mit der linken einen Haken in die Magengrube. Die Wirkung war verblüffend, denn als ich nach dem zweiten Schlag etwas beiseite trat, wirbelte er herum und sank vor Schmerz zusammengekrümmt und nach Luft japsend zu Boden. Ich sprang über ihn hinweg, packte die Keule und erledigte das Ungeheuer, bevor es sich wieder aufrichten konnte. Als ich ihm den Schlag versetzte, hörte ich hinter mir lautes Lachen, wandte mich um und erblickte Tars Tarkas, Sola und drei, vier Krieger, die in der Tür standen. Zum zweiten Mal hatte ich ihren selten erteilten Applaus für mich gewonnen.