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Dr. Curry errötete leicht. »Dr. Minchenko ist in seinem Quartier. Er kommt heute nicht zum Dienst.«

»Aber ich wollte mit ihm reden …«

Dr. Curry räusperte sich. »Hat man dir gesagt, worum es bei deinem Termin geht?«

»Nein … ich vermute, es geht um weitere Medikamente für meine Brust.«

»Ah, verstehe.«

Ciaire wartete einen Moment, aber er äußerte sich nicht weiter, sondern war damit beschäftigt, medizinische Instrumente mit ihren Klettringen auf einem Tablett zu befestigen und dann in den Sterilisator zu schieben. Dabei vermied er Claires Blick. »Nun, es ist völlig schmerzlos.«

Früher hätte sie vielleicht keine Fragen gestellt, sondern fügsam gehorcht — sie war schon Tausenden von unbekannten medizinischen Untersuchungen unterzogen worden, und das hatte schon begonnen, bevor sie überhaupt als Kind aus dem Uterusreplikator genommen worden war, aus jener künstlichen Gebärmutter, in der sie in einer jetzt geschlossenen Abteilung dieser Krankenstation herangereift war. Früher war sie eine andere Person gewesen, vor der Katastrophe auf dem Planeten mit Tony. Danach war sie einige Zeitlang nahe daran gewesen, überhaupt niemand zu sein. Jetzt fühlte sie sich seltsam erregt, als zitterte sie am Beginn einer Neugeburt. Ihre erste Geburt war mechanisch und schmerzlos gewesen, vielleicht hatte sie deshalb keine Wurzeln getrieben …

»Was …«, begann sie zu piepsen. Ihre Stimme war zu leise. Sie hob sie und sagte, für ihre eigenen Ohren jetzt laut: »Um was geht es bei diesem Termin?«

»Nur um eine kleine lokale Prozedur am Unterleib«, sagte Dr. Curry unbekümmert. »Es dauert nicht lang. Du muß dich nicht einmal ausziehen, roll einfach dein Hemd hoch und schieb deine Shorts ein bißchen runter. Ich werde dich vorbereiten. Du mußt unter der Abschirmung des sterilen Luftstroms ruhiggestellt werden, für den Fall, daß sich ein oder zwei Bluttropfen selbständig machen.«

Sie werden mich nicht ruhigstellen … »Was ist das für eine Prozedur?«

»Es tut nicht weh und schadet dir überhaupt nicht. Komm jetzt her.« Er lächelte und klopfte auf die Abschirmeinheit, die aus der Wand hervortrat.

»Was?«, wiederholte Ciaire und bewegte sich nicht.

»Ich kann darüber nicht diskutieren. Es ist — geheim. Tut mir leid. Du wirst Mr. Van Atta fragen müssen, oder Dr. Yei, oder sonst jemanden. Weißt du was, ich werde dich gleich danach zu Dr. Yei schicken, und dann kannst du mit ihr reden, in Ordnung?« Er leckte seine Lippen; sein Lächeln wurde immer unsicherer.

»Bruce Van Atta würde ich nicht einmal …« Ciaire suchte nach einem Ausdruck, den sie einmal von einem Planetarier gehört hatte, »würde ich nicht einmal um die Uhrzeit fragen.«

Dr. Curry blickte sehr überrascht drein. »Oh.« Und er murmelte nicht allzu leise: »Ich habe mich gefragt, wieso du die zweite auf der Liste warst.«

»Wer war die erste auf der Liste?«, fragte Ciaire. »Silver, aber dieser Ausbilder hat sie zu einem Auftrag abgestellt. Sie ist doch eine Freundin von dir, oder? Du wirst ihr dann erzählen können, daß es nicht weh tut.«

»Es ist mir egal — es ist mir verdammt egal, ob es weh tut. Ich möchte wissen, um was es geht.« Sie kniff die Augen zusammen, als es ihr endlich aufging, dann riß sie sie empört weit auf. »Die Sterilisationen«, keuchte sie, »Sie fangen mit den Sterilisationen an!«

»Wie hast du … — du solltest doch nicht … — ich meine, wie kommst du denn darauf?«, schluckte Curry.

Sie versuchte zur Tür zu gelangen. Er war jedoch näher daran und auch schneller und schloß Ciaire die Tür vor der Nase. Sie prallte von der Türfüllung zurück.

»Ciaire, jetzt beruhige dich doch mal!«, keuchte Curry und verfolgte sie im Zickzack. »Du wirst dir nur völlig unnötigerweise wehtun. Ich kann dich auch unter Vollnarkose setzen, aber es ist besser für dich, wenn wir nur eine Lokalanästhesie machen und du einfach ruhig liegst. Du mußt ruhig liegen. Ich muß das machen, so oder so …«

»Warum müssen Sie das machen?«, schrie Ciaire. »Mußte Dr. Minchenko das machen — oder ist er deshalb nicht hier? Wer zwingt Sie, und wie, daß Sie das machen müssen?«

»Wenn Minchenko hier wäre, dann müßte ich es nicht machen«, versetzte Curry wütend. »Er hat sich davor gedrückt und läßt mich die Sache ausbaden. Jetzt komm hier herüber und leg dich unter dem Steri-Schild und laß mich die Scanner einstellen, oder ich muß ziemlich grob mit dir werden.« Er holte tief Luft, um sich aufzuputschen.

»Müssen«, höhnte Ciaire, »müssen, müssen! Es ist erstaunlich, was die Planetarier meinen, daß sie tun müssen. Aber das ist fast nie das gleiche, was ihrer Meinung nach Quaddies tun müssen. Warum ist das so, was meinen Sie?«

Curry knurrte und preßte die Lippen wütend zusammen. Dann nahm er eine Injektionsspritze von seinem Instrumententablett.

Er hat sie schon vorher hergerichtet, dachte Ciaire. Er hat das schon geübt, in Gedanken — er hat sich dazu entschlossen, bevor ich überhaupt hierhergekommen bin …

Er stieß sich ab, schwebte zu ihr, packte ihren linken oberen Arm und stieß die Nadel in einem jähen silbernen Bogen darauf zu. Sie packte sein rechtes Handgelenk und bremste die Armbewegung bis zum Stillstand; so hielten sie sich einen Moment lang mit zitternden Muskeln gegenseitig fest und taumelten langsam in der Luft. Dann griff sie auch mit ihren unteren Händen zu. Curry verschlug es den Atem, als sie seine Arme weit öffnete und sogar seinen jungen männlichen Körper bezwang. Er stieß um sich und traf sie mit seinen Knien, aber da er nichts hatte, woran er sich abstützen konnte, konnte er nicht genügend Kraft in die Stöße legen, um sie wirklich zu verletzen.

Sie grinste in wilder Euphorie und zwang nach Belieben seine Arme nach außen und nach innen. Ich bin stärker! Ich bin stärker! Ich bin stärker als er, und ich habe es nicht einmal gewußt … Sorgfältig umklammerte sie seine Handgelenke mit ihren starken unteren Händen und ließ die oberen los. Mit beiden oberen Händen zusammen löste sie leicht seine Finger von der Spritze. Sie hielt sie hoch und summte: »Das tut gar nicht weh.«

»Nein, nein …«

Da er zu sehr zappelte, konnte sie bei ihrer Unerfahrenheit keine schnelle venöse Injektion versuchen; deshalb nahm sie sich statt dessen einen Deltamuskel vor und hielt ihn noch weiterhin, bis er benommen und schwach wurde. Danach war es einfach, ihn unter dem Steri-Schild ruhigzustellen. Sie betrachtete sein Tablett und berührte staunend die Instrumente. »Wie weit sollte ich diesen Umschwung treiben, was meinen Sie?«, fragte sie laut.

Er wimmerte in seiner Benommenheit und zupfte schwach an den weichen Gurten. In seinen Augen stand Panik. Claires Augen leuchteten; sie warf den Kopf zurück und lachte, lachte wirklich, zum erstenmal seit — wann? Sie konnte sich nicht erinnern.

Sie brachte ihre Lippen nahe an sein Ohr und sagte deutlich: »Ich muß nicht.« Sie lachte immer noch leise, als sie die Türen des Behandlungsraumes hinter sich schloß und den Korridor hinab flüchtete.

KAPITEL 11

Ti seinen Willen zu lassen, daß er an das Supersprungschiff andockte, war ein Fehler gewesen, erkannte Silver, als das Knirschen und Beben ihres Aufpralls auf die Andockklampen durch das Schubschiff widerhallten. Zara, die ängstlich neben ihr schwebte, stöhnte leise. Ti fauchte sie wortlos über die Schulter hinweg an, dann richtete er seine nachlassende Aufmerksamkeit wieder auf die Steuerung.

Nein — ihr Fehler, daß sie seiner Autorität als männlicher, zweibeiniger Planetarier erlaubt hatte, sich über ihre vernünftigen Überlegungen hinwegzusetzen — sie wußte, daß er nicht für diese Schubschiffe zugelassen war, er hatte es ihr selbst gesagt. Er war erst dann eine Autorität, wenn sie in das Supersprungschiff hineingelangt waren.