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»Ich dachte, du kämst hinter mir, auf die Leiter. Direkt hinter mir.«

»Ich mußte Andy holen.« »Natürlich. Du hast ihn gerettet, während ich — mich selbst rettete. O Ciaire! Ich hatte nicht vor, dich da drin zu lassen…«

»Das hatte ich auch nicht gedacht.«

»Aber ich bin gesprungen…«

»Es wäre einfach dumm gewesen, es nicht zu tun. Hör mal, können wir darüber nicht später reden? Ich glaube wirklich, wir sollten hier wegkommen.«

»Ja, o ja. Ach, die Tasche…?« Tony lugte in die dunkle Zelle.

Ciaire meinte, daß sie auch keine Zeit für die Tasche hätten — aber wie weit konnten sie ohne sie kommen? Sie half Tony, die Tasche mit verzweifelter Hast an den Rand zu ziehen.

»Wenn du dich da zurückstemmst, während ich mich an die Leiter hänge, dann können wir sie herunterlassen…«, begann Tony.

Ciaire schob sie unbarmherzig über den Rand. Sie landete unten auf dem Durcheinander und fiel auf den Beton. »Ich glaube, wir brauchen uns jetzt über die zerbrechlichen Dinge keine Gedanken mehr zu machen. Los, los!«, drängte sie.

Tony schluckte und nickte, bewegte sich schnell auf die Leiter, wobei er einen oberen Arm freihielt, um Andy stützen zu helfen, den Ciaire mit ihren unteren Armen hielt, während ihre oberen Hände an den Sprossen herabpatschten. Dann erreichten sie den Boden und waren wieder auf diese langsame, frustrierende, krebsartige Fortbewegungsart angewiesen. Ciaire begann den kalten, staubigen Geruch des Betons zu hassen.

Sie hatten erst ein paar Meter den Korridor hinabgeschafft, als Ciaire wieder das Stampfen von planetarischer Fußbekleidung hörte. Die Schritte bewegten sich schnell, machten dazwischen aber unsichere Pausen, als suchte jemand die Richtung. Die Schritte waren ein oder zwei Reihen entfernt und mußten bald zu ihnen vordringen. Dann kam ein Echo — nein, eine andere Art von Schritten. Was dann geschah, schien sich alles in einem Moment zu ereignen, zwischen einem Atemzug und dem nächsten. Vor ihnen sprang ein Planetarier in grauer Uniform aus einem Querkorridor in ihren und stieß einen unverständlichen Ruf aus. Seine Beine waren gegrätscht, in einer halb geduckten Haltung, und er umklammerte mit beiden Händen ein seltsames Instrument und hielt es einen halben Meter vor seinem Gesicht, das vor Schreck so bleich war wie Claires eigenes Gesicht.

Vor ihr ließ Tony die Tasche fallen und erhob sich auf seinen unteren Armen, warf seine oberen Hände weit auseinander und schrie: »Nein!«

Der Planetarier zuckte krampfhaft zurück. Seine Augen waren weit aufgerissen, sein Mund stand geschockt offen. Zwei oder drei helle Blitze schossen aus seinem Instrument, begleitet von einem scharfen Knallen, das durch das ganze große Lagerhaus widerhallte. Dann zuckten die Hände des Planetariers nach oben, das Ding flog davon. Hatte es eine Fehlfunktion oder einen Kurzschluß, hatte es den Mann verbrannt oder geschockt? Sein bleiches Gesicht wurde grün.

Dann schrie Tony auf, plumpste auf den Boden und zog alle seine Arme an sich, wurde zu einem dichten Knäuel der Qual.

»Tony? Tony!« Ciaire kroch zu ihm. Andy klammerte sich eng an ihren Rumpf und weinte und schrie vor Angst. Seine Schreie vermischten sich mit denen von Tony zu einer entsetzlichen Kakophonie. »Tony, was ist los?« Sie entdeckte das Blut auf seinem T-Shirt erst, als einige Tropfen auf den Beton spritzten. Tony rollte auf sie zu. Der Bizeps seines linken unteren Arms war übel zugerichtet und pulsierte blutigrot. »Tony!«

Der Wachmann war auf sie zugestürzt. In seinem Gesicht stand Schrecken, seine Hände fummelten jetzt an einem tragbaren Kommunikator herum, den er an seinem Gürtel trug. Erst beim dritten Versuch gelang es ihm, ihn abzunehmen. »Nelson! Nelson!«, rief er hinein. »Nelson, ruf die Sanitäter, um Himmels willen, schnell! Es sind bloß Kinder! Ich habe gerade ein Kind niedergeschossen!« Seine Stimme zitterte. »Es sind ein paar verkrüppelte Kinder!«

Als Leo die rhythmisch blinkenden gelben Lichter sah, die sich an der Wand des Lagerhauses spiegelten, wurde ihm flau im Magen. Das Sanitätskommando von Galac-Tech — ja, da war ihr Elektrolaster, mit aufleuchtenden Blinkern, geparkt im breiten Mittelgang. Die atemlosen Worte des Angestellten, der sie am Shuttle abgeholt hatte, gingen ihm durch den Kopf… im Lagerhaus gefunden… es hat einen Unfall gegeben… verletzt… Leo beschleunigte seine Schritte.

»Langsamer, Leo, mir wird schwindlig«, beschwerte sich hinter ihm Van Atta gereizt. »Nicht jeder kann so wie Sie ohne Folgen zwischen 0 Ge und 1 Ge hin- und herhüpfen, wissen Sie.«

»Man hat gesagt, daß eines der Kinder verletzt ist…«

»Was wollen Sie denn tun, was die Sanitäter nicht tun können? Ich persönlich werde diesem idiotischen Sicherheitsteam dafür die Hölle heißmachen…«

»Ich sehe Sie dann dort«, knurrte Leo über die Schulter und rannte los.

Gang 29 sah aus wie eine Kampfzone. Zertrümmerte Geräte, überall verstreutes Material — Leo stolperte über ein paar runde metallene Radkappen und stieß sie ungeduldig beiseite. Zwei Sanitäter und ein Sicherheitsmann waren über eine Trage am Boden gebeugt, ein Infusionsbeutel hing über ihnen an einer Stange wie eine Fahne.

Ein blutdurchtränktes T-Shirt; Tony, es war Tony, der verletzt worden war. Ciaire kauerte etwas weiter unten im Gang stumm auf dem Boden und hielt Andy umklammert; Tränen strömten über ihr bleiches Gesicht, das einer Maske glich. Auf der Trage wand sich Tony und schrie in heiseren Schluchzern auf.

»Können Sie ihm nicht wenigstens etwas gegen die Schmerzen geben?«, drängte der Wachmann den Sanitäter.

»Ich weiß nicht.« Der Sanitäter war sichtlich verwirrt. »Ich weiß nicht, was man alles mit ihrem Stoffwechsel angestellt hat. Schock ist Schock. Bei der Infusion bin ich mir sicher, und bei den Wärmern und dem Synergin, aber bei dem Übrigen…«

»Stellen Sie eine Notverbindung zu Dr. Warren Minchenko her«, riet Leo und kniete neben ihnen nieder. »Er ist der leitende Arzt des Cay-Habitats nimmt gerade hier unten seinen Monat planetarischen Urlaub. Bitten Sie ihn, daß er zu Ihrer Krankenstation kommt; dort wird er dann den Fall übernehmen.«

Der Sicherheitsmann nahm eifrig seinen Kommunikator hoch und begann den Code einzutippen.

»Oh, Gott sei Dank«, sagte der Sanitäter und wandte sich Leo zu. »Endlich jemand, der weiß, was, zum Teufel, die dort oben machen. Wissen Sie, was ich ihm gegen die Schmerzen geben kann, Sir?«

»Hm…« Leo erinnerte sich kurz an sein Erste-Hilfe-Wissen. »Syntha-Morph dürfte in Ordnung sein, bis Sie Kontakt mit Dr. Minchenko haben. Aber passen Sie die Dosis an — diese Kinder wiegen weniger, als man nach ihrem Aussehen meinen möchte — ich denke, Tony wiegt etwa 42 Kilo.«

Endlich dämmerte es Leo, von welcher Art Tonys Verletzungen waren. Er hatte sich einen Sturz vorgestellt, gebrochene Knochen, vielleicht eine Beschädigung des Rückenmarks oder des Schädels… »Was ist hier passiert?«

»Schußwunde«, berichtete der Sanitäter knapp. »Linkes unteres Abdomen und… und, hm, nicht Oberschenkel — linkes unteres Körperglied. Das ist bloß eine Fleischwunde, aber die Unterleibsverletzung ist ernst.«

»Schußwunde!« Leo starrte den Wachmann entgeistert an. Der errötete. »Haben Sie… — ich dachte, ihr würdet Betäuber tragen — warum, um Himmels willen…«

»Als dieser verdammte Hysteriker vom Habitat anrief und über seine entlaufenen Monster jammerte, da dachte ich — dachte ich — ich weiß nicht, was ich dachte.« Der Wachmann blickte finster auf seine Stiefel.

»Haben Sie nicht geschaut, bevor Sie feuerten?«

»Ich habe verdammt noch mal beinahe auf das Mädchen mit dem Baby geschossen.« Der Wachmann schauderte. »Ich habe diesen Jungen aus Versehen getroffen, als ich mein Ziel verriß.« Van Atta traf keuchend ein. »Heiliger Mist, was für ein Schlamassel!« Sein Blick fiel auf den Sicherheitsmann. »Ich dachte, ich hätte Ihnen gesagt, Sie sollten diese Sache ruhig erledigen, Bannerji. Was haben Sie gemacht? Ein Bombe hochgehen lassen?«