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»Nun, dann holen Sie sie wieder zusammen und schicken Sie sie in den Orbit, verdammt noch mal!«

»Erstens einmal haben Sie drei von ihnen draußen auf dem Seebett zurückgelassen«, bemerkte Captain Bannerji. »Sergeant Fors hat sich gerade gemeldet — sagt, ihr Bodenwagen sei manövrierunfähig gemacht worden. Sie kommen in Dr. Minchenkos zurückgelassenem Landrover zurück. Es wird mindestens noch eine weitere Stunde dauern, bis sie wieder da sind. Zweitens, wie Dr. Yei mehrfach ausgeführt hat, haben wir noch keine Vollmacht bekommen, irgendeine Art tödlicher Gewalt anzuwenden.« »Sicherlich gibt es irgendeine Klausel über Verfolgung bei einem Notstand«, argumentierte Van Atta. »Das da«, er zeigte nach oben und meinte offensichtlich die aktuellen Vorgänge im Orbit von Rodeo, »ist zumindest schwerer Diebstahl, der gerade im Gange ist. Und vergessen Sie nicht, ein Galac-Tech-Angestellter ist von denen schon angeschossen worden.«

»Diese Tatsache habe ich nicht übersehen«, murmelte Bannerji.

»Aber«, warf Dr. Yei ein, »da wir die Zentrale um die Vollmacht zum Einsatz von Gewalt gebeten haben, sind wir jetzt verpflichtet, auf die Antwort zu warten. Was ist schließlich, wenn man die Bitte ablehnt?«

Van Atta blickte sie finster an und kniff die Augen zusammen. »Ich wußte, daß wir nie hätten fragen sollen. Sie haben uns da reinmanövriert, verdammt noch mal. Man hätte jedes Fait accompli geschluckt, das wir präsentiert hätten, und wäre froh darüber gewesen. Jetzt …« Er schüttelte frustriert den Kopf. »Jedenfalls übersehen Sie andere Personalreserven. Das Habitatpersonal selbst kann dazu eingesetzt werden, durch die Öffnung, die die Sicherheitsleute aufsprengen, ins Innere des Habitats einzudringen.«

»Die Leute vom Habitat sind jetzt über ganz Rodeo verstreut«, bemerkte Dr. Yei, »die meisten von ihnen in ihren Quartieren für den Urlaub auf dem Planeten.« Bannerji krümmte sich sichtlich. »Und haben Sie eine Vorstellung von der juristischen Verantwortung, die eine solche Situation dem Sicherheitsdienst auferlegen würde?«

»Dann ernennen Sie sie doch zu Hilfskräften der Sicherheit …«

Ein Piepsen von Chalopins Schreibtischkonsole unterbrach Van Atta; auf dem Vid erschien das Gesicht eines Kommunikationstechnikers.

»Administratorin Chalopin? Hier spricht das Kommunikationszentrum. Sie haben uns angewiesen, Sie über jede Veränderung im Status des Habitats oder der D-620 zu unterrichten. Sie … hm … scheinen sich darauf vorzubereiten, den Orbit zu verlassen.«

»Legen Sie das Bild hierher«, befahl Chalopin.

Der Kommunikationstechniker brachte wieder das flache Bild von dem Satelliten. Er vergrößerte es, und die Habitat-D-620-Konfiguration füllte das halbe Vid. Die beiden Triebwerksarme der D-620 für Normalraum waren um die vier großen Beschleunigereinheiten verstärkt worden, die die Quaddies benutzten, um Frachtbündel aus dem Orbit hinauszubringen. Während Van Atta noch entsetzt auf das Vid schaute, trat das Aggregat von Triebwerken mit Stichflammen in Aktion. Das monströse Raumfahrzeug wirbelte eine glitzernde Wolke von Raumschrott auf und setzte sich in Bewegung.

Dr. Yei stand da und starrte mit offenem Mund auf das Vid, sie hatte die Hände auf die Brust gepreßt, und in ihren Augen glitzerte es seltsam. Van Atta kam es vor, als müßte er selbst aus hilfloser Wut weinen.

»Sehen Sie …«, er zeigte auf das Vid, und seine Stimme schnappte fast über, »sehen Sie, was bei all dem endlosen Hin und Her herausgekommen ist? Sie hauen ab!«

»Ach, noch nicht«, sagte Dr. Yei. »Es wird mindestens ein paar Tage dauern, bis sie am Wurmloch ankommen. Es gibt keinen Grund zur Panik.« Sie zwinkerte Van Atta zu und fuhr mit einer fast hypnotisch besänftigenden Stimme fort: »Sie sind natürlich extrem erschöpft, wie wir alle. Erschöpfung verleitet zu Fehlern in der Beurteilung. Sie sollten sich ausruhen — schlafen Sie etwas …«

Seine Hände zuckten; er hatte das brennende Verlangen, sie auf der Stelle zu erwürgen. Die Administratorin des Shuttlehafens und dieser Idiot Bannerji nickten zum Zeichen, daß sie ihr zustimmten. Ein ersticktes Knurren brach aus Van Attas Kehle. »Jede Minute, die Sie warten, macht unsere logistische Lage komplizierter — vergrößert den Abstand — vergrößert das Risiko …«

Sie blickten ihn alle mit dem gleichen ausdruckslosen Gesicht an. Van Atta brauchte nicht mit der Nase daraufgestoßen werden — er konnte eine konzertierte Nicht-Kooperation erkennen, wenn er sie witterte. Verdammt, verdammt, verdammt! Er blickte finster und mißtrauisch auf Yei. Aber seine Hände waren gebunden, seine Autorität von ihren bequemen Argumenten unterminiert. Wenn es nach Yei und ihresgleichen ginge, dann würde nie jemand auf einen anderen schießen, und Chaos würde das Universum beherrschen.

Er knurrte unartikuliert, drehte sich auf den Absätzen um und stolzierte hinaus. Ciaire erwachte, öffnete jedoch die Augen noch nicht und kuschelte sich in ihren Schlafsack. Die Erschöpfung, die sie am Ende der letzten Schicht überschwemmt hatte, wich nur langsam aus ihren Gliedern. Andy rührte sich noch nicht; das war gut, eine kurze Atempause vor dem Wechseln der Windeln. In zehn Minuten würde sie ihn wecken, und sie würden sich gegenseitig helfen: er würde ihre Brüste, die kribbelten, von ihrer Milch erlösen, die Milch würde seinen hungrigen Bauch erlösen — Mamas brauchen Babies ebenso sehr, dachte sie schläfrig, wie Babies Mamas brauchen, sie waren aufeinander angewiesen, zwei Individuen, die ein biologisches System gemeinsam hatten … so hatten die Quaddies das technologische System des Habitats gemeinsam, jeder hing von allen anderen ab …

Sie hingen auch von ihrer Arbeit ab. Was stand als nächstes an? Keimboxen, Pflanzrohre — nein, heute konnte sie keine Pflanzrohre herumschleifen, heute war ja der Tag der Beschleunigung — sie riß die Augen auf. Und sie weiteten sich vor Freude.

»Tony!«, flüsterte sie. »Wie lange bist du schon hier?«

»Hab dich etwa fünfzehn Minuten beobachtet. Du schläfst so hübsch. Darf ich hereinkommen?« Er schwebte in der Luft, wieder in seiner vertrauten, bequemen roten Kleidung, T-Shirt und Shorts, und beobachtete sie im Zwielicht ihrer Kammer. »Muß mich sowieso anbinden, denn die Beschleunigung wird gleich beginnen.«

»Schon …?« Sie schlängelte sich zur Seite und machte Platz für ihn, umschlang ihn mit all ihren Armen, berührte sein Gesicht und den beunruhigenden Verband, der noch um seinen Rumpf gewickelt war. »Geht es dir gut?«

»Jetzt schon«, er seufzte glücklich. »Als ich dort lag, in diesem Hospital — na ja, da habe ich nicht erwartet, daß jemand mir zu Hilfe kommen würde. Es war ein entsetzliches Risiko für dich — es war es nicht wert!« Er schnupperte an ihrem Haar.

»Wir haben darüber gesprochen, über das Risiko. Aber wir konnten dich nicht zurücklassen. Wir Quaddies — wir müssen zusammenhalten.« Sie war jetzt völlig wach und genoß seine körperliche Wirklichkeit, seine muskulösen Hände, seine leuchtenden Augen, seine struppigen blonden Augenbrauen. »Dich zu verlieren hätte uns geschwächt, sagte Leo, und nicht bloß genetisch. Wir müssen jetzt ein Volk sein, nicht bloß Ciaire und Tony und Silver und Siggy — und Andy —, das ist vermutlich, was Leo ›Synergie‹ nennt. Wir sind jetzt ein Synergismus.«

Durch die Wände der Kammer summte eine seltsame Vibration. Ciaire rutschte herum und hob Andy aus seinen Schlafgurten neben ihr und drückte ihn mit ihren oberen Händen an sich, während sie noch unter dem Schutz des Schlafsacks mit den unteren Tonys untere Hände hielt. Andy quäkte, schmatzte mit den Lippen und schlief wieder ein. Langsam und sanft wurden ihre Schulterblätter gegen die Wand gedrückt.