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Leo war immer noch nahe daran, selber überzukochen. »Das Projekt ist fünfundzwanzig Jahre alt. Der Zeitfaktor kann nicht so wesentlich sein.«

»Allmächtiger Gott«, schrie Van Atta, »bin ich der einzige Mensch hier, der sich bewußt ist, daß hier unter dem Strich etwas herauskommen muß?«

»Herauskommen?«, versetzte Leo. »Galac-Tech ist näher am Gewinn aus dem Cay-Projekt als je zuvor.

Die Sache zu vermasseln, indem man jetzt ungeduldig und vorzeitig versucht, Profit herauszuschinden, ist praktisch kriminell. Sie stehen auf der Schwelle zu den ersten echten Ergebnissen.«

»Nicht wirklich«, bemerkte Apmad kühl. »Ihre erste Gruppe von fünfzig Arbeitern ist nur ein Symbol. Es wird weitere zehn Jahre brauchen, um die ganzen Tausend in Aktion zu setzen.« Kühl, ja, aber Leo spürte, daß in ihr eine heftige, verborgene Spannung am Werk war, deren Ursache er noch nicht erkennen konnte.

»Also, dann nennen Sie es halt einen steuermindernden Verlust. Sie können mir nicht einreden, daß das hier«, Leo deutete mit der Hand zum Fenster und zeigte auf Rodeo, »nicht einen steuermindernden Verlust oder auch deren zwei gebrauchen kann.«

Apmad blickte auf den Mann, der stumm neben ihr stand. »Klären Sie diesen jungen Mann auf, Gavin.«

Gavin war ein großer, zerknitterter Schlägertyp mit Boxernase, den Leo zuerst für eine Art Leibwächter gehalten hatte. Er war tatsächlich der Hauptbuchhalter der Vizepräsidentin, und er sprach mit erstaunlich präziser und eleganter Diktion in beeindruckend vollendeten Absätzen.

»Galac-Tech hat von Anfang an die sehr beträchtlichen Verluste des Cay-Projekts mit den rechnerischen Gewinnen von Rodeo ausgeglichen. Es ist wohl besser, wenn ich für Sie ein bißchen Geschichte rekapituliere, Mr. Graf.« Gavin kratzte sich nachdenklich an der Nase. »Galac-Tech hat Rodeo für neunundneunzig Jahre von der Regierung von Orient IV gepachtet. Die ursprünglichen Bedingungen dieser Pacht waren für uns extrem günstig, da damals Rodeos einzigartige Mineral- und Ölvorräte noch unentdeckt waren. Und das blieben sie auch während der ersten dreißig Jahre der Pacht.

Die nächsten dreißig Jahre erlebten eine enorme Investition an Material und Arbeit auf Seiten von Galac-Tech, um Rodeos Ressourcen zu entwickeln. Natürlich«, er hob schulmeisterhaft den Finger, »sobald Orient IV mitbekam, wie unser Profit durch ihr Wurmlochsystem geschleust wurde, da begann man dort die Bedingungen der Pacht zu bereuen und suchte einen größeren Anteil an dem Kuchen zu bekommen. Als Schauplatz des Cay-Projekts war Rodeo, wenn man von gewissen einzigartigen juristischen Vorteilen absieht, an erster Stelle genau deshalb gewählt worden, weil man die erwarteten Ausgaben allgemein mit Rodeos Profiten verrechnen und die ungesunde Aufregung dämpfen konnte, die diese Profite auf Orient IV hervorriefen.

Galac-Techs Pacht von Rodeo läuft jetzt noch etwa vierzehn Jahre, und die Regierung von Orient IV wird allmählich … ah … — wie soll ich es ausdrücken? — von erwartungsvoller Gier gepackt. Dort hat man gerade die Steuergesetze geändert, und vom Ende dieses Steuerjahres an haben sie vor, Galac-Techs Rodeo-Unternehmen nicht nach Netto-, sondern nach Bruttogewinn zu besteuern. Wir haben unsere Lobby dagegen eingesetzt, aber ohne Erfolg. Verdammte Provinzler«, fügte er nachdenklich hinzu.

»Also, ab dem Ende dieses Steuerjahrs können die Verluste des Cay-Projektes nicht mehr mit den Steuerersparnissen von Orient IV kompensiert werden; sie werden echt sein und direkt an uns weitergereicht werden. Man kann nicht erwarten, daß die Bedingungen der neuen Pacht nach Ablauf der nächsten vierzehn Jahre günstig sein werden. Tatsächlich gehen wir davon aus, daß Orient IV sich darauf vorbereitet, Galac-Tech hinauszudrängen und unsere Rodeo-Unternehmungen zu einem Bruchteil ihres realen Wertes zu übernehmen. Enteignung wäre ein anderes Wort dafür. Die wirtschaftliche Blockade beginnt schon. Jetzt ist der Zeitpunkt, wo wir beginnen müssen, weitere Investitionen zu begrenzen und den Profit zu maximieren.«

»Mit anderen Worten«, sagte Apmad mit einem harten zornigen Funkeln in den Augen, »ihnen eine leere Schale zurücklassen.«

Das könnte hart werden für die letzten Leute, die dann noch draußen sind, dachte Leo fröstelnd. Erkannten diese Trottel auf Orient IV denn nicht, daß Kooperation und Kompromiß am Ende den Profit aller Beteiligten erhöhen würden? Wahrscheinlich traf auch die Unterhändler von Galac-Tech ein Teil der Schuld, dachte er grimmig. Er hatte zuvor schon andere Szenarios der feindlichen Übernahme gesehen. Er blickte durch das Fenster auf die großen, von Aktivität strotzenden, funktionierenden Anlagen, die schwer errungenen Resultate von zwei Generationen ehrlicher Arbeit, und er stöhnte innerlich bei dem Gedanken, welche Verwüstung hier stattfinden würde. Nach dem entsetzten Ausdruck auf Chalopins Gesicht zu schließen, hatte sie gerade eine ähnliche Vision, und Leo konnte ihre Gefühle verstehen. Wieviel Herzblut hatte sie in den Aufbau dieses Ortes investiert? Wievieler Leute Schweiß und Hingabe, die jetzt mit einem Federstrich abgetan wurden?

»Das war immer unser Problem, Leo«, sagte Van Atta ziemlich gehässig. »Sie verbeißen sich immer in die kleinen Details und verlieren den großen Überblick.«

Leo schüttelte den Kopf, um seine Gedanken zu klären und suchte nach dem verlorenen Faden seiner ursprünglichen Argumentation. »Trotzdem, die Wirtschaftlichkeit des Cay-Projekts …« Er verstummte abrupt, als eine atemberaubende Eingebung, so zart wie eine Seifenblase, von ihm Besitz ergriff. Mit einem Federstrich. Konnte Freiheit mit einem Federstrich gewonnen werden? So einfach? Er betrachtete Apmad mit einer neuen, mindestens zwei Größenordnungen stärkeren Intensität. »Sagen Sie, Frau Vizepräsidentin«, formulierte er vorsichtig, »was geschieht, wenn die Wirtschaftlichkeit des Cay-Projekts widerlegt wird?«

»Dann machen wir es zu«, sagte sie einfach. Oh, was er hier aus der Schule plaudern könnte — und als zusätzlichen Bonus würde er Brucie-Baby für immer ruinieren… — Leo war elektrisiert. Er öffnete den Mund, um Zerstörung auszuspucken … Und klappte ihn sofort wieder zu, saugte an seiner Zunge, betrachtete seine Fingernägel und fragte statt dessen beiläufig: »Und was geschieht dann mit den Quaddies?«

Die Vizepräsidentin runzelte die Stirn, als hätte sie in einen sauren Apfel gebissen: wieder diese verborgene Spannung, der stärkste Ausdruck, den Leo bis jetzt auf ihrem Gesicht gesehen hatte. »Das ist das schwierigste Problem von allen.«

»Schwierig? Warum schwierig? Lassen Sie sie einfach gehen. Tatsächlich«, Leo bemühte sich, seine zunehmende Erregung hinter einem ausdruckslosen Gesicht zu verbergen, »wenn Galac-Tech sie auf der Stelle gehen ließe, vor dem Ende dieses Steuerjahres, dann könnte die Firma immer noch das, was sie als Investition in die Quaddies ansehen möchte, als steuerlich wirksamen Verlust mit den Gewinnen von Rodeo verrechnen. Ein letzter Hieb gegen Orient IV sozusagen, ein letzter Happen, den man ihnen wegschnappt.« Leo lächelte gewinnend.

»Sie wohin gehen lassen? Sie scheinen zu vergessen, Mr. Graf, daß die meisten von ihnen noch bloße Kinder sind.« Leo zögerte. »Die älteren könnten bei der Betreuung der jüngeren helfen, das tun sie ja schon, einige … Vielleicht könnte man sie für ein paar Jahre in einen anderen Sektor verlegen, der den Verlust aus ihrem Unterhalt schlucken könnte — es dürfte Galac-Tech nicht so viel mehr kosten, wie die gleiche Anzahl von Arbeitern in Rente, und das nur für ein paar Jahre …«

»Der Betriebsrentenfonds ist autark«, bemerkte Gavin der Buchhalter. »Im Rollover-Verfahren.«