»Als ob ich das nicht wüßte«, stöhnte der Wartungstechniker. »Los, los, du blockierst die Tür…« Die drei gingen weiter ins Shuttle hinein.
»Jetzt«, flüsterte Tony, mit einem Nicken in Richtung auf die offene Tür des Frachtraums.
Ciaire rollte zur Seite und legte Andy sanft auf das Deck. Er verzog sein Gesicht und setzte zum Weinen an. Ciaire rollte sich schnell auf ihre Handflächen und testete ihre Balance. Ihren rechten unteren Arm schien sie am leichtesten freimachen zu können. Sie nahm Andy einhändig wieder auf und hielt ihn unter ihrem Rumpf. Von der schrecklichen Schwerkraft an die dem Planeten zugewandte Seite des Frachtraums gepreßt, begann sie auf drei Händen zur Tür zu kriechen. Andys Gewicht hing in ihrem Arm, als zöge ihn eine starke Feder zum Boden, und sein Kopf ruckte in einem beängstigenden Winkel nach hinten. Ciaire schob ihre Hand unter seinen Kopf, um ihn zu stützen, doch für ihren Arm war das sehr beschwerlich.
Neben ihr hatte sich Tony auch auf drei Händen erhoben. Mit seiner freien Hand zog er an der Schnur ihrer Provianttasche. Die Tasche schien am Boden festgesaugt zu sein und tat keinen Ruck.
»Mist«, fluchte Tony leise. Er krabbelte über die Tasche, packte sie und hob sie hoch, aber sie war zu sperrig, als daß er sie hätte unter seinem Bauch tragen können. »Mist! Mist! Mist!«
»Können wir noch aufgeben?«, fragte Ciaire ganz leise, aber sie wußte schon die Antwort.
»Nein!« Er packte die Tasche von hinten über beide Schultern mit seinen oberen Händen und ruckte heftig nach vorne. Sie kam in die Höhe und balancierte unsicher auf seinem Rücken. Er ließ seine linke obere Hand auf der Tasche, um sie zu halten, und hüpfte auf seiner rechten voran, während seine unteren Händen unter seinen Hüften dahinschlurften. »Ich habe sie, los, los!«
Das Shuttle war in einem höhlenartigen Hangar geparkt, einem weiten halbdunklen Raum, der mit Eisenträgern überdacht war. Die Träger hinter der Deckenbeleuchtung hätten ein ausgezeichnetes Versteck abgegeben, wenn man nur zu ihnen hätte hinaufsausen können. Aber alles, was nicht befestigt war, war dazu verurteilt, zu einer einzigen Seite des Raumes zu fliegen und dort zu haften, bis es gewaltsam entfernt wurde. Es herrschte eine einseitige Anziehungskraft…
»Oh…« Ciaire zögerte. Von der Luke zum Boden des Hangars führte eine Art gewellter Rampe. Sie war sichtlich konstruiert, um den gefährlichen Kampf mit der allgegenwärtigen Schwerkraft in kleine, zu bewältigende Schritte zu zerlegen. »Eine Treppe.« Ciaire hielt an, mit dem Kopf nach unten. Ihr Blut schien sich verwirrend in ihrem Gesicht anzusammeln. Sie würgte.
»Bleib nicht stehen«, flehte Tony keuchend hinter ihr, dann würgte er selbst. »Uh… uh…« In einer momentanen Eingebung drehte sich Ciaire herum und begann rückwärts hinabzugehen, ihre freie untere Hand klatschte bei jedem Hüpfer auf die Metallstufen. Es war immer noch unbequem, aber zumindest möglich. Tony folgte ihr. »Wohin jetzt?«, keuchte Ciaire, als sie den Boden erreicht harten.
Tony deutete mit dem Kinn. »Versteck dich einstweilen in dem Durcheinander von Geräten da drüben. Wir dürfen uns nicht zu weit von den Shuttles entfernen.«
Sie hasteten auf der Unterseite des Hangars entlang. Claires Hände wurden schnell mit Öl und Schmutz verschmiert; es irritierte sie so heftig wie eine juckende Stelle, an der man sich nicht kratzen kann. Sie dachte, sie würde sogar ihr Leben dafür riskieren, die Hände waschen zu können. Während sie und Tony jetzt dahinkrochen, erinnerte Ciaire sich daran, wie sie Perlen von Kondensfeuchtigkeit beobachtet hatte, die aus Kapillaröffnungen an Oberflächen im Habitat austraten, bis sie sie mit ihrem Trockenlumpen abgewischt hatte. Als sie den Bereich erreichten, in dem einige schwere Gerätschaften abgestellt waren, rollte ein Lader in den Hangar und ein Dutzend Männer und Frauen in Overalls sprangen herab und begannen in wohlorganisiertem Durcheinander das Shuttle zu umschwärmen. Ciaire war froh über den Lärm, den die Leute machten, denn Andy gab immer noch ein gelegentliches Wimmern von sich. Ängstlich beobachtete sie durch die Metallarme der Geräte hindurch die Wartungsmannschaft. Wann war es zu spät, um aufzugeben?
Leo saß im halben Raumanzug im Geräteraum und blickte besorgt auf, als Pramod durch den Raum auf ihn zugesaust kam und elegant neben ihm anhielt.
»Hast du Tony gefunden?«, fragte Leo. »Als Vorarbeiter soll er bei dieser Vorführung der erste sein. Ich sollte eigentlich nur zuschauen.«
Pramod schüttelte den Kopf. »Er ist an keinem der gewohnten Orte, Sir.« Leo zischte leise; er war nahe daran zu fluchen. »Er hätte inzwischen auf seinen Aufruf antworten sollen…« Er schwebte zum Plexifenster.
Draußen im Vakuum setzte ein kleines Schubschiff gerade den letzten Teil der Außenhülle der neuen Hydrokulturabteilung in der sorgfältig arrangierten Konstellation ab. Sie sollte vor den Augen der Vizepräsidentin von den Quaddies zusammengebaut werden. Leo hatte eine schwache Hoffnung gehegt, daß Pannen und Verzögerungen in anderen Abteilungen die seiner eigenen ausgleichen würden. Aber jetzt war es Zeit für das Debüt seiner Schweißermannschaft.
»In Ordnung, Pramod, zieh dich an. Du übernimmst Tonys Stellung, und Bobbi von Kolonne B übernimmt deine.« Leo machte schnell weiter, bevor die Überraschung in Pramods Augen sich in Lampenfieber verwandeln konnte. »Du hast alles dutzendmal geübt. Und wenn du die geringsten Zweifel über die Qualität oder Sicherheit einer Prozedur hast, dann bin ich sofort da. Die Wirklichkeit spielt die erste Rolle — ihr werdet in der Konstruktion, die ihr heute baut, noch lange zu leben haben, wenn Vizepräsidentin Apmad und ihr Reisezirkus schon längst wieder weg sind. Ich garantiere euch, sie wird mehr Respekt vor einer Arbeit haben, die zwar langsam, aber richtig gemacht wird, als vor einem schlampigen Schwindel.«
Um Himmels willen, machen Sie, daß es reibungslos aussieht, hatte Van Atta Leo zuvor gedrängt. Halten Sie sich an den Zeitplan, egal, was geschieht — wir werden die Probleme später bereinigen, wenn sie wieder weg ist. Wir sollten dafür sorgen, daß diese Schimpansen kosteneffektiv erscheinen.
»Du mußt nicht versuchen, als jemand anderer zu erscheinen als der, der du bist«, sagte Leo zu Pramod. »Du bist effizient — und du bist gut. Euch alle zu unterrichten ist eine der großen, unerwarteten Freuden meiner Laufbahn gewesen. Los jetzt, ich hole euch in Kürze ein.«
Pramod sauste davon, um Bobbi zu suchen. Leo runzelte kurz die Stirn über das, was er gerade gesagt hatte, dann schwebte er zum Komkonsolenterminal am anderen Ende des Umkleideraums.
Er tippte seine Identitätsnummer ein. »Suchruf«, befahl er, »an Dr. Sondra Yei.« Im gleichen Moment begann in einer Ecke des Vids ein Nachrichtenquadrat mit seinem Namen und einer Nummer zu blinken. Er stornierte seine Anweisung, tippte die Nummer ein und hob überrascht die Augenbrauen, als Dr. Yeis Gesicht auf seinem Vid erschien. »Sondra! Ich wollte Sie gerade anrufen. Wissen Sie, wo Ciaire ist?«
»Wie seltsam. Ich wollte anrufen, um Sie zu fragen, wo ich Tony erreichen kann.«
»So?«, sagte Leo, und seine Stimme klang plötzlich ganz neutral. »Warum?«
»Weil ich sie nirgendwo finden kann, und ich dachte, Tony wüßte vielleicht, wo sie ist. Sie soll nach dem Lunch Vizepräsidentin Apmad Techniken der Kinderpflege in der Schwerelosigkeit demonstrieren.«
»Wissen Sie«, Leo schluckte, »ob Andy in der Krippe oder bei Ciaire ist?«