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»Sollten wir nicht zuerst eine … eine Einsatzbesprechung oder sowas abhalten?«

Nach Leos Einschätzung hatte auch Ti Schwierigkeiten, sich dem freien Fall anzuvertrauen. Nun ja, ob man sprang oder gestoßen wurde, das würde nach dem Anfangsimpuls keinen Unterschied mehr machen.

»Sie werden fast vierundzwanzig Stunden haben und mit 1 Ge bis zur Hälfte der Strecke beschleunigen und dann wenden und den Rest des Weges bremsen, um Ihren Angriffsplan auszuarbeiten. Silver wird von Ihrer Kenntnis der Superjumper abhängen. Wir haben schon verschiedene Methoden diskutiert, mit denen wir den Überraschungseffekt erzielen können. Silver wird Sie informieren.«

»Oh, kommt Silver mit?«

»Silver hat das Kommando«, klärte Leo ihn sanft auf. Die verschiedensten Empfindungen zeichneten sich in Tis Gesicht ab, als letztes Entsetzen. »Zum Teufel!

Ich habe noch Zeit, zurückzufliegen und noch mein Schiff zu erreichen …«

»Und das«, fiel ihm Leo ins Wort, »ist genau der Grund, warum Silver die Leitung hat. Die Kaperung eines Frachtsprungschiffs ist das Signal für einen Quaddieaufstand hier auf dem Habitat. Und dieser Aufstand ist ihr Todesurteil. Wenn Galac-Tech herausfindet, daß es die Quaddies nicht unter Kontrolle bringen kann, dann wird die Firma so gut wie sicher versuchen, sie gewaltsam auszulöschen. Die Flucht muß gesichert sein, bevor wir die Hand heben. Das Schiff, das Sie schnappen müssen, ist dort draußen.« Leo zeigte es. »Ich kann mich auf Silver verlassen, daß sie sich daran erinnert. Sie, Ti«, Leo lächelte matt, »sind nicht schlimmer als alle anderen.«

Daraufhin gab Ti nach, wenn auch nicht sonderlich glücklich.

Silver, Zara, Siggy, ein besonders stämmiger Quaddie von den Schubschiffmannschaften namens Jon und Ti. Fünf, in ein Schiff gezwängt, das für eine Mannschaften von zweien gedacht und auf jeden Fall nicht für Übernachtungen eingerichtet war. Leo seufzte. An Bord der Supersprungschiffe waren ein Pilot und ein Ingenieur. Fünf zu zwei, damit standen die Chancen keineswegs schlecht, aber Leo wünschte sich, er hätte sie noch überwältigender zugunsten der Quaddies verschieben können.

Sie schlängelten sich durch das Anschlußrohr in das Schubschiff. Silver, die den Schluß machte, hielt an, um Pramod und Ciaire zu umarmen, die noch zum Abschied dageblieben waren.

»Wir werden Andy zurückbekommen«, murmelte Silver Ciaire zu. »Du wirst sehen.«

Ciaire nickte und umarmte Silver fest. Silver wandte sich zuletzt Leo zu, der unsicher auf das Anschlußrohr blickte, durch das die von ihm ausgewählte Mannschaft verschwand.

»Ich hatte gedacht, die Quaddies würden das schwache Glied bei dieser Entführung darstellen«, sagte Leo nervös, »aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Laß dich nicht von Ti unter Druck setzen, ja, Silver? Laß dich nicht von ihm entmutigen. Ihr müßt Erfolg haben.«

»Ich weiß. Ich werde mir Mühe geben. Leo … warum haben Sie gedacht, daß Ti in mich verliebt ist?«

»Ich weiß nicht … Ihr wart so vertraut miteinander — die Macht der Suggestion vielleicht. All diese romantischen Geschichten.«

»Ti liest keine romantischen Geschichten, er liest Ninja von den Zwillingssternen.«

»Warst du nicht in ihn verliebt? Zumindest am Anfang?«

Sie runzelte die Stirn. »Es war aufregend, mit ihm gegen die Regeln zu verstoßen. Aber Ti ist … na ja, ist eben Ti. Liebe wie in den Büchern — ich wußte immer, daß das nicht wirklich echt ist. Wenn ich mich bei unseren eigenen Planetariern umschaute, dann war niemand so wie in den Geschichten. Wahrscheinlich war es dumm von mir, daß ich diese Geschichten so gern hatte.«

»Ich nehme an, sie sind nicht realistisch — ich habe sie auch nicht gelesen, um die Wahrheit zu sagen. Aber es ist nicht dumm, sich mehr zu wünschen, Silver.«

»Mehr als was?«

Mehr als nur von einer Menge egozentrischer zweibeiniger Flegel übel behandelt zu werden. Wir sind nicht alle so … oder? Warum, um alles in der Welt, fühlte er sich jetzt gedrängt, eine seiner eigenen Lasten ihr aufzubürden, wo sie doch jetzt alle Konzentration für die Arbeit brauchte, die vor ihr lag? Leo schüttelte den Kopf. »Laß auf jeden Fall nicht zu, daß Ti sein Ninjazeugs nicht mit dem durcheinanderbringt, was ihr vollbringen wollt.« »Ich glaube, daß nicht einmal Ti die Mannschaft eines Sprungschiffs von Galac-Tech mit der Schwarzen Liga von Eridani verwechseln könnte«, sagte Silver.

Leo hätte sich mehr Sicherheit in ihrer Stimme gewünscht. »Also …«, er räusperte sich, seine Kehle war unerklärlicherweise wie zugeschnürt, »paß gut auf. Komm gesund zurück.«

»Geben Sie auch acht.« Sie umarmte ihn nicht wie Pramod und Ciaire.

»Wird gemacht.«

Und glaube nie, rief er in Gedanken hinter ihr her, als sie im Anschlußrohr verschwand, daß dich niemand lieben könnte, Silver … Aber es war zu spät, die Worte laut zu rufen. Das Geräusch, mit dem sich die luftdichten Türen schlossen, klang wie ein Seufzer des Bedauerns.

KAPITEL 10

In der Andockbucht für Frachtshuttles war es kühl, und Ciaire rieb alle ihre Hände aneinander, um sie zu wärmen. Nur ihre Hände schienen kalt zu sein; ihr Herz pochte heiß vor Erwartung und Furcht. Sie warf einen Seitenblick auf Leo, der so unerschütterlich wirkend wie immer neben ihr bei der Tür schwebte. »Danke, daß Sie mich dafür von meiner Arbeitsschicht abgezogen haben«, sagte Ciaire. »Sind Sie sicher, daß Sie keine Schwierigkeiten bekommen, wenn Mr. Van Atta das herausfindet?«

»Wer sollte es ihm sagen?«, antwortete Leo. »Außerdem denke ich, daß Bruce das Interesse daran verliert, dich zu quälen. Alles ist so offensichtlich wirkungslos. Umso besser für uns. Auf jeden Fall möchte ich auch mit Tony sprechen, und ich stelle mir vor, ich habe eine bessere Chance auf seine ungeteilte Aufmerksamkeit, wenn ihr euer Wiedersehen hinter euch gebracht habt.« Er lächelte ermutigend.

»Ich frage mich, in welchem Zustand er wohl sein mag.«

»Du kannst sicher sein, daß es ihm viel besser geht, sonst würde Dr. Minchenko ihn nicht dem Stress der Reise aussetzen, nicht einmal, um ihn im Auge behalten zu können.« Ein dumpfer Schlag war zu hören, dazu das Surren und Knirschen von Maschinen, und so wußte Ciaire, daß das Shuttle angekommen und in seine Klampen eingeklickt war. Sie streckte die Hände aus und zog sie dann befangen wieder zurück. Der Quaddie in der Steuerkabine winkte den beiden anderen in der Bucht; sie brachten die Anschlußrohre in Position und befestigten sie. Zuerst öffnete sich das Personalrohr, und der Ingenieur des Shuttles steckte den Kopf hindurch, um alles zu überprüfen, dann verschwand er wieder. Claires Herz pochte in ihrer Brust, und ihre trockene Kehle war wie zugeschnürt.

Schließlich kam Dr. Minchenko heraus und verweilte einen Augenblick lang, dabei hielt er sich mit einer Hand am Griff neben der Luke fest. Er war ein kraftvoller Mann mit einem Gesicht wie aus Leder; sein Haar war so weiß wie der Overall des Medizinischen Dienstes von Galac-Tech, den er trug. Einst hochgewachsen, war er jetzt zusammengeschrumpft wie eine getrocknete Aprikose, aber wie eine getrocknete Aprikose war er noch gesund. Ciaire hatte den Eindruck, er müßte nur wieder hydratisiert werden und würde dann wieder jung und frisch aussehen. Dr. Minchenko stieß sich von der Luke ab, kam durch die Ladebucht auf sie zu und landete genau neben den Griffen an der luftdichten Tür. »Nanu, Ciaire, hallo«, sagte er überrascht. »Und, aha — Graf«, fügte er weniger freundlich hinzu. »Sie sind mir ja einer! Ich muß Ihnen sagen, daß ich es nicht schätze, wenn man mich unter Druck setzt, damit ich die Verletzung vernünftiger medizinischer Regeln billige. Sie müssen für die Dauer Ihrer Dienstverlängerung die doppelte Zeit im Turnraum zubringen als sonst, verstanden?«