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Unter größten Anstrengungen hatten die Zauberer ihr Werk begonnen. Er hatte in der Mitte gestanden, während sie ihre letzten Kräfte sammelten. Die Welt hatte sich um ihn herum aufgelöst …

… und im Verschwinden sah er noch, wie monströse Hunde die Gruppe ansprangen …

»Ich bin nördlich von hier gelandet, Milord, verletzt, aber lebend. Einige Zeit verging, bis ich einen Außenposten fand, wo ich einen Nachtsäbel erhielt … und dann bin ich so schnell wie möglich hierher geritten.«

Schockiert ließ sich Ravencrest zurücksinken. »Und der Palast? Liegt der Palast auch in Trümmern? Sind alle dort getötet worden?«

Der Bote zögerte, dann sagte er: »Milord, es standen Wachen auf den Mauern. Sie beobachteten die Leute, bevor sich die Tore öffneten … und sie beobachteten die Monster, als sie herauskamen und uns abschlachteten.«

»Die Königin würde das niemals erlauben!«, rief ein Offizier. Einige nickten zustimmend, aber die meisten behielten ihre Meinung dazu für sich.

Der Kommandant hatte seine eigenen Ansichten über die Bedeutung der Botschaft. Mit grimmigem Gesichtsausdruck murmelte er: »Es ist also ganz so, wie wir dachten. Dies muss das Werk der Hochgeborenen sein.«

»Sie können doch nicht so wahnsinnig sein!«, widersprach Latosius. »Es stimmt, dass ihre Zauberer glauben, selbst der Mondgarde überlegen zu sein, aber sie sind immer noch Nachtelfen wie wir!«

»Das mag sein, aber ihre Arroganz kennt keine Grenzen!« Ravencrest schlug mit der Faust auf die Armlehne seines steinernen Sitzes. »Und vergesst nicht, dass die Hochgeborenen auf den Befehl von Lord-Berater Xavius hören!«

Rhonin hatte den Namen schon früher gehört, aber der Hass, mit dem er jetzt ausgesprochen wurde, überraschte ihn. Er beugte sich zu Malfurion hinab. »Wer ist dieser Xavius?«

Malfurion hatte sich mit der Hilfe seines Zwillingsbruders bereits etwas erholt. Mit Brox’ Unterstützung konnte er sich jetzt auf den Beinen halten. »Er flüstert der Königin Dinge ein. Er ist ihr engster Vertrauter und ein Rivale von Lord Ravencrest. Ich selbst zweifle nicht daran, dass Xavius eine zentrale Rolle spielt, aber das könnte er nicht ohne Azsharas Zustimmung. Sogar die Hochgeborenen verehren sie.«

»Das werden sie niemals glauben«, bemerkte Illidan. »Vergiss das erst einmal. Lass sie im Glauben, der Berater stecke dahinter. Letztes Endes werden ihre Entscheidungen die selben sein.«

Obwohl Rhonin Illidan nicht traute stimmte er mit dessen Einschätzung überein.

Und es schien, als habe man bereits entschieden, wer der Böse in diesem Spiel war. Ravencrest stand auf und begann Befehle zu brüllen. Seine Offiziere setzten ihre Helme so entschlossen auf, als wollten sie sofort der Hauptstadt entgegen reiten.

»Alle Angehörigen der Mondgarde, alle Zauberer mit ernstzunehmenden Fähigkeiten sollen sich so schnell wie möglich hier versammeln! Garo’thal! Entsende Boten zu jedem militärischen Posten und jedem Kommandanten. Wir müssen die Verteidigung organisieren – und tun, was getan werden muss!«

Latosius antwortete: »Wir müssen die Kontrolle über die Quelle zurück gewinnen. Waffen allein werden gegen diesen Feind nicht ausreichen. Ihr habt den Boten gehört!«

Der bärtige Adlige sah den Mondgardisten durchdringend an. »Ich hoffe, ich werde Zauberkraft erhalten, vor allem von Eurem Orden, aber wenn dem nicht so sein sollte, muss ich wohl mit den Waffen vorlieb nehmen müssen, oder?«

Plötzlich trat Illidan vor. »Milord, vielleicht kann ich Euch helfen. Ich verfüge noch über ein wenig Magie.«

»Prächtig! Die brauchen wir. Zin-Azshari muss gerächt und die Königin aus den Händen der Hochgeborenen befreit werden!«

Rhonin konnte nicht länger schweigen. Er hatte gesehen, was die Brennende Legion anzurichten vermochte. Obwohl sich all dies hier in seiner Vergangenheit abspielte, war er nicht in der Lage, den Unbeteiligten zu spielen, wie Krasus es erhofft hatte. Er spürte in sich immer noch das Vermögen, Zauber zu weben.

»Milord Ravencrest!«

Der Adlige sah ihn an, schien aber nicht zu wissen, was er mit Rhonin anfangen sollte. »Was willst du?«

»Ihr braucht einen Zauberer. Ich biete mich Euch an.«

Ravencrest wirkte unschlüssig.

Daraufhin ließ der Zauberer eine blaue Lichtkugel über seiner linken Handfläche entstehen. Es kostete ihn mehr Kraft als sonst, aber nicht so viel, dass es aufgefallen wäre.

Der Zweifel verschwand aus dem Gesicht des Kommandanten. »Gut, du bist uns willkommen.« Aus den Augenwinkeln schien er zu bemerken, dass Latosius widersprechen wollte. »Vor allem, da uns sonst nur wenig Vergleichbares angeboten wurde …«

»Wenn der Zauber, der uns von der Quelle trennt, beseitigt würde …«

»Wofür man Magie in beträchtlichem Maße brauchte, nicht wahr?«, fiel Ravencrest Latosius ins Wort. »Und wenn ihr über die verfügtet, Mondgarde, gäbe es das ganze Problem nicht!«

Als Malfurion dem Streit lauschte, sanken seine Hoffnungen. Solche Streitigkeiten halfen ihnen nicht weiter. Sie mussten handeln, aber da sie Lord Ravencrests Truppen kaum mit Magie unterstützen konnten, sah die Zukunft finster aus. Wenn nur …

Seine Augen weiteten sich. Vielleicht konnte er etwas tun.

So wie vor ihm schon Rhonin und sein Bruder, trat nun auch Malfurion nach vorne. Ravencrest musterte ihn ungläubig.

»Und was willst du jetzt? Willst du behaupten, dass du wie dein Bruder noch über Zauberei gebietest? Ich würde dich trotz deiner Verbrechen willkommen heißen …«

»Ich kann Euch keine Zauberei anbieten, wie Ihr sie kennt, Lord Ravencrest, wohl aber Magie anderer Art. Ich biete euch an, was mich mein Shan’do Cenarius lehrte.«

Latosius lachte spöttisch auf. »Ist das ein Witz? Die Lehren eines mythischen Halbgottes?«

Doch Ravencrest lehnte Malfurions Angebot nicht sofort ab. »Glaubst du wirklich, dass du uns helfen könntest?«

Der junge Nachtelf zögerte, dann sagte er: »Ja, aber nicht hier. Ich muss mich dafür an einen ruhigeren Ort begeben.«

Die Augenbrauen des Adligen zogen sich zusammen. »Ruhiger?«

Malfurion nickte. »Ich muss zum Tempel der Elune.«

»Der Tempel von Mutter Mond? An die hatte ich gar nicht gedacht. Wir brauchen natürlich ihre Unterstützung bei dieser Krise. Aber was willst du dort ausrichten?«

Malfurion Stormrage versuchte seine Unsicherheit zu verbergen. »Ich werde den Zauber beseitigen, der unsere Magier von der Quelle der Ewigkeit abschottet.«

20

Die Zukunft sah rosig aus – zumindest für Lord Xavius.

Seine Träume und Ziele waren zum Greifen nah, und der Erhabene zeigte sich zufrieden mit seiner Leistung. Dem Schildzauber, den er und Mannoroth initiiert hatten, war es nicht nur gelungen, alle außer den Hochgeborenen von der Macht der Quelle zu trennen, er hatte es ihnen auch ermöglicht, das Tor auszudehnen und zu stärken. In nur wenigen Stunden hatten es Hunderte Himmelssoldaten durchschritten.

Mannoroth hatte sofort das Kommando übernommen und sie ausgeschickt, um die Unreinen zu vernichten. Früher einmal hätte diese Idee Xavius entsetzt, doch jetzt stand er voll und ganz hinter Sargeras’ Methoden und Ansichten. Der Gott wusste schließlich am besten, wie er das perfekte Paradies, nach dem sich Xavius sehnte, erschaffen konnte. Hatte er nicht die Anwesen der Hochgeborenen komplett verschont? Die, die dem Palast dienten, würden ein neues Goldenes Zeitalter des Volkes der Nachtelfen erschaffen, eine Ära, die alles davor in den Schatten stellen würde.

Lord Xavius fühlte sich geehrt, dass er die Arbeit überwachen durfte, die all das ermöglichte. Er achtete sorgfältig auf das Gleichgewicht des Zaubers, der den Schild konstant hielt. Die Anstrengung, die dafür notwendig war, hatte selbst Mannoroth unterschätzt. Wenn der Zauber jetzt fehlschlug, würde ihnen nichts anderes übrig bleiben, als das Portal zu versiegeln und die vereinte Macht der hochgeborenen Zauberer zum Einsatz zu bringen.