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Ein schreckliches Heulen hallte durch den Pass.

Eine riesige, achtbeinige Wolfsgestalt stürzte auf Rhonin herab.

Wäre er jemand anderes gewesen, als der Mann, der er war, der Zauberer hätte hier und jetzt den Tod gefunden und wäre die Beute einer wilden, säbelzahnbewehrten Kreatur mit vier flammend grünen Augen geworden, die ihre acht Tatzen in ihn grub. Das monströse Wolfswesen warf ihn zu Boden, doch Rhonin, dessen Kleidung durch Magie vor den Elementen geschützt war, erwies sich als widerstandsfähig. Die Klauen schlugen in einen Mantel, den sie eigentlich sofort hätten zerfetzen müssen …

… nur um eine Kralle einzubüßen, die prompt abbrach.

Graues Fell sträubte sich im Nacken der Bestie. Sie heulte enttäuscht auf. Rhonin ergriff seine Chance beim Schopf und wob einen einfachen, aber effektiven Zauber, der ihm schon in der Vergangenheit gute Dienste geleistet hatte.

Eine Kakophonie von Licht explodierte vor den Smaragdaugen der Kreatur. Das Tier wurde sofort geblendet und zuckte erschreckt zurück, während es erfolglos nach den blitzenden Mustern schlug.

Rhonin kroch außer Reichweite und kam wieder auf die Beine. Er hatte keine Möglichkeit zu fliehen. Damit hätte er der Bestie nur den Rücken zugekehrt, und sein Schutzzauber verlor bereits an Kraft. Noch ein paar weitere Schläge dieser Pranken und die Krallen würden dem Zauberer das Fleisch von den Knochen schälen.

Feuer hatte bei dem Ghoul auf der Insel funktioniert, und Rhonin sah keinen Grund, warum ein so altbewährter Zauber ihm nicht auch hier gute Dienste leisten sollte. Er murmelte die Worte …

… die jedoch unerklärlicherweise rückwärts aus seinem Mund drangen. Schlimmer noch, Rhonin erkannte zu seinem Entsetzen, dass er sich rückwärts bewegte und vor die Klauen der geblendeten Bestie zurückkehrte.

Die Zeit hatte sich um ihre eigene Achse gedreht … aber wie?

Die Antwort materialisierte etwas weiter den Pass hinab. Krasus’ Anomalie hatte ihn eingeholt.

Geisterhafte Bilder flatterten an Rhonin vorbei. Ritter, die in die Schlacht ritten. Eine Hochzeit. Ein Sturm auf dem Meer. Orcs, die um ein Feuer herum Kriegsgesänge anstimmten. Seltsame Wesen, die im Kampf ineinander verkrallt waren.

Plötzlich konnte er sich wieder vorwärts bewegen. Rhonin schoss aus der Reichweite der Bestie, dann wirbelte er herum, um sich ihr wieder zu stellen. Dieses Mal zögerte er nicht und wob seinen Zauber.

Die Flammen schossen in Gestalt einer mächtigen Pranke vor, aber als sie sich der monströsen Kreatur näherten, verlangsamten sie … hielten an, gefroren in der Zeit.

Fluchend begann Rhonin einen neuen Zauber.

Der achtbeinige Schrecken sprang um das gefrorene Feuer herum und brüllte, als er auf den Menschen zu stürmte.

Rhonin schleuderte den Zauber.

Die Erde unter der Abscheulichkeit explodierte, ein Sturm von Schmutz erhob sich in die Luft und bedeckte die Wolfskreatur. Sie brüllte ein weiteres Mal, und trotz der enormen Kräfte, gegen die sie angehen musste, kämpfte sie sich weiter auf den Magier zu.

Um Beine und Rumpf des Tiers bildete sich eine Kruste. Sein Maul schloss sich fest, als eine Schicht felsenharter Erde es versiegelte. Eines nach dem anderen verschwanden die grünen Augen unter einem Staubmantel.

Nur wenige Fuß vor ihrem Opfer kam die Kreatur zum Stehen. Hätte ein Unbeteiligter sie betrachtet, so hätte er den Eindruck gewinnen können, es mit einer perfekt modellierten Statue zu tun zu haben, nicht mit dem Monster selbst.

In diesem Moment erfüllte Krasus’ Stimme Rhonins Schädel.

Endlich!, rief der Drachenmagier. Rhonin … die Störung wächst! Sie hat dich fast erreicht!

Von der fürchterlichen Bestie abgelenkt, hatte der Zauberer nicht mehr auf die Anomalie geachtet. Als er dies nun tat, weiteten sich seine Augen.

Sie füllte einen Raum aus, der zehn Mal höher und zweifellos auch zehn Mal breiter war als der Pass. Massiver Fels bedeutete ihr nichts. Die Störung strich einfach durch ihn hindurch, als existiere er nicht. Doch in ihrem Gefolge veränderte sich die Landschaft. Einige der Felsen sahen verwitterter aus, während andere Abschnitte wirkten, als seien sie gerade erst nach den titanischen Wehen einer vulkanischen Geburt erkaltet. Die schlimmsten Verwandlungen schienen dort stattzufinden, wo die Ränder der feurigen Blume einander berührten.

Rhonin wollte nicht daran denken, was mit ihm geschehen würde, wenn dieses Ding auch in Kontakt mit ihm geriet.

Er begann wieder zu rennen.

Die Bewegungen und das Wachstum des Phänomens haben sich plötzlich viel schneller erhöht, aber ich weiß nicht, warum, sprach Krasus weiter in seinem Kopf. Ich fürchte, ich werde dich nicht rechtzeitig erreichen. Du musst einen Teleporationszauber weben!

Meine Zauber funktionieren nicht immer so, wie sie sollten!, erwiderte Rhonin. Die Anomalie bringt sie durcheinander!

Wir werden in Verbindung bleiben! Das sollte helfen, deine Magie zu stärken! Ich werde dich zu mir führen, damit wir gemeinsam vorgehen können!

Rhonin hatte wenig Lust, sich an Orte zu teleportieren, die er noch nie gesehen hatte, und das Risiko einzugehen, in einem Berg eingeschlossen zu enden. Doch wenn Krasus mit ihm verbunden war, würde die Aufgabe erheblich leichter werden.

Er konzentrierte sich auf Krasus und stellte sich das Bild des Drachenmagiers vor. Der Zauber begann sich zu formen. Rhonin fühlte, wie sich die Welt um ihn verschob.

Die feurige Blume wuchs plötzlich auf fast das Doppelte ihrer vorherigen Größe an.

Zu spät erkannte Rhonin, warum. Sie reagierte auf den Einsatz von Magie … seiner Magie! Er wollte den Zauber abbrechen, aber es war bereits zu spät.

Krasus! Brich die Verbindung ab! Brich sie ab, bevor auch du …

Die Anomalie verschlang ihn.

Rhonin?

Aber Rhonin konnte nicht antworten. Er wirbelte herum und herum, wurde wie ein Blatt im Sturm hin und her geschleudert. Mit jeder Umdrehung flog er schneller. Erneut attackierten ihn Geräusche und Bilder. Er sah die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft und erkannte jeden dieser Abschnitte als das, was er war. Er fing einen Blick auf die versteinerte Bestie auf, als sie wild an ihm vorbei segelte und von etwas verschlungen wurde, das man nur als einen Strudel aus Zeit beschreiben konnte.

Andere Dinge flogen an ihm vorüber, willkürliche Objekte und sogar Geschöpfe. Ein ganzes Schiff mit zerfetzten Segeln, dessen Rumpf in der Nähe des Bugs eingedrückt war, schoss dahin und verschwand. Ein Baum, auf dem noch immer ein Schwarm Vögel saß, folgte. In der Ferne streckte ein Krake, der von der Spitze seines Kopfes bis zum Ende seiner Tentakel gut fünfzig Fuß maß, einen seiner Fangarme nach ihm aus, um Rhonin mit sich zu reißen, aber dann verschwand auch er wie alles andere.

Von irgendwoher erklang noch einmal Krasus’ schwacher Ruf. Rhonin

Der junge Zauberer seinerseits rief den Namen des Drachenmagiers, erhielt aber keine Antwort.

Der Strudel füllte sein gesamtes Blickfeld aus. Und als er ihn in sich hinein sog, galten Rhonins letzte Gedanken Vereesa und den Kindern, die er niemals kennen lernen würde.

4

Er fühlte das langsame, stete Wachsen der Blätter, Zweige und Wurzeln. Er fühlte die zeitlose Weisheit, die ewigen Gedanken im Innern der Bäume. Jeder Gigant hatte seinen eigenen, einzigartigen Charakter, so ausgeprägt wie bei jedem Individuum.

Sie sind die Wächter des Waldes, erklang die Stimme seines Mentors. Sie sind genauso sehr seine Seele, wie ich es bin. Sie sind der Wald. Eine Pause. Und jetzt … komm zu uns zurück

Der Geist von Malfurion Stormrage zog sich respektvoll aus den riesigen Bäumen zurück, den ältesten des Waldlandes. Während er sie verließ, kehrten die Gefühle seines eigenen Körpers langsam zurück, wenn auch zunächst nur schwach. Er blinzelte zweimal mit seinen silbernen, pupillenlosen Augen, und sein Blick wurde wieder klar. Sein Atem ging rasselnd und keuchend, aber sein Herz schwoll vor Stolz. Noch nie zuvor hatte er so weit ausgeholt!