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Der Drache neigte respektvoll den Kopf. »Wenn du mich darum bittest, erfüllt es mich mit Freude, deinem Wunsch zu folgen.«

»Ich bitte dich auch, seinem Befehl zu folgen, mein Gefährte. Vertraue ihm, denn er verfügt über eine Weisheit, die wichtig für dich sein wird.«

Seinem reptilischen Gesicht war nicht anzusehen, ob er dieser Behauptung Glauben schenkte, aber er nickte erneut.

»Es ist Nacht«, sagte Alexstrasza zu Krasus. »Wirst du bis zum Morgen warten?«

Der Drachenmagier schüttelte den Kopf. »Ich habe bereits zu lange gewartet.«

Der Erste, der den Clan-Namen Ravencrest trug, hatte auf die gewaltige Granitformation auf dem Gipfel des hohen, schwer zu erklimmenden Berges geblickt. Er hatte seinem Begleiter erklärt, wie sehr die Felsformation ihn an den schwarzen Turm eines Schachspiels erinnerte und dass die dunklen Vögel, die die Felsen umkreisten und sogar auf ihnen nisteten, darauf schließen ließen, dass es sich um einen speziellen Ort handelte, um einen Ort der Macht.

Eine Generation lang – und die Generationen der Nachtelfen dauerten länger als die der meisten Völker – hatten die Diener des Ravencrest-Clans eine Festung aus dem Granit gemeißelt, die ihresgleichen suchte. Black Rook Hold, wie dieser dunkle, widrige Ort schon bald genannt wurde, dehnte seinen Einfluss rasch über das Reich der Nachtelfen aus und wurde nur noch vom Palast übertroffen. Als es zum Konflikt zwischen Nachtelfen und Zwergen kam, entschied Black Rook Hold über Sieg oder Niederlage. Die Angehörigen des Ravencrest-Clans wurden vom Thron geehrt, und beide Blutlinien vermischten sich. Wenn die Hochgeborenen, die Azshara dienten, Neid gegenüber Angehörigen ihres eigenen Volkes empfanden, dann gegenüber den Bewohnern der Ebenholzfestung.

Man hatte Fenster in die obersten Etagen des grandiosen Baus gemeißelt, aber der einzige Eingang bestand aus einem doppelten Eisentor, das sich nicht etwa an der Unterseite der Burg, sondern am Fuß des Berges befand. Die massiven Tore waren verschlossen und wurden schwer bewacht. Nur Narren glaubten, sie könnten dort unerlaubt Einlass erlangen.

Doch für den gegenwärtigen Lord Ravencrest öffneten sich die Tore sofort. Sie öffneten sich ebenso bereitwillig für seine drei Gefangenen, von denen einer die Geschichten über Black Rook Hold kannte und sich Sorgen machte.

Malfurion hätte niemals geglaubt, dass er die dunkle Festung einmal unter solch düsteren Umständen betreten würde. Schlimmer noch, er hätte niemals gedacht, dass sein Zwilling verantwortlich für diese Tatsache sein würde. Im Verlaufe seiner Reise hatte er erfahren, dass Illidan, der auf einmal in Lord Ravencrests Diensten stand, Rhonins Zauber entdeckt hatte. Mit der Hilfe von Malfurions Bruder war der Kommandant der Nachtelfen mit seinen Soldaten losgeritten. Dieses Mal wollte er die Eindringlinge nicht davonkommen lassen.

Er war angenehm überrascht gewesen, Brox zu sehen … und mehr als erstaunt, Illidans Zwilling bei ihm zu entdecken.

Lord Ravencrest inspizierte seine Beute in einer fünfeckigen Kammer, die von glitzernden Smaragdkristallen erhellt wurde. Der Kommandant saß auf einem Stuhl, aus dem gleichen Stein gefertigt, wie seine Festung. Der Stuhl stand auf einem ebenfalls steinernen Sockel, sodass Ravencrest von seiner erhöhten Position aus selbst sitzend auf seine Gefangenen herabblicken konnte.

Bewaffnete Soldaten standen an den Wänden der Kammer verteilt, weitere umringten Malfurion und seine Begleiter. Neben Ravencrest standen seine höchsten Offiziere. Sie hatten ihre Helme in die Armbeugen geklemmt. Zur Rechten des Adligen wartete Illidan.

Ebenfalls anwesend waren zwei hochrangige Mitglieder der Mondgarde. Sie waren spät eingetroffen, zur gleichen Zeit etwa, als der Kommandant seine Gefangenen durch das Tor geführt hatte. Die Mondgarde hatte Rhonins Zauber ebenfalls bemerkt, aber ihre Spione hatten sie über Ravencrests Trupp informiert, bevor sie die Gelegenheit hatten, eigene Soldaten zu entsenden. Die Zauberer waren nicht eben erfreut über die Taten des Adligen und die Anwesenheit von Illidan, der in ihren Augen Magie ohne Berechtigung anwandte.

»Noch einmal muss ich Euch bitten, Lord Ravencrest …«, begann der Dünnere und Ältere der beiden Mondgardisten, ein aufgeblasener Zauberer namens Latosius, »… uns diese Fremden zum Verhör zu übergeben.«

»Ihr hattet den Tiermann bereits und habt ihn wieder entkommen lassen. Er sollte ohnehin zu mir gebracht werden. Auf diese Weise kürzen wir den ganzen Vorgang also lediglich ab.« Der Adlige betrachtete das Trio. »Hier geht es um größere Dinge, als es auf den ersten Blick den Anschein haben mag. Illidan, du weißt bestimmt mehr.«

Malfurions Bruder wirkte nervös, antwortete aber ohne zu zögern. »Ja, Milord. Er ist mein Bruder.«

»Das ist so offensichtlich wie Tag und Nacht.« Er sah den gefangenen Zwilling an. »Ich weiß etwas über dich, so wie ich auch etwas über deinen Bruder weiß. Dein Name ist Malfurion, richtig?«

»Ja, Milord.«

»Du hast diese Kreatur gerettet?«

»Das habe ich.«

Der Kommandant beugte sich vor. »Und du hast einen guten Grund dafür? Einen, der diese verräterische Tat gar entschuldigen würde?«

»Ich bezweifle, dass Ihr mir glauben würdet, Milord.«

»Oh, ich bin bereit einiges glauben, mein Junge«, antwortete Lord Ravencrest ruhig und strich über seinen Bart. »So lange jemand die Wahrheit erzählt. Wirst du das tun?«

»Ich …« Malfurion wusste, dass er keine andere Chance hatte. Früher oder später würde man eine Methode finden, um ihm die Wahrheit zu entreißen. »Ich versuche es.«

Und so berichtete er von seinen Studien bei Cenarius, was ihm etliche zweifelnd hochgezogene Augenbrauen einbrachte. Er sprach über seinen wiederkehrenden Traum und darüber, dass der Halbgott ihn gelehrt hatte, die Welt der Träume zu durchwandern. Vor allem erzählte er jedoch von den gefährlichen Mächten, die ihn nach Zin-Azshari zogen, zum Palast der von allen Nachtelfen verehrten Königin.

Sie hörten interessiert zu, als er von der Quelle sprach und von den Turbulenzen, die die Zauberer im Palast erzeugten. Für Ravencrest und die Mondgarde ließ er ein Bild des Turms und der Dinge entstehen, die er im Inneren spürte.

Nur eines erwähnte er nicht, da es in seinem Bericht auch so schon offensichtlich wurde, nämlich seine Furcht, dass Königin Azshara all das billigen könnte.

Ravencrest kommentierte seine Darstellung nicht. Stattdessen blickte er zur Mondgarde. »Sind Eurem Orden solche Probleme aufgefallen?«

Der ältere Zauberer antwortete: »Die Quelle ist aufgewühlter als sonst, was tatsächlich von einem Missbrauch rühren könnte. Wir haben Zin-Azshari nicht auf die beschriebenen Aktivitäten hin untersucht, aber eine so unglaubliche Geschichte …«

»Ja, sie ist unglaublich.« Der bärtige Kommandant wandte sich an Illidan. »Was sagst du zu deinem Bruder und seinen Behauptungen?«

»Er hat noch nie unter Halluzinationen gelitten, Milord.« Illidan sah Malfurion nicht an. »Aber ob er die Wahrheit spricht …«

»Genau. Allerdings würde ich es Lord Xavius und den Hochgeborenen zutrauen, dass sie sich ohne das Wissen der Königin auf irgendeine Teufelei eingelassen haben. Sie taten schon immer, als sei die Quelle ein Schatz, den sie mit niemandem zu teilen bereit sind.«

Sogar die Mondgarde stimmte diesen Worten nickend zu. Die Arroganz des Lord-Beraters und der Personen rund um Azshara war allseits bekannt.

»Wenn ich auch etwas sagen dürfte …«, ergriff Latosius das Wort. »Sobald wir die Angelegenheit hier beendet haben, werde ich die Führer unseres Ordens informieren. Sie werden die Hochgeborenen und ihre Aktivitäten einer unverzüglichen Überprüfung unterziehen.«

»An dem Ergebnis wäre ich sehr interessiert. Junger Malfurion, deine Geschichte – von der wir annehmen, dass sie größtenteils der Wahrheit entspricht – erklärt einige deiner Taten, aber nicht, weshalb du einen Gefangenen deines Volkes befreit und damit ein schweres Verbrechen begangen hast …«