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»Weißt du etwas über diese Bereiche der Stadt’?«, fragte Krasus seinen Begleiter.

»Ein wenig. Ich glaube, die Anwesen, die durch Mauern mit dem Palast der Königin verbunden sind, gehören denen, die man ›Hochgeborene‹ nennt. Sie gelten als die Höchsten der Nachtelfen und stehen alle irgendwie im Dienst ihrer Majestät Azshara.«

»Dreh eine Runde darüber.«

Korialstrasz folgte seiner Bitte. Krasus betrachtete die Gegend und fand seinen Verdacht erhärtet. Die Anwesen, in denen die königlichen Hochgeborenen lebten, waren von der monströsen Katastrophe vollständig verschont geblieben.

»Im Nordwesten bewegt sich etwas, Krasus.«

»Flieg dorthin. Schnell!«

Er musste seinen Begleiter nicht ermuntern, denn Korialstrasz suchte ebenso sehr nach Antworten wie er. Das war auch nicht verwunderlich, wenn man bedachte, dass sie ein und die selbe Person waren.

Nun sah auch Krasus, was der Drache mit seiner überlegenen Sehkraft vor ihm bemerkt hatte. Wimmelnde Bewegung ergoss sich wie ein Heer von Heuschrecken über die Stadt. Korialstrasz ging noch tiefer, um einzelne Gestalten unterscheiden zu können.

Für Krasus war es die Rückkehr des Bösen.

Die Brennende Legion marschierte durch Zin-Azshari und hinterließ ein Bild des Grauens. Gebäude fielen bei ihrem Angriff. Da gab es die großen, brutalen Feiwachen mit ihren Streitkolben und Schilden. Infernale ohne Verstand brachen durch Steinmauern und sonstige Hindernisse. In ihrer Nähe schwebten große, geflügelte Wesen mit brennenden grünen Schwertern, Rüstungen aus Lava und tönernen Füßen … die Wächter der Verdammnis.

An der Spitze der Horde sah Krasus die hundeartigen Feibestien, die der Legion stets vorauseilten. Sie wirkten besonders aktiv. Ihre Nasen reckten sich nicht nur schnuppernd in die Höhe, auch ihre gefährlichen Tentakel peitschten unablässig.

Und dann sah der Magier, was die Legion jagte.

Flüchtlinge liefen durch das Zentrum der Stadt. Familien und einzelne Nachtelfen kämpften sich verzweifelt durch die engen Gassen. Hinter ihnen befand sich ein kleiner Trupp bewaffneter Soldaten und in Roben gehüllter Gestalten – die Krasus für die legendäre Mondgarde hielt –, die gemeinsam versuchten, die Dämonen aufzuhalten.

Während sie sich näherten, versuchte ein Angehöriger der Mondgarde, einen Zauber zu weben. Doch als er sich ohne Deckung vor die Angreifer stellte, fiel auch er ihnen zum Opfer. Eine Feibestie sprang vor und landete unmittelbar vor ihm. Ihre Tentakel schossen mit ungeheurer Geschwindigkeit vor. Sie hefteten sich an die Brust des Zauberers und hoben ihn in die Luft.

Bevor ihm jemand zu Hilfe eilen konnte, wurde dem sich windenden Mondgardisten seine magische Kraft entrissen. Zurück blieb nur eine tote, verdorrte Hülle.

Der rote Drache brüllte. Selbst wenn Krasus es gewollt hätte, hätte er sein jüngeres Ich nicht von einem Angriff abhalten können. Außerdem ließen seine Erinnerungen an ähnliche Massaker den Magier schweigen. Zu viele waren bereits durch die Brennende Legion gestorben. Zwar war Korialstrasz nur wegen Krasus’ Einmischung an diesen Ort gelangt, aber das interessierte den Magier nicht mehr. Er hatte versucht, weitere Störungen der Zeitlinie zu verhindern, doch nun war es genug.

Die Zeit des Widerstands war gekommen.

Als Korialstrasz an den vorderen Rängen der dämonischen Armee vorbei flog, stieß er eine große Stichflamme hervor. Die Feuerlanze verschlang nicht nur die Feibestie, die den Zauberer getötet hatte, sondern viele Angehörige des Rudels, das ihr folgte. Winselnd zogen sich die wenigen Überlebenden mit versengtem Fell zurück.

Viele vergingen sofort. Einige der stärkeren Feiwachen kämpften sich durch die Flammen, brachen jedoch schwer verwundet zusammen. Ein brennender Infernaler versuchte, das Drachenfeuer zu ersticken und rannte, als das nicht gelang, kopfüber in ein Gebäude. Nur Sekunden später brach auch er zusammen.

Selbst die Brennende Legion hatte der reinen Macht eines Drachen nichts entgegen zu setzen, doch das machte sie keineswegs wehrlos. Aus ihren Rängen stiegen plötzlich mehrere Wächter der Verdammnis auf. Krasus bemerkte sie als Erster, erkannte die Gefahr und sprach einen Zauber.

Starke Winde brandeten gegen die vorderen Dämonen und schleuderten sie gegen andere. Die Wächter kollidierten miteinander und gerieten ins Straucheln.

Korialstrasz atmete ein zweites Mal aus.

Fünf der geflügelten Dämonen stürzten als brennende Geschosse zu Boden und richteten weiteren Schaden unter der Legion an.

Die anderen Wächter sammelten sich. Weitere stiegen auf und verdoppelten ihre Zahl.

Korialstrasz wollte sich ihnen stellen, aber Krasus spürte erste Zeichen der Schwäche. Alexstrasza hatte erklärt, dass sie zusammen beinahe komplett seien – aber eben doch nicht ganz. Der ständige Einsatz brauchte ihre Stärke schneller auf als sie gedacht hatten. Der Drache flog bereits langsamer, obwohl es ihm selbst nicht auffiel.

»Wir müssen weg!«, sagte Krasus.

»Und den Kampf aufgeben? Niemals!«

»Die Flüchtlinge sind dank unserer Hilfe entkommen!« Die Verzögerung hatte ausgereicht, um den Nachtelfen die Flucht ins Umland zu ermöglichen. Krasus war sich sicher, dass die Legion sie nicht mehr erreichen würde. »Wir müssen die Neuigkeiten denen überbringen, die mehr ausrichten können. Wir müssen unseren eigentlichen Weg fortsetzen!«

Krasus bedauerte, dass er so handeln musste, denn in seinem Herzen wollte er all diese Dämonen zu Asche verbrennen. Doch noch während er dies dachte, stiegen bereits weitere in den Himmel auf, um gegen den Drachen zu kämpfen.

Mit einem Aufschrei spie Korialstrasz eine weitere Feuerlanze aus. Sie vernichtete drei Wächter der Verdammnis und ließ die anderen ausweichen. Anschließend drehte sich der rote Drache um und flog davon. Trotz seiner Erschöpfung ließ er die Legion weit hinter sich zurück.

Als sie wieder am Palast vorbei flogen, bemerkte Krasus zu seinem Entsetzen, dass weitere Dämonen aus den Toren stürmten. Verstörender aber war noch der Anblick der Nachtelfen-Wachen, die auf den Türmen standen und sich nicht um die Not der Bürger zu kümmern schienen.

Krasus hatte eine solche Gleichgültigkeit im Angesicht von so viel Entsetzen schon einmal gesehen. Während des zweiten Krieges hatte es Nachtelfen gegeben, die ebenso gleichgültig gewirkt hatten. Sie erstarren unter dem wachsenden Einfluss der Dämonen! Die Lords der Legion müssen nahe sein – wenn nicht sogar schon hier.

Falls dem tatsächlich so war, fürchtete er um die Zukunft der Welt … und um ihre Vergangenheit.

Furchtbare Geräusche störten ihre Ruhe. Azshara hatte befohlen, man solle Musik aufspielen, um diese unangenehmen Klänge zu übertönen, aber das war den Harfen und Flöten nicht gelungen. Schließlich erhob sie sich und machte sich, begleitet von ihrer neuen Leibwache, auf den Weg durch den Palast.

Sie begegnete nicht etwa Lord Xavius zuerst, sondern Hauptmann Varo’then. Der Hauptmann fiel auf ein Knie und legte seine Faust auf sein Herz.

»Wundervollste Majestät …«

»Mein lieber Hauptmann, was ist die Ursache dieses ungebührlichen Lärms?«

Der narbenübersäte Nachtelf sah sie mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck an. »Vielleicht sollte ich Euch das besser zeigen.«

»Nun gut.«

Er führte sie auf einen Balkon, von dem aus das Zentrum der Stadt zu überblicken war. Azshara benutzte ihn sonst nur für öffentliche Reden. Sie bevorzugte die Aussicht auf ihre extravaganten Gärten oder die Quelle der Ewigkeit.

Doch der Anblick, der sich der Königin nun bot, war nicht der gewohnte. Azsharas goldene Augen nahmen das Bild der Stadt auf, sahen die zerstörten Häuser, die endlosen Feuer und die Leichen auf den Straßen. Sie blickte zu ihrer Rechten, wo die von Mauern umschlossenen Anwesen der Hochgeborenen unbeschadet standen.

»Erklärt mir das, Hauptmann Varo’then.«

»Der Berater hat mir gesagt, dass sie sich als unwürdig erwiesen hätten. Um eine vollkommene Welt zu errichten, muss alles Unvollkommene hinweggespült werden.«