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Es lebte. Es wusste um das Grauen, das es schuf, wusste darum … und genoss es. Genoss es … und gierte nach mehr.

Aller Humor war aus Cenarius’ Gesichtszügen verschwunden, als Malfurion seinen Bericht beendet hatte. Sein Blick schweifte seinem geliebten Wald entgegen und den Geschöpfen, die darin wuchsen und gediehen. »Und dieser Alptraum wiederholt sich bei jedem Schlaf?«

»Bei jedem Schlaf. Ohne Ausnahme.«

»Dann fürchte ich, dass es ein Omen ist. Ich fühlte in dir seit unserer ersten Begegnung den Samen einer besonderen Begabung – es war einer der Gründe, warum ich mich dir zu Erkennen gab –, doch sie ist noch viel stärker ausgeprägt, als selbst ich es erwartet hatte.«

»Aber was bedeutet es?«, flehte der junge Nachtelf ihn um eine Antwort an. »Wenn Ihr sagt, dass es ein Omen ist, dann muss ich wissen, was es bedeutet.«

»Und wir werden versuchen, es herauszufinden. Ich sagte ja, dass du bereit bist.«

»Bereit wofür?«

Cenarius kreuzte die Arme vor seiner Brust. Der Ton seiner Stimme wurde schwerer. »Bereit, den Grünen Traum zu beschreiten.«

Der Halbgott hatte in seinen Lehren noch nie einen Grünen Traum erwähnt, aber die Art, in der Cenarius davon sprach, ließ Malfurion spüren, wie wichtig dieser nächste Schritt war. »Was ist das?«

»Was ist es nicht? Der Grüne Traum ist die Welt jenseits der wachen Welt. Er ist die Welt des Geistes, die Welt der Schläfer. Er ist die Welt, wie sie hätte sein können, wenn wir intelligenten Wesen nicht gekommen wären, um sie zu verderben. Im Grünen Traum kann jemand, der geübt genug ist, alles sehen, überall hingehen. Dein Körper wird in eine Starre versetzt, und deine Traumgestalt wird aus ihm entweichen, zu jedem Ort fliegen, den du besuchen musst.«

»Das klingt …«

»Gefährlich? Das ist es auch, junger Malfurion. Selbst jene, die gut trainiert sind, selbst die Erfahrenen können sich im Grünen Traum verlieren. Du wirst bemerkt haben, dass ich diese Welt den Grünen Traum nenne. Es ist die Farbe seiner Herrin Ysera, des Großen Aspekts. Der Grüne Traum ist das Reich, das ihr und ihrem Drachenschwarm gehört. Meine eigenen Dryaden und Wächter nutzen den Grünen Traum zur Erfüllung ihrer Pflichten – doch nur sehr selten.«

»Ich habe nie davon gehört«, gab Malfurion kopfschüttelnd zu.

»Wahrscheinlich weil keine Nachtelfen bis auf die, die in meinen Diensten stehen, jemals diese Pfade begangen haben … und auch jene nur, als sie nicht länger Mitglieder deines Volkes waren. Du würdest der Erste deiner Art sein, der diesen Weg beschreitet … so du es wünschst.«

Malfurion fand die Idee gleichermaßen beunruhigend wie verlockend. Dies würde der nächste Schritt seiner Studien sein und vielleicht eine Möglichkeit, seinem ständigen Alptraum einen Sinn zu entlocken. Doch Cenarius hatte klar gemacht, dass der Grüne Traum auch tödlich enden konnte.

»Was … könnte passieren? Was könnte schief gehen?«

»Selbst die Erfahrensten können sich auf dem Rückweg verirren, wenn sie abgelenkt werden«, antwortete der Halbgott. »Selbst ich. Du musst die ganze Zeit über deine Konzentration aufrechterhalten. Du musst dein Ziel kennen und darfst es niemals aus den Augen verlieren. Sonst … sonst könnte es sein, dass dein Leib auf ewig schlafen wird.«

Es gab noch mehr, spürte der Elf, aber Cenarius wollte aus irgendeinem Grund, dass er es selbst in Erfahrung brachte – falls Malfurion sich entschied, den Grünen Traum zu beschreiten.

Er kam zu dem Schluss, dass er gar keine Wahl hatte. »Wie fange ich es an?«

Cenarius berührte freundlich den Scheitel seines Schülers. »Du bist dir sicher?«

»Völlig.«

»Dann setze dich einfach nieder, wie du es bei deinen anderen Lektionen getan hast.« Nachdem Malfurion gehorcht hatte, ließ Cenarius seine vierbeinige Gestalt ebenfalls auf die Erde sinken. »Ich werde dich bei diesem ersten Mal führen. Danach musst du selbst den Weg finden. Sieh mir in die Augen, Nachtelf.«

Die goldenen Augen des Halbgottes fingen Malfurions Blick ein. Selbst wenn er es gewollt hätte, es hätte ihm eine unermessliche Anstrengung abverlangt, sich wieder davon zu lösen. Er fühlte, wie er in Cenarius’ Geist gezogen, wie er in eine Welt geführt wurde, in der alles möglich war.

Ein Gefühl der Leichtigkeit berührte Malfurion.

Fühlst du den Tanz der Steine, den Tanz des Windes, das Lachen des rauschenden Wassers?

Zuerst fühlte Malfurion nichts von alledem, aber dann hörte er das langsame, stete Mahlen, mit dem die Erde sich verschob, und er erkannte, dass dies die Weise war, in der die Steine und Felsen sprachen, während sie sich über Äonen hinweg von einem Punkt der Welt zu einem anderen bewegten.

Danach wurden auch die anderen Stimmen deutlicher. Jedes Element der Natur sprach in seinem eigenen, einzigartigen Tonfall. Der Wind wirbelte in fröhlichem Tanz umher, wenn er glücklich war, und begann, brutal zu treten und zu schlagen, sobald seine Stimmung sich verdüsterte. Die Bäume schüttelten ihre Kronen, und das vorstürmende Wasser eines nahe gelegenen Flusses gluckste vor Vergnügen, als die Fische in ihm zu laichen begannen.

Aber im Hintergrund … glaubte Malfurion einen beständigen Missklang zu spüren. Er versuchte, sich darauf zu konzentrieren, aber es gelang ihm nicht.

Du bist noch nicht im Grünen Traum. Zuerst musst du deine Hülle abstreifen, instruierte ihn die Stimme in seinem Kopf. Wenn du den Zustand des Schlafes erreichst, wirst du deinen Körper ablegen wie einen Mantel. Beginne mit deinem Herzen und mit deinem Verstand, denn sie sind die Ketten, die dich am stärksten an die Ebene der Sterblichkeit binden. Siehst du? So macht man es

Malfurion berührte sein Herz mit seinen Gedanken, öffnete es wie eine Tür und befreite seinen Geist. Er tat das Gleiche mit seinem Verstand, obwohl die irdische, praktische Seite jeder lebenden Kreatur gegen diese Tat protestierte.

Überlass’ dich deinem Unterbewusstsein. Lass dich von ihm leiten. Es kennt das Reich des Träumens und freut sich stets, dorthin zurückkehren zu können.

Während Malfurion gehorchte, fielen die letzten Barrieren von ihm ab. Er fühlte sich, als habe er sich gehäutet – so wie es eine Schlange tun würde. Ein Hochgefühl erfüllte ihn, und er vergaß beinahe, zu welchem Zweck er all dies tat.

Aber Cenarius hatte ihn gewarnt, stets auf sein Ziel konzentriert zu bleiben, und so rang der Nachtelf die Begeisterung nieder.

Jetzt … erhebe dich.

Malfurion stemmte sich empor …

… sein Körper jedoch, dessen Beine noch immer gekreuzt waren, blieb dort zurück, wo er saß. Seine Traumgestalt schwebte ein paar Fuß über dem Boden, frei von allen Fesseln. Malfurion wusste, dass er, wenn er es gewünscht hätte, zu den Sternen selbst hätte aufsteigen können.

Aber der Grüne Traum war anderswo beheimatet. Wende dich ein weiteres Mal an dein Unterbewusstsein, trug ihm der Halbgott auf. Es wird dir den Weg weisen, denn er liegt im Inneren und nicht Draußen.

Und während er Cenarius’ Anweisungen folgte, sah der Nachtelf, wie sich die Welt um ihn herum weiter verwandelte. Ein Dunstschleier umgab alles. Bilder, eine endlose Folge von Bildern, überlappten einander, aber mit etwas Konzentration entdeckte Malfurion, dass er jedes von ihnen einzeln betrachten konnte. Er hörte ein mannigfaltiges Flüstern und erkannte, dass es die inneren Stimmen der Träumer auf der ganzen Welt waren.

Ab hier musst du den Weg allein beschreiten.

Er fühlte, wie seine Verbindung zu Cenarius fast verschwand. Um Malfurions Konzentration Willen war der Halbgott gezwungen, sich zurückzuziehen. Doch Cenarius blieb eine Präsenz, die bereit war, ihrem Schüler zu helfen, falls dies notwendig wurde.