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Skar begann ungeschickt rücklings vor dem Hund davonzukriechen, zur Mitte der Lichtung und dem Feuer hin. Das schwarze Ungeheuer folgte ihm, langsam, mit zögernden, aber ungemein kraftvollen Bewegungen, immer gerade außerhalb der Reichweite seines Schwertes, und ohne die Waffe auch nur eine Sekunde aus dem Blick zu verlieren. Es war nicht das erste Mal, daß der Hund einem Mann mit einem Schwert in der Hand gegenüberstand, begriff Skar. Wahrscheinlich war er lange und ausdauernd trainiert worden, um gerade mit solchen Gegnern fertig zu werden.

Skar kroch weiter, richtete sich vorsichtig auf und spürte Hitze wie eine schmerzhaftprickelnde Berührung im Rücken. Er hatte das Feuer erreicht. Behutsam verlagerte er sein Körpergewicht, bis er halb aufrecht saß, das verletzte Bein schützend unter den Körper gezogen. Die Spitze des Tschekal deutete weiter auf einen Punkt direkt zwischen den Augen des Hundes, während seine freie Hand im Schnee grub, nach einem Stein oder irgend etwas suchte, was er nach dem Tier schleudern konnte, um seine Aufmerksamkeit für einen Sekundenbruchteil von der Waffe abzulenken. Eine Sekunde, dachte er verzweifelt. Er brauchte eine Sekunde, die Dauer eines Lidzuckens - oder eines schnellen, mit aller Kraft geführten Stiches.

Der Hund gab sie ihm nicht. Er knurrte drohend, bewegte sich vor Skar auf und ab und suchte nach einer Lücke in seiner Deckung, irgendeiner Blöße, die er sich gab. Seine Lefzen waren so weit hochgezogen, daß Skar sein rosiges Zahnfleisch erkennen konnte - und die fast fingerlangen, dolchspitzen Reißzähne, die nur darauf warteten, sich in seine Kehle zu graben. Die Pfoten des Tieres wühlten im Schnee, suchten nach festem Halt, um sich abzustoßen.

Hätte er noch die Kraft dazu gehabt, hätte er vielleicht gelacht - er hatte einen Satai besiegt und drei gigantische Quorrl, und dieser verdammte Hund würde ihn jetzt töten, wenn kein Wunder geschah! Es war absurd.

Der Hund kam näher. Seine nackte Rute peitschte nervös. Geifer troff aus seinem Maul und vermischte sich mit dem Blut im Schnee. Jeder Muskel im Leib des Hundes war angespannt. Aber er sprang noch nicht. Er war klug, dachte Skar; viel klüger als jeder andere Hund, dem er bisher begegnet war. Der Mann, der ihn trainiert hatte, mußte ein wahrer Meister seines Faches gewesen sein.

Endlich ertastete seine suchende Hand Widerstand. Er spürte Hitze, zog die Finger instinktiv zurück und griff noch einmal zu, ohne auf den Schmerz zu achten. Der Hund legte zornig die Ohren an den Schädel, als er den brennenden Ast sah, den Skar aus dem Feuer zerrte. Er spürte die Gefahr.

Vorsichtig richtete Skar sich auf, so weit es sein verletztes Bein zuließ, breitete die Arme aus und schwenkte den brennenden Ast vor dem Gesicht des Hundes hin und her; gleichzeitig bewegte sich das Tschekal in seiner Rechten ein Stück nach oben, fort aus dem direkten Blickwinkel des Tieres und in eine Richtung, aus der es keinen unmittelbaren Angriff erwarten würde. Dann begann er, die improvisierte Fackel langsam von rechts nach links zu schwenken.

Der Trick funktionierte nicht. Der Hund fiel nicht darauf herein. Sein Blick folgte zwar dem brennenden Stock, aber er wich gleichzeitig ein Stück zurück - lange nicht so weit, daß er Skar nicht mehr mit einem einzigen Satz erreichen konnte, aber weit genug, um aus der Reichweite des Schwertes zu sein.

Skar fluchte lautlos in sich hinein. Wäre sein Bein in Ordnung gewesen, hätte er einen Sprung riskiert. Aber so...

Er senkte den brennenden Stock ein wenig. Der Hund knurrte, sprang auf ihn zu und prallte mitten in der Bewegung zurück, als Skar die Fackel wieder hob und nach seiner Schnauze stieß. Ein paar glühende Funken berührten seine empfindliche Nase. Das Tier heulte auf, sprang zur Seite - und federte mit einer schier unmöglichen, verdrehten Bewegung auf Skar zu, wie eine mißgestaltete Katze mit gekrümmtem Buckel direkt aus dem Stand hochspringend, die Vordertatzen weit ausgestreckt, um ihn zu Boden zu stoßen.

Skar warf sich zur Seite, bog verzweifelt den Kopf zurück und schlug gleichzeitig mit Stock und Schwert zu. Seine Fackel verfehlte den Hund, aber das Schwert traf seinen Hinterlauf und trennte ihn dicht über der Pfote ab. Aus dem aggressiven Knurren des Hundes wurde ein schrilles, schmerzgepeinigtes Jaulen. Warmes Blut besudelte Skars Beine.

Aber im gleichen Moment trafen seine Tatzen Skars Brust mit der Wucht von Faustschlägen. Ein gewaltiges, zahnbewehrtes Maul klappte vor Skars Augen zu wie eine Bärenfalle, dann begrub ihn der Hund mit seinem gesamten Körpergewicht unter sich, nagelte seine Schultern mit Pranken am Boden fest und schnappte abermals nach seiner Kehle. Diesmal rissen die mörderischen Zähne ein Stück Haut aus seinem Hals.

Skar ließ seine Waffe fallen, packte den häßlichen Hundeschädel mit beiden Händen und drückte ihn mit aller Gewalt zurück. Gleichzeitig versuchte er das Knie anzuziehen, um es dem Ungeheuer in den empfindlichen Leib zu stoßen; sein linker, unverletzter Fuß trat nach dem verstümmelten Hinterlauf des Ungeheuers. Aber der Hund war zu schwer, und sein gebrochenes Bein meldete sich mit wütenden Schmerzen.

Mit der Kraft der Verzweiflung drückte Skar den Kopf des Tieres zurück, mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger seine Lefzen zurückreißend, bis seine Mundwinkel rissen und Blut aus seiner Schnauze lief. Gleichzeitig versuchte er, mit den Mittelfingern nach den Augen des Hundes zu tasten, um sie auszudrücken. Die mörderischen Fänge waren noch zwei Handbreit von seinen Augen entfernt. Heißer, nach Aas stinkender Atem schlug Skar ins Gesicht. Der Hund brach immer wieder in den Hinterläufen zusammen, heißes, klebriges Blut lief an Skars Beinen herab; das des Hundes und sein eigenes, denn die unverletzte Tatze des Ungeheuers riß seine Haut auf wie mit Messern. Der Schmerz trieb ihn an den Rand der Besinnungslosigkeit.

Und er spürte, wie sich das geifernde Maul des Bluthundes wieder seiner Kehle näherte. Die Bestie tobte. Schmerz und Wut gaben ihr zusätzliche Kraft, und sie kämpfte wie ein rasendes Tier, das keine Rücksicht mehr auf sich selbst nahm. Langsam, aber unbarmherzig wurden seine Hände zurückgedrängt. Das Gewicht des Hundes begann ihm den Atem abzuschnüren. Skar riskierte alles. Noch einmal spannte er die Muskeln mit verzweifelter Kraft an, schob den schwarzen Schädel der Bestie ein winziges Stück zurück - und ließ los.

Die Bewegung kam für den Hund zu schnell. Wo wütender Widerstand gewesen war, war plötzlich nichts mehr. Mit einem schrillen, halb überrascht klingenden Jaulen schoß sein weit aufgerissenes Maul an Skars Schulter vorbei, grub sich in den Schnee und schnappte zu.

Skar fuhr hoch, ohne auf den entsetzlichen Schmerz in seinem Bein zu achten, drehte sich halb herum und schmetterte dem Hund den Ellbogen in den Nacken, präzise auf die Stelle, an der der Schädel ins Rückgrat überging. Ein scharfer Schmerz schoß durch seinen Arm, und ein häßliches Knirschen erklang, ein Laut wie das Brechen eines sehr dicken Astes. Der Leib des Hundes zuckte wie in einem Krampf. Urin und Kot liefen an Skars Beinen herab. Schrille, wimmernde Laute drangen aus dem Maul der Bestie.

Aber sie lebte immer noch.

Halb wahnsinnig vor Schmerz schleppte sich der Hund ein Stück davon, biß in blinder Raserei in die Luft und versuchte sich aufzurichten. Es ging nicht. Sein verstümmelter Hinterlauf knickte ein. Blut ließ den Schnee zu klumpigem Rot erstarren, und das Jaulen des Hundes steigerte sich noch mehr. Er wälzte sich herum, kroch, sein Körpergewicht nur mit den Vorderpfoten ziehend, auf Skar los und schnappte immer wieder zu. Sein Kopf pendelte haltlos hin und her, aber er lebte noch. Er würde sterben, aber Skar wußte, daß er ihn vorher erreichen und töten würde.

Irgendwoher nahm Skar noch die Kraft, zur Seite zu greifen und sein Schwert aufzunehmen. Aber die Klinge schien plötzlich Tonnen zu wiegen. Er hatte kaum mehr die Energie, sie zu heben. Ungeschickt stocherte er nach dem Hund, fügte ihm einen weiteren, klaffenden Riß in der Schnauze zu und spürte, wie ihm die Waffe aus der Hand geschlagen wurde. Der Hund kam näher. Seine Kiefer schnappten zu, öffneten sich wieder, schnappten wieder zu. Noch zwei- oder dreimal, und sie würden sich um seine Kehle schließen.