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Deathwing kreiste über der Landschaft und spie Feuer. Krasus hörte Schreie aus allen Richtungen, konnte aber keinen derer, die um Hilfe riefen, entdecken. Eingeschlossen in seinem winzigen sterblichen Körper stolperte er wie eine Ratte über die verbrannte Erde, versuchte dem Feuer zu entgehen und gleichzeitig den Sterbenden zu helfen.

Plötzlich fiel ein dunkler Schatten über das Feld, über das er rannte, und eine donnernde Stimme begann ihn zu verhöhnen. »Was haben wir denn hier? Was ist denn das für ein kleiner Krümel?«

Gewaltige Klauen, zweimal größer als der Drachenmagier, griffen nach ihm und hoben ihn ohne jede Anstrengung in die Luft, bis er in Deathwings bösartiges Gesicht blickte.

»Das ist ja nur ein Stück altes Drachenfleisch! Korialstrasz, du hast dich zu lange unter den niederen Völkern aufgehalten. Ihre Schwäche hat sich auf dich übertragen!«

Krasus versuchte einen Zauber zu weben, aber aus seinem Mund drangen keine Worte, sondern winzige Fledermäuse. Deathwing atmete ein und zog die Fledermäuse gnadenlos in seinen heißen tiefen Schlund.

Der schwarze Riese schluckte alles hinunter. »Nicht gerade wohlschmeckend. Ich bezweifle, dass du besser mundest, aber da du ohnehin vergehen wirst, kann ich dir auch ein Ende machen.« Er hob die zappelnde Gestalt über sein Maul. »Außerdem nützt du ohnehin niemandem mehr etwas.«

Die Klauen ließen Krasus los, aber als er Deathwings Maul entgegen fiel, änderte sich alles. Deathwing und die brennende Landschaft verschwanden. Krasus schwebte plötzlich im Zentrum eines furchtbaren Sandsturms und wurde von immer stärker werdenden Kräften umher geschleudert.

Der Kopf eines Drachen entstand im Sturm. Im ersten Moment fürchtete Krasus, der schwarze Riese sei ihm gefolgt, weil er seinen Imbiss nicht entkommen lassen wollte. Doch dann tauchte ein zweiter Schädel neben dem ersten auf, gefolgt von weiteren, bis eine endlose Horde Krasus’ Blickfeld ausfüllte.

»Korialstraaaaasz …«, stöhnten sie immer wieder. »Korialstraaaasz …«

Krasus erkannte, dass die Köpfe nicht die gleiche Form wie Deathwings Schädel hatte, und dass sie aus dem Sandsturm geformt waren.

Nozdormu?

»Wir … ziehen unsss durch allesss«, stieß der Zeitlose hervor. »Wir sssehen … allesss …«

Krasus wartete darauf, dass Nozdormu die Kraft fand fortzufahren.

»Alle Enden führen insss Nichtsss! Alle Enden …«

Ins Nichts? Was bedeutete das? Wollte er damit sagen, dass sich die Befürchtungen des Magiers erfüllt hatten und die Zukunft ausgelöscht worden war?

»… bis auf einesss …«

Eines! Krasus griff nach dem Strohhalm. »Sag mir, was ich tun muss! Zeig mir den Weg!«

Die Köpfe der Drachen veränderten sich. Die Schnauzen wichen zurück, die Köpfe wurden länger, menschlicher – nein! Nicht menschlicher, elfischer …

Ein Nachtelf?

War dies jemand, den er fürchten oder suchen sollte? Er versuchte Nozdormu danach zu fragen, aber der Sturm wurde immer wahnsinniger, er riss die Gesichter auseinander und wirbelte den Sand auf. Krasus versuchte seinen Körper zu schützen, als der Sand seine Haut aufschürfte und sogar die Kleidung durchdrang.

Er schrie …

… und setzte sich im nächsten Moment auf. Sein Mund war immer noch zum stummen Schrei geöffnet.

»Meine Königin, er ist wieder bei uns.«

Langsam kehrte Krasus’ Geist in die Wirklichkeit zurück. Der Alptraum mit Deathwing und seine Vision von Nozdormu nagten noch an seinen Gedanken. Aber er konnte sich zumindest so weit konzentrieren, dass er seine Umgebung erkannte. Er lag in der Eikammer, wo er und Alexstrasza ihr erstes Gespräch geführt hatten. Die Königin des Lebens sah ihn besorgt an, ebenso wie sein jüngeres Ich, das rechts neben ihr saß.

»Ist der Zauber verweht?«, fragte Alexstrasza ruhig.

Dieses Mal wollte er ihr alles erzählen, ganz gleich, was auch die Konsequenzen sein würden. Nozdormus angsteinflößende Worte hatten darauf hingewiesen, dass es nur noch einen Weg in die Zukunft gab. Konnte er da wirklich noch mehr Probleme hervorrufen, wenn er ihr von Neltharions Wahnsinn berichtete und von dem Schrecken, den der schwarze Drache verbreiten würde?

Doch erneut überwältigte Krasus ein Schwindelgefühl, als er über Deathwing sprechen wollte. Nur mühsam blieb er bei Bewusstsein.

»Zu früh«, warnte Alexstrasza. »Du musst dich länger erholen.«

Er brauchte mehr als nur Ruhe. Er brauchte ein Gegenmittel für den hinterhältigen und dunklen Zauber, den der Wächter der Erde über ihn ausgesprochen hatte. Keiner der Aspekte schien zu bemerken, dass sein Zustand durch Magie hervorgerufen wurde. In all seinen Inkarnationen hatte sich Deathwing als der Gerissenste aller Bösen herausgestellt.

Da Krasus nichts gegen den schwarzen Drachen unternehmen konnte, dachte er an den Nachtelf, dessen Gesicht Nozdormu ihm gezeigt hatte. Er erinnerte sich an die Angreifer, die ihn und Rhonin gefangen genommen hatten. Aber keiner von ihnen hatte ihm ähnlich gesehen.

»Wie weit ist es von hier ins Land der Nachtelfen?«, fragte Krasus – und berührte überrascht seinen Mund, als er begriff, dass er die Worte ohne Schwierigkeiten aussprechen konnte. Anscheinend beschränkte sich Neltharions Zauber nur auf ihn selbst, nicht auf andere wichtige Dinge.

»Wir können dich bald dorthin bringen«, sagte seine Gefährtin. »Aber was ist mit der Angelegenheit, die du erwähnt hast?«

»Dies … dies betrifft noch immer die Angelegenheit, aber mein Plan hat sich geändert. Ich glaube … nun, ich glaube, ich habe gerade mit dem Zeitlosen gesprochen, der mir etwas mitzuteilen versuchte.«

Sein jüngeres Ich mochte das nicht glauben. »Du hattest Alpträume, Wahnvorstellungen! Du hast mehrmals gestöhnt. Ich bezweifle, dass der Aspekt der Zeit Verbindung zu dir aufnehmen würde. Mit Alexstrasza vielleicht, aber nicht mit dir.«

»Nein«, widersprach die rote Königin. »Ich glaube, dass er die Wahrheit spricht, Korialstrasz. Wenn er glaubt, dass Nozdormu ihn berührt hat, stimmt das sicherlich auch.«

»Ich beuge mich deiner Weisheit, Geliebte.«

»Ich muss zu den Nachtelfen«, beharrte Krasus. Jetzt, wo er sich in Korialstrasz’ Nähe aufhielt und nicht versuchte, Neltharions Verrat aufzudecken, verbesserte sich sein Zustand merklich. »Ich suche nach einem von ihnen und hoffe, dass ich nicht bereits zu spät komme.«

Der weibliche Leviathan legte den Kopf schief und sah Krasus eindringlich an. »Ist das, wovon du mir vorhin berichtet hast, immer noch wahr?«

»Das ist es, aber da gibt es noch viel mehr zu sagen. Die Drachen – alle Drachen – werden für diesen Kampf benötigt.«

»Aber in Nozdormus Abwesenheit können wir keinen Konsens erzielen. Die anderen werden dem nicht zustimmen.«

»Du musst sie überzeugen, dass sie gegen die Tradition handeln!« Er zwang sich hoch. »Wahrscheinlich haben sie es in der Hand, ob die Welt weiter besteht oder vernichtet wird.«

Und mit diesen Worten begann er, ihnen all seine Erinnerungen an die Gräuel der Brennenden Legion zu schildern.

Sie lauschten seinem Bericht über Blut, Vernichtung und das seelenlose Böse. Selbst die beiden Drachen waren angesichts des dargelegten Grauens erschüttert. Als Krasus endete, verstanden sie seine Angst.

Doch selbst jetzt sagte Alexstrasza: »Sie werden vielleicht trotzdem keine Entscheidung treffen. Wir haben über die Welt gewacht, aber wir überlassen den jüngeren Völkern ihren Fortschritt. Selbst Neltharion, der über die Erde selbst wacht, zieht es vor, so zu handeln.«

Er wünschte sich, er hätte ihr alles über Neltharion erzählen können, aber der Gedanke allein brachte bereits den Schwindel zurück. Mit einem zögerlichen Nicken antwortete Krasus: »Ich weiß, dass du tun wirst, was du tun musst.«

»Und du musst das tun, was du möchtest. Geh zu den Nachtelfen und suche deine Antwort, wenn du glaubst, dass es die Lage verbessern wird.« Sie sah ihren Gefährten an. »Ich möchte, dass du mit ihm gehst, Korialstrasz. Würdest du das tun?«