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»Ich kann die Bluse auch mit niemandem teilen«, sagte Silver. »Weißt du, die Sache mit den Büchern und den Vid-Dramen und den anderen Dingen ist, sie sind nicht nur klein und leicht zu verstecken, sondern ich kann sie auch in der Gruppe herumgehen lassen, ohne daß sie abgenutzt werden. Niemand wird dabei ausgelassen. So kann ich eine Menge Kooperation bekommen, wenn ich, sagen wir mal, ein bißchen für mich selbst sein möchte.« Mit einem Zurückwerfen des Kopfes deutete sie auf die Ungestörtheit hin, die sie im Augenblick genossen.

»Aha«, Ti schluckte. Er zögerte. »Ich — hatte nicht gewußt, daß du die Sachen weitergibst.«

»Nicht teilen?«, sagte Silver. »Das wäre wirklich falsch.« Sie starrte ihn leicht gekränkt an und schob ihm die Bluse schnell wieder zu, bevor sie schwach würde. Sie wollte beinahe weitere Erklärungen geben, aber dann besann sie sich eines besseren.

Am besten erfuhr Ti nichts von dem Aufruhr, den es gegeben hatte, als ein Planetarier vom Personal des Habitats eine der Buchdisketten, die sie aus Versehen in einem Projektor gelassen hatten, fand und an Dr. Yei weitergab. Die Suche — sie waren gerade noch alarmiert worden und es war ihnen gelungen, den Rest der eingeschmuggelten Bibliothek zu verstecken, aber die heftige und intensive Suche war für Silver Warnung genug gewesen, wie ernst ihr Vergehen in den Augen ihrer Autoritäten war. Es hatte seitdem zwei weitere überraschende Inspektionen gegeben, obwohl keine weiteren Disketten gefunden wurden. Sie hatte den Wink wohl verstanden.

Mr. Van Atta selbst hatte sie — sie! — beiseite genommen und gedrängt, sie solle die undichte Stelle unter ihren Kameraden ausspionieren. Sie hatte begonnen, ein Geständnis abzulegen, aber dann gerade noch rechtzeitig abgebrochen, als seine aufkommende Wut ihr Angst einjagte und fast die Kehle abschnürte. »Ich werde den kleinen Schleicher in Stücke reißen, wenn ich ihn erwische«, hatte Van Atta geknurrt. Vielleicht würde Ti Mr. Van Atta und Dr. Yei und ihr ganzes Personal zusammen nicht so einschüchternd finden — aber sie wagte es nicht, den Verlust ihrer einzigen sicheren Quelle für Planetarierfreuden zu riskieren. Ti war zumindest bereit, gegen etwas zu tauschen, das praktisch ein Teil von Silvers Arbeitskraft war, die eine unsichtbare Ware, die in keinem Inventar geführt wurde; wer weiß, vielleicht mochte ein anderer Pilot irgendwelche Sachen verlangen, die weit schwieriger unbemerkt aus dem Habitat zu schmuggeln waren.

Eine lange erwartete Bewegung im Ladebereich fiel ihr ins Auge. Und du hast gemeint, du würdest wegen ein paar Büchern Schwierigkeiten riskieren, dachte Silver bei sich selbst. Warte nur, bis erst mal diese Kinderei herauskommt…

»Auf jeden Fall vielen Dank«, sagte Silver hastig und faßte Ti um den Hals für einen ausgedehnten Dankeskuß. Er schloß die Augen — das war ein wunderbarer Reflex — und Silver rollte die ihren, um durch das Fenster der Steuerkabine schauen zu können. Tony, Ciaire und Andy verschwanden gerade im Anschlußrohr zur Shuttleluke.

Na also, dachte Silver, das war’s. Ich habe getan, was ich konnte — der Rest liegt bei euch. Viel Glück, doppeltes Glück. Und etwas heftiger: Ich wünschte, ich würde mit euch gehen.

»Uff! Schau mal auf die Uhr!« Ti löste sich aus ihrer Umarmung. »Ich muß noch mit dieser Checkliste fertig werden, bevor Kapitän Durrance zurückkommt. Vermutlich hast du recht mit dem Hemd«, er stopfte die Bluse achtlos wieder in seine Pilotentasche, »was soll ich dir nächtesmal mitbringen?« »Siggy von der Abteilung Wartung Luftsysteme hat mich gefragt, ob es noch mehr Holovids aus der Serie Ninja vom Zwillingsstern gibt«, sagte Silver prompt. »Er ist jetzt bei Nummer 7, aber ihm fehlen Nr. 4 und 5.«

»Aha«, sagte Ti, »das war also anständige Unterhaltung. Hast du sie auch selber angeschaut?«

»Ja«, Silver rümpfte die Nase, »aber ich bin mir nicht sicher — die Leute darin taten einander so schreckliche Dinge an — das ist auch nur erfunden, oder?«

»Nun, ja.«

»Da bin ich erleichtert.«

»Ja, aber was möchtest du für dich selbst?«, fragte er hartnäckig. »Ich riskiere den Anpfiff nicht, um Siggy eine Freude zu machen, egal, wer er auch sein mag. Siggy hat nicht deine«, er seufzte in Erinnerung an seine Wonne, »herrlich doppelt gelenkigen Hüften.«

Silver fächerte die drei neuen Buchdisketten in ihrer unteren rechten Hand auf. »Mehr davon, bitte, Sir.«

»Wenn du Kitsch möchtest«, er nahm nacheinander jede ihrer Hände und küßte sie auf die Handflächen, »dann sollst du Kitsch bekommen. O weh, da kommt mein furchtloser Kapitän.« Ti glättete hastig seine Shuttlepilotenuniform, stellte das Licht stärker und nahm sein Reportpanel zur Hand, während sich am anderen Ende der Ladebucht eine luftdichte Tür zischend öffnete. »Er mag es nicht, wenn ihm Juniorsprungpiloten aufgehalst werden. Kaulquappen nennt er uns. Ich glaube, es ist ihm unbehaglich, weil ich auf meinem Sprungschiff im Rang über ihm stehen würde. Trotzdem ist es besser, daß ich dem alten Knaben keinen Grund zum Meckern gebe…« Silver ließ die Buchdisketten in ihrer Arbeitstasche verschwinden und nahm die Haltung einer müßigen Zuschauerin an, als Kapitän Durrance, der Kommandant des Shuttles, in die Steuerkabine schwebte.

»Machen Sie schnell, Ti, unser Reiseplan ist geändert worden«, sagte Kapitän Durrance.

»Jawohl, Sir. Um was geht’s?«

»Wir sollen hinunterfliegen.«

»Zum Teufel«, fluchte Ti schwach. »Wie schade. Ich hatte eine hübsche Verabredung…«, sein Blick fiel auf Silver, »ich sollte mich heute abend mit einem Freund auf der Transferstation zum Essen treffen.«

»Schön«, sagte Kapitän Durrance ironisch kühl. »Schicken Sie eine Beschwerde an die Personalabteilung, daß Ihr Arbeitsplan Ihr Liebesleben stört. Vielleicht können die es einrichten, daß Sie überhaupt keinen Arbeitsplan bekommen.«

Ti verstand den Wink und bewegte sich schleunigst hinaus, um seine Pflichten zu absolvieren, während ein Techniker des Habitats eintraf, um die Steuerkabine zu übernehmen.

Silver hatte sich in eine Ecke zurückgezogen, erstarrt vor Schreck und Verwirrung. Tony und Ciaire hatten geplant, auf der Transferstation sich an Bord eines Sprungschiffes zu schmuggeln, das nach Orient IV unterwegs war, um aus dem Einflußbereich von Galac-Tech zu gelangen und dort nach ihrer Ankunft Arbeit zu finden; ein schrecklich riskanter Plan, nach Silvers Einschätzung, der das Ausmaß ihrer Verzweiflung zeigte. Ciaire war entsetzt gewesen, hatte sich aber schließlich von Tonys Planung mit sorgfältig durchdachten Etappen überreden lassen. Zumindest die ersten Etappen waren sorgfältig durchdacht gewesen; je weiter weg sie von Rodeo und von zu Hause waren, desto vager schienen sie zu werden. Einen Umweg über den Planeten hatten sie in keiner Version eingeplant.

Inzwischen hatten Tony und Ciaire sich sicher im Laderaum des Shuttles versteckt. Es gab für Silver keine Möglichkeit, sie zu warnen — sollte sie sie verraten, um sie zu retten? Der darauf folgende Aufruhr würde garantiert schrecklich werden — ihre Verzweiflung legte sich um ihre Brust wie ein Stahlband, behinderte ihre Atmung, hinderte sie am Sprechen.

Elend und wie gelähmt beobachtete sie auf dem Vid-Display der Steuerkabine, wie das Shuttle vom Habitat abstieß und in Richtung auf Rodeos wirbelnde Atmosphäre hinabzusinken begann.

KAPITEL 4

Der ganze dunkle Frachtraum schien um Ciaire herum zu stöhnen, als die Verzögerung an seiner Konstruktion zerrte. Eine Flatterschwingung vibrierte durch die metallene Haut des Shuttles, begleitet von einem zischenden Pfeifen.

»Was ist los?«, keuchte Ciaire. Sie ließ eine Hand los, mit der sie sich an der Plastikkiste festgehalten hatte, hinter der sie versteckt lagen, und faßte Andy fester und hielt ihn näher an sich. »Haben wir etwas gestreift? Was ist das für ein komisches Geräusch?«