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Die Nachricht vom Eintreffen der Verteidigungsstreitmacht hatte Lord Xavius nicht gelinde überrascht. Am Ausgang der Schlacht hegte er dennoch nicht den geringsten Zweifel. Er beobachtete, wie ein Himmelskrieger des Erhabenen nach dem anderen aus dem Portal trat und war überzeugt, dass keine Armee ihnen lange Widerstand würde leisten können. Bald schon würden die Unvollkommenen aus der Welt getilgt sein.

Mannoroth führte die Legion gegen die Narren an, während Hakkar auf der Jagd war. Der Rest lag in Lord Xavius’ fähigen Händen. Er warf rasch einen Blick in eine Nische in der Nähe des Eingangs. Dort hatte er seine neueste Trophäe abgestellt. Sobald die Verteidiger besiegt waren, würde er sich mit seinem »Gast« beschäftigen. Im Moment allerdings hatte er noch dringlichere Dinge zu erledigen.

Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Portal, wo eine weitere Gruppe von Feibestien auftauchte. Sie erhielt ihre Anweisungen von dem riesigen Wächter der Verdammnis, den Mannoroth zurückgelassen hatte. Dann marschierten die Ankömmlinge ihren blutrünstigen Kameraden entgegen. Immer wieder hatte sich diese Szene in den letzten Minuten wiederholt, und mit jedem Mal wurde die Zahl der Krieger größer. Jetzt füllten sie schon fast den kompletten Raum.

Als der letzte Trupp Feibestien vorbeizog, vernahm Lord Xavius Sargeras’ ruhmreiche Stimme in seinem Kopf. Das Tempo zieht an … ich bin zufrieden.

Der Nachtelf kniete nieder. »Das ehrt mich.«

Es gibt bereits Widerstand.

»Das sind nur einige Unvollkommene, die das Unvermeidliche aufschieben wollen.«

Das Portal muss geschützt werden … es muss offen bleiben und noch weiter verstärkt werden. Bald … sehr bald … werde ich hindurch treten …

Das Herz des Beraters überschlug einen Takt. Der lange erwartete Moment rückte näher!

Er erhob sich und sagte: »Ich werde dafür sorgen, dass Euch der Weg bereitet wird! Das schwöre ich!«

Er spürte eine Welle der Zufriedenheit, dann verließ Sargeras seine Gedanken.

Lord Xavius wandte sich sofort dem Diagramm zu, das den Schildzauber ermöglichte. Er hatte es bereits untersucht, nachdem der Eindringling versucht hatte es zu zerstören, aber man konnte nie gründlich genug sein.

Ja, alles war in bester Ordnung. Xavius dachte an seinen »Gast« und die Dinge, die er tun würde, wenn Sargeras endlich aus dem Portal trat. Die Königin würde sicherlich zugegen sein, außerdem musste eine Ehrengarde organisiert werden. Darum würde sich Hauptmann Varo’then kümmern. Der Berater wollte der Erste sein, der den Himmelsherrscher begrüßte. Als Geschenk, so beschloss Xavius, würde er Sargeras den Kristall mitsamt seinem Inhalt überreichen. Schließlich gehörte er zu den dreien, die Mannoroth für wichtig genug hielt, um den Herrn der Hunde ein zweites Mal auf ihre Spur zu setzen. Wie dumm würde Hakkar aus der Wäsche schauen, wenn er zurückkehrte und feststellen musste, dass der Berater bereits einen von ihnen dingfest gemacht hatte.

Lord Xavius konnte es kaum erwarten, den Gefangenen Sargeras zu präsentieren. Er war neugierig, was genau der Gott mit dem jungen Narren anstellen würde …

Sein Alptraum endete nicht.

Malfurion schwebte in dem Kristall und starrte auf den kleinen Ausschnitt des Raums, den er einsehen konnte. Man hatte ihn auf einem Regal in einer kleinen Nische abgestellt. Dadurch konnte er den Bereich neben der Tür erkennen und den nicht abreißenden Strom von dämonischen Kriegern beobachten, die vorbeizogen und in deren Gesichtern nichts als der Tod geschrieben stand. Das zog ihm das Herz noch enger zusammen, wusste er doch, dass sie jeden Nachtelf erschlagen würden, den sie fanden – und das nur, weil es Malfurion nicht gelungen war, den Schild zu zerstören.

Obwohl seine Umgebung ihm nicht verriet, wie viel Zeit verstrich, glaubte Malfurion, dass seit seiner Gefangennahme mindestens zwei Nächte vergangen waren. In seinem Geistkörper schlief er nicht, was die Zeit noch länger erscheinen ließ.

Wie töricht er gewesen war! Malfurion kannte die Geschichten über Lord Xavius’ Augen, in denen es hieß, sie könnten die Schatten der Schatten erkennen, aber er hatte nie daran geglaubt. Es war ihm nicht in den Sinn gekommen, dass die Augen, die es dem Berater erlaubten, die natürlichen Kräfte der Zauberei zu erkennen, auch dazu benutzt werden könnten, um einen Geist in einem Raum aufzuspüren.

Wie Lord Xavius gelacht hatte!

Malfurion hatte anfangs versucht, seinem Kristallgefängnis zu entkommen, aber es widerstand allen Bemühungen. Er hatte versagt. Er hatte sich selbst, seine Freunde, sein Volk … ja, seine Welt im Stich gelassen.

Jetzt bot vermutlich nur noch Lord Ravencrests Armee den Dämonen die Stirn.

Er musste etwas unternehmen.

Malfurion wappnete sich und versuchte noch einmal das umzusetzen, was ihm Cenarius beigebracht hatte. Der Kristall war ein Teil der Natur und somit für seine Zauber empfänglich. Er ließ seine Hände über die Kanten gleiten und suchte nach einer Schwachstelle. Dazu benutzte er etwas Ähnliches wie einen Druidenzauber.

Doch er konnte nichts finden.

Malfurion schrie frustriert auf. Tausende würden seines Versagens wegen sterben. Illidan würde sterben. Brox würde sterben. Tyrande – Tyrande würde sterben.

Er sah ihr Gesicht klarer in seinem Geist als jedes andere. Malfurion stellte sich vor, wie groß ihre Sorge um ihn war. Er wusste, dass sie wahrscheinlich neben seinem Körper saß und darum bemüht war, ihn zurückzuholen. Der gefangene Nachtelf konnte beinahe ihre Stimme hören.

Malfurion …

Der Nachtelf erzitterte. Offenbar begann er bereits, den Verstand zu verlieren. Es überraschte Malfurion, dass dies bereits so frühzeitig geschah, andererseits war seine Situation mehr als prekär und forderte gewiss das Hinübergleiten in den Wahnsinn …

Malfurion – kannst du mich hören?

Erneut glaubte er, Tyrandes Stimme in seinen Gedanken zu hören. Er blickte aus seinem Gefängnis, um herauszufinden, ob Lord Xavius vielleicht versuchte, ihn geistig zu foltern. Aber der Berater war nirgends zu sehen.

Nach langem Zögern erwiderte er in seinen Gedanken schließlich: Tyrande?

Malfurion! Ich hatte die Hoffnung fast aufgegeben …

Er konnte es kaum glauben. Sie war zwar eine Priesterin der Elune, aber etwas Derartiges hätte auch ihre Fähigkeiten übersteigen müssen. Tyrande – wie hast du mich gefunden?

Mit Hilfe eines anderen … er sagt, er habe nach dir gesucht.

Die Einzigen, die Malfurion dazu einfielen, waren Rhonin und Brox. Tyrande kannte den Orc jedoch. Und Brox mochte ein tapferer Krieger sein, mit Magie hatte er nichts zu schaffen. Konnte also Rhonin dahinterstecken? Auch das ergab keinen Sinn, war der Zauberer doch angeblich mit Lord Ravencrest fort geritten.

Wer?, fragte er schließlich. Wer?

Mein Name ist Krasus.

Der plötzliche Wechsel verstörte Malfurion. Die Stimme klang wie keine, die er je vernommen hatte. Allerdings erinnerte sie ihn ein wenig an Cenarius. Dieser Krasus war auf keinen Fall ein Nachtelf, sondern viel, sehr viel mehr.

Spürst du uns noch?, fragte die neue Stimme.

Das tue ich … Krasus.

Ich habe Tyrande gezeigt, wie sie die Verbindung zwischen euch nutzen kann, um deinen Geistkörper zu erreichen. Das ist nicht einfach, aber wir hoffen, dass wir es lange genug durchhalten, um dich zu befreien.

Befreien? Malfurion warf einen Blick aufs ein Gefängnis. Er bezweifelte, dass das möglich war.

Ja, das ist eine listige Falle, fuhr Krasus überraschend fort. Anscheinend konnten sie mittels die Verbindung sehen, wo ihn Lord Xavius gefangen hielt. Aber damit habe ich Erfahrung.

Malfurion begann, neue Hoffnung zu schöpfen. Was müssen wir tun?

Da wir deinen Körper bewegt haben – Ihr habt was getan? Sie hatten seinen Körper bewegt? Das Risiko war …