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»Milord!«, schrie einer der Zauberer. »Sollen wir –«

»Unternehmt nichts! Widmet euch nur eurer Aufgabe. Achtet darauf, dass das Portal geöffnet und der Schildzauber funktionsfähig bleibt. Ich kümmere mich um den unsichtbaren Eindringling!«

Xavius bereitete einen weiteren Zauber vor. Malfurion blieb jedoch nicht untätig. Er drehte sich um und lief aus dem Raum, wurde von den Wachen noch nicht einmal bemerkt, als er durch die geschlossene, äußere Tür brach.

Der wütende Berater folgte ihm. »Öffnet die Tür!«

Die Wachen gehorchten. Xavius eilte aus dem Raum und folgte seinem Gegner die Treppe hinunter.

Malfurion hatte die Treppe allerdings gar nicht benutzt. Er befand sich in der Innenmauer des Turmes. Dort konnte er unbemerkt vom Lord-Berater abwarten, bis sich der Aufruhr legte.

Sodann kehrte Malfurion in die Kammer zurück und schwebte zum Diagramm. Er musste es schnellstens zerstören, bevor die Hochgeborenen es verstärken konnten.

Aber als er danach griff, spürte er ein vertrautes mulmiges Gefühl. Malfurion erschauderte und blickte fast gegen seinen Willen zum Portal.

Du wirst den Schild nicht berühren!, sagte die furchtbare Präsenz inmitten seines Geistes. Du willst es nicht. Du willst nur mir dienen … mich anbeten …!

Malfurion kämpfte gegen den Zwang an, der Stimme zu gehorchen. Er wusste, was mit einem jeden geschehen würde, wenn der, der zu ihm sprach, erst einmal die Welt betrat. All das Böse, das die Dämonen bisher über die Welt gebracht hatten, war nichts im Vergleich zu ihrem Herrn.

Ich werde … werde nicht zu deinem Werkzeug! Malfurion schrie beinahe, so sehr strengte es ihn an, den Blick von dem Portal abzuwenden.

Er spürte die Wut des anderen, während er um Atem rang. Das Böse konnte ihn nicht direkt angreifen, es vermochte nur mit seinen Gedanken zu spielen. Malfurion musste ihn ignorieren, musste sich stattdessen auf seine Freunde konzentrieren und darauf, was sein Versagen für sie alle zur Folge hätte.

Nur ein paar Augenblicke …

Sein Geistkörper krümmte sich zusammen, wurde plötzlich von entsetzlichem Schmerz durchdrungen. Er fuhr herum, brach in die Knie.

»Keine weiteren Spiele«, murmelte Lord Xavius, der im Türrahmen stand. Neben ihm suchten mehrere verwirrte Wachen vergeblich nach dem Eindringling, zu dem er sprach. »Keine weiteren Halbkatastrophen! Ich werde deinen Geist zerfetzen, dein Innerstes über die Welt verteilen … und erst dann werde ich dich dem Erhabenen überreichen, damit er mit dir anstellen kann, was immer ihm beliebt …«

Mit dieser Drohung zeigte er auf Malfurion.

Die Brennende Legion drängte die Reihen der Nachtelfen immer weiter zurück. Lord Ravencrest führte seine Soldaten so gut er es vermochte, aber sie konnten die Stellung nicht halten.

Ein Rammbock, von Rhonin erschaffen, prallte gegen die Dämonen. Er fegte einige zur Seite und grub sich tief in die Horde. Ihr Angriff geriet an dieser einen Stelle ins Stocken, aber an allen anderen rückte die Legion weiter vor.

Irgendwo schrie Lord Ravencrest Befehle. »Verstärkt die rechte Flanke! Bogenschützen! Kümmert euch zuerst um die geflügelten Wesen! Latosius, wo bleibt deine Mondgarde?«

Es war nicht genau auszumachen, ob der oberste Zauberer die Frage gehört hatte, aber die Mondgarde blieb, wo sie war. Latosius stand vor ihnen und befahl seinen Zauberern, auf die unterschiedlichen Situationen zu reagieren. Rhonin verzog das Gesicht. Der alte Nachtelf verstand nichts von Taktik. Er vergeudete die geringe Kraft seiner Gruppe auf wirkungslose Einzelangriffe, anstatt sie zu einem großen Zauber zusammenzufassen.

Auch Illidan bemerkte dies. »Der verfluchte alte Narr verschwendet ihre Möglichkeiten! Ich könnte sie besser anleiten.«

»Vergiss sie und konzentriere dich auf deine eigene Magie.«

Der Zauberer hatte den Satz noch nicht beendet, als Latosius plötzlich taumelte und sich an die Kehle griff. Er ging in die Knie. Blut quoll aus seinem Mund. Seine Haut wurde schwarz, als er tot zusammenbrach.

»Nein!« Rhonin blickte suchend nach vorne, entdeckte den Kriegszauberer und zeigte auf ihn. Er benutzte den gleichen Trick, den vielleicht sogar dieser Dämon vorher angewandt hatte und griff mit einem Zauber nach einigen der fliegenden Pfeilen. Sie wurden umgelenkt und schossen dem Kriegszauberer entgegen. Der sah auf, entdeckte sie und begann zu lachen. Mit einer Handbewegung erschuf er etwas, das Rhonin für einen Verteidigungsschild hielt.

Der Eredar stellte sein Gelächter jäh ein, als die Pfeile nicht nur seinen Schild, sondern auch seinen Oberkörper durchschlugen.

»Bist wohl nicht so stark, wie du dachtest«, murmelte der Zauberer mit grimmiger Zufriedenheit.

Rhonin drehte sich zu Illidan um, doch dieser stand nicht mehr neben ihm. Er entdeckte den jungen Nachtelf, wie er im wilden Galopp der Mondgarde entgegen ritt. Die Zauberer waren ohne ihren Anführer völlig in Aufruhr.

»Was will er …?« Aber Rhonin hatte keine Zeit, sich um seinen Beinahe-Schüler zu sorgen, denn er war plötzlich von fürchterlicher Hitze umgeben. Es fühlte sich an, als würde seine Haut schmelzen.

Die Eredar-Kriegszauberer hatten also doch gemerkt, dass die größte Gefahr von ihm ausging. Mehr als einer schien ihn anzugreifen. Es gelang ihm, genügend Stärke zu sammeln, um die Hitze ein wenig zu mildern, mehr aber auch nicht. Nach und nach würden sie ihn bei lebendigem Leibe rösten.

Das war es also. Er würde hier sterben, ohne jemals zu erfahren, ob seine Beteiligung an der Schlacht dafür sorgte, dass die Geschichte einigermaßen intakt blieb, oder ob er sie damit erst vollends aus den Fugen geworfen hatte …

Dann nahm der furchtbare Druck, der auf ihm lastete, plötzlich ab. Rhonin reagierte instinktiv und setzte seine Magie ein, um den gegnerischen Zauber komplett zu zerstören. Sein Blick wurde klar, und er fand den Hauptschuldigen.

»Du magst Feuer? Ich bin eher für etwas Kühleres.«

Der Zauberer kehrte den Spruch seines Gegners um und sandte ihm eine machtvolle Kältewelle entgegen.

Rhonin spürte, wie der Frost den Kriegszauberer übermannte. Der Eredar erstarrte, seine Haut wurde weiß. Sein Gesichtsausdruck fror ihm schmerzverzerrt ein.

Eine der Feibestien prallte gegen den Kriegszauberer. Die gefrorene Gestalt kippte und zerschellte auf dem Boden. Splitter dämonischen Eises verteilten sich über das Schlachtfeld.

Rhonin rang nach Atem und blickte zur Mondgarde, in die Richtung, aus der Beistand gekommen war. Seine Augen weiteten sich, als er Illidan an ihrer Spitze sah.

Der junge Nachtelf lächelte ihm zu und widmete sich dann wieder dem Kampf. Er dirigierte die altgedienten Zauberer, als sei er dazu geboren. Illidan fasste ihre Stärke zusammen und potenzierte sie noch durch seine eigene. Dann sammelte er alle Macht in sich und fokussierte sie.

Eine Explosion in der Mitte der Brennenden Legion tötete zahlreiche Dämonen. Illidan brüllte triumphierend, dabei entging ihm die Erschöpfung auf den Gesichtern der anderen Zauberer. Er hatte ihre Kräfte perfekt ausgespielt, aber wenn er diesen Vorgang noch einige Male wiederholte, würde die Mondgarde nicht mehr lange bestehen.

Doch es war Rhonin unmöglich, Illidan darauf hinzuweisen. Er war sich noch nicht einmal sicher, ob er das sollte. Falls diese Verteidigungsfront fiel, was blieb ihnen dann noch?

Wenn doch nur Malfurion nicht versagt hätte …

Mannoroth betrachtete das Schlachtfeld voller Zufriedenheit. Seine Armee fegte über das Land hinweg und stieß nur noch an einem Punkt auf Widerstand, dort wo die nutzlosen Bewohner dieser Welt sich zusammengerottet hatten, um der Legion im Kampf entgegenzutreten.

Es gefiel ihm, dass sie die Schlacht schon so früh suchten. Wenn sie besiegt waren, konnte sein Herr Sargeras endlich die Welt betreten. Sargeras würde das, was sie in seinem Namen bewirkt hatten, mit Wohlwollen betrachten. Er würde Mannoroth belohnen, war ihm dieser Sieg doch ganz ohne Archimondes Hilfe gelungen.