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Als er wieder sicher auf den Beinen stand, traf das Tschekal des Satai seinen Brustpanzer und spaltete ihn. Skar spürte, wie die Klinge seine Haut zerriß und von einer Rippe abprallte, sie dabei brach und in der rückwärtigen Bewegung noch einen tiefen, blutenden Schnitt in seinem Arm hinterließ, aber er unterdrückte den Schmerz, wandelte ihn in Jähzorn und diesen in Kraft um und führte einen gewaltigen, beidhändigen Hieb nach dem Hals des Angreifers. Er traf nicht, aber sein ungestümer Schlag zwang den Satai zum Rückzug, und Skar setzte sofort nach.

Er erkannte die Falle zu spät. Der Satai floh nicht, sondern ließ ihn in eine komplizierte, kaum mehr abzuwehrende Parade aus Schwerthieben und -stichen hineinlaufen. Wie durch ein Wunder gelang es Skar, der tödlichen Schneide des Tschekal immer wieder zu entgehen - aber dem simplen Fußtritt, den der Riese nachsetzte, nicht mehr.

Skar fiel. Mit entsetzlicher Wucht prallte er auf, riß instinktiv das Schwert über den Kopf und begriff den tausendsten Teil einer Sekunde zu spät, daß er zum zweiten Mal einen Fehler begangen hatte. Der Fuß des Satai traf ihn mit erbarmungsloser Kraft in die Seite und brach ihm eine weitere Rippe. Skar keuchte vor Schmerz. Er sah den Angreifer nur noch als verzerrten Schemen, stemmte sich mit einer Kraft in die Höhe, von der er selbst nicht mehr wußte, woher sie kam, und hob das Schwert. Das Schwert des Satai prallte funkensprühend gegen seine eigene Waffe und prellte sie ihm aus der Hand.

Skar erstarrte mitten in der Bewegung. Aber der Tod, auf den er wartete - den er herbeisehnte - kam noch immer nicht. Der Satai trat zurück, streckte den Arm weit zur Seite aus und ließ seine Waffe fallen.

»Steh auf«, sagte er kalt. »Ich töte keinen Mann, der am Boden liegt.« In seiner Stimme war nicht das mindeste Gefühl. Sie war wie aus Eis, kälter und schneidender als der Rand eines zerbrochenen Glases, und alles, was Skar darin hörte, war der unbezwingbare Wille zu töten.

Er erhob sich taumelnd, preßte die Hand auf seine linke Seite und spürte Blut und einen heftigen, lähmenden Schmerz.

Der Kampf ging weiter. Der andere gönnte ihm keine Pause, nicht die winzigste Rast; es gab nichts Ritterliches, Faires mehr in ihrem Kampf. Und er würde nicht mehr sehr lange dauern. Skar taumelte schon unter den ersten Hieben des schwarzhaarigen Riesen zurück. Wie durch ein Wunder gelang es ihm, den tödlichen Schlägen und Tritten immer wieder auszuweichen oder sie abzublocken, um ihnen wenigstens einen Teil ihrer entsetzlichen Kraft zu nehmen, aber der andere kämpfte mit der Wut eines tobsüchtigen Quorrl, rücksichtslos Skar und auch sich selbst gegenüber. Und er war schneller. Immer nur um eine Winzigkeit, Bruchteile von Sekunden, die den Beobachtern des Kampfes nicht einmal auffallen konnten, die aber am Ende entscheiden mußten. Skar wurde getroffen, traf selbst und taumelte unter einer fürchterlichen Kombination von Hieben und Tritten zurück, fiel, fegte in der gleichen Bewegung auch den Satai von den Beinen und sprang auf, wieder den Bruchteil einer Sekunde langsamer als der Hüne.

Wieder trennten sie sich. Skar wankte. Seine Kräfte ließen rapide nach, und sein Atem ging so schnell, daß seine Lungen brannten, während der andere noch keine Anzeichen von Ermüdung zeigte. Der nächste Zusammenstoß würde der letzte sein, das wußte er.

Er riskierte alles. Er wollte nicht mehr kämpfen, er wollte nicht gewinnen, sondern wartete auf den Tod, aber etwas in ihm war stärker als sein bewußter Wille. Instinkte und jahrzehntelang trainierte Reflexe übernahmen die Rolle seines bewußten Denkens. Mit einer Kraftanstrengung, die seine Muskeln schier zu zerreißen schien, stieß er sich ab, federte mit einem gellenden Kampfschrei auf den Satai zu, wie ein lebendes Geschoß waagerecht durch die Luft fliegend, das rechte Bein an den Körper gezogen, um mit erbarmungsloser Kraft zuzustoßen. Der Satai spreizte die Beine und drehte den Oberkörper leicht zur Seite. Seine Arme kamen hoch, um den Sprungtritt abzuwehren und Skar gleichzeitig zu Boden zu schleudern.

Aber Skar trat nicht zu.

Statt dessen vollführte er eine zweite, an sich völlig unmögliche Drehung im Sprung, wandelte den Tritt in einen gewaltigen, taumelnden Salto um und war plötzlich fast über dem Satai. Die Arme des anderen schlugen ins Leere, aber Skars Hände packten zu, krallten sich in sein Haar und sein Gesicht, um mit der ganzen furchtbaren Gewalt des Sprunges sein Genick zu brechen. Es gelang ihm nicht. Es ging zu schnell, als daß Skar wirklich sah, was der andere tat, aber mit einem Male war sein Griff leer. Ein entsetzlicher Schmerz pulsierte durch seine linke Hand, als drei seiner Finger auf einmal brachen. Hilflos und schreiend vor Schmerz und Überraschung flog er durch die Luft, prallte schwer auf dem Rücken auf und blieb benommen liegen. Es war unmöglich! dachte er. Unmöglich! Es konnte nicht sein! Es gab außer ihm nur einen Menschen auf der Welt, der diese Kampftechnik kannte, denn er hatte sie selbst entwickelt, und es gab nur einen Menschen außer ihm, der wußte, wie sie abzuwehren war, aber das war unmöglich. Der Zufall war zu groß, es konnte einfach nicht sein, nicht nach all der Zeit, nicht - Als er die Augen öffnete, war der Satai über ihm, auf ein Knie gestützt, die linke Hand wie eine Kralle über seinem Gesicht, die rechte zur Faust geballt an der Hüfte, bereit zum letzten, tödlichen Hieb, in dem all die Kraft seines Titanenkörpers liegen würde.

Aber er schlug nicht zu. Sein Gesicht war erstarrt, eine Maske aus Entsetzen und Unglauben, seine Augen weit und dunkel und voll eines Schreckens, der tiefer war als alles, was Skar jemals erblickt hatte.

Unmöglich! dachte er. Es war unmöglich! Nicht nach all der Zeit! Und doch...

Er versuchte, sich das Gesicht des Satai um zwanzig Jahre jünger vorzustellen. Das schwarze Haar, die starken, aber sehr ebenmäßigen Züge, deren Schnitt ihn ein wenig an das Antlitz seines Sohnes erinnerten, ohne daß es sein idiotisches Lächeln verzerrte, die dunklen Augen, die so gerne lachten, daß man oft vergaß, wie gefährlich und hart dieser Mann sein konnte... Del erkannte ihn im gleichen Moment.

»Skar?« Seine Stimme brach fast, sank zu einem Flüstern herab, und schwoll jäh zu einem Schrei an: »SKAR!!!«

Skar starrte ihn an. Gelähmt. Unfähig zu denken. Zu atmen. Irgend etwas zu tun. Nicht auch noch das. Bei allen Göttern, dachte er, nicht nach allem auch noch das!! Nicht Del! Nicht der einzige Freund, den er je gehabt hatte!

Und doch war es so. Nach allem war das Schicksal auch noch grausam genug zu diesem letzten, abgrundtief bösen Scherz. Der Kriegsherr der Satai, der Mann, der ausgezogen war, an der Spitze eines Heeres aus Quorrl und anderen Ungeheuern die Welt zu erobern, war Del.

»Skar! Das... das ist doch nicht möglich! Du bist Skar!« Dels Fäuste öffneten sich. Er begann zu zittern, fiel plötzlich auch auf das andere Knie herab und riß Skar an den Schultern in die Höhe, so grob, daß er vor Schmerz aufstöhnte. »Großer Gott, Skar!« schrie er. »Was hast du getan?!«

Ja, dachte Skar, was hatte er getan? Was hatte er getan, daß er am Ende auch noch das allerletzte verlieren mußte, was ihm geblieben war - die Erinnerung an einen Freund. Warum? Wenn er schon ein Werkzeug grausamer Götter sein mußte, warum taten sie ihm auch noch dies an, ehe er starb? Warum?!

Plötzlich wurde Del ganz ruhig. Fast behutsam ließ er Skar zurücksinken, ballte die Hände zu Fäusten und stieß ein tiefes, qualvolles Seufzen aus, ein Laut wie von einem gepeinigten Tier, das sterben wollte und es nicht konnte. »Du«, flüsterte er. »Du bist zurück. Nach all der Zeit. Du bist zurückgekommen. Warum, Skar? Warum hast du das getan?«