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Elayne nickte. »Ich glaube schon. Ich weiß nicht viel von den Prophezeiungen des Drachen, aber ein paar Sachen habe ich darüber gehört. Eines, woran ich mich gut erinnere, lautet: ›Am Hang des Drachenberges wird er geboren aus einer Frau, die mit keinem Manne vermählt ist.‹ Egwene, Rand sieht wie ein Aiel aus. Na ja, er sieht auch den Bildern von Tigraine ähnlich, die ich gesehen habe, aber sie verschwand, bevor er geboren wurde. Ich glaube auch kaum, daß sie seine Mutter gewesen sein kann. Ich glaube, Rands Mutter war eine Tochter des Speers.«

Egwene grübelte angestrengt, während sie neben Elayne herlief. Alles, was sie über Rands Geburt wußte, ging ihr durch den Kopf. Er war von Tam al'Thor allein aufgezogen worden, nachdem Kari al'Thor gestorben war. Wenn das stimmte, was Moiraine behauptete, konnten sie nicht seine wirklichen Eltern gewesen sein. Nynaeve hatte ein paarmal den Eindruck erweckt, sie kenne irgendein Geheimnis um Rands Geburt. Aber ich wette, ich könnte das nicht mal mit einer Gabel aus ihr herausstochern.

Sie holten Nynaeve ein. Egwene starrte düster vor sich hin, Nynaeve hatte den Blick starr geradeaus gerichtet, wohl auf Jurene und dieses Schiff hin, und Elayne betrachtete die beiden anderen wie ein paar schmollender Kinder, die sich um das größere Stück Kuchen gebalgt hatten.

Nach einer Weile nervösen Schweigens sagte Elayne schließlich: »Das hast du aber gut im Griff gehabt, Nynaeve. Die Heilung und auch alles andere. Ich glaube nicht, daß sie irgendeinen Zweifel daran hegten, daß du wirklich eine Aes Sedai bist. Oder in bezug auf uns alle.

Du hast die richtige Haltung gezeigt.«

»Ja, das hast du gut gemacht«, bestätigte auch Egwene nach einer Weile des Überlegens. »Das war das erste Mal, daß ich wirklich genau bei einer Heilung mit Hilfe der Macht zugesehen habe. Dagegen ist das Blitzeschleudern so leicht wie Kuchenbacken.«

Ein überraschtes Lächeln erschien auf Nynaeves Gesicht. »Danke schön«, murmelte sie. Dann langte sie herüber und zupfte ein wenig an Egwenes Haar, wie sie es oft getan hatte, als Egwene noch ein kleines Mädchen gewesen war.

Ich bin leider kein kleines Mädchen mehr. Der Augenblick ging vorüber, so schnell er gekommen war, und sie gingen schweigend weiter. Elayne seufzte laut.

Sie legten eine weitere Meile zurück oder etwas mehr, obwohl sie vom Ufer abbiegen mußten, um eine Reihe von Baumgruppen mit dichtem Unterholz zu umgehen. Nynaeve bestand darauf, sie von den Bäumen fernzuhalten. Egwene dachte, es sei närrisch zu glauben, daß sich noch mehr Aiel darin verbargen, aber sie machten trotzdem keinen großen Umweg, denn diese Dickichte waren alle recht klein.

Elayne beobachtete diese Baumgruppen als einzige von ihnen genau, und sie war auch diejenige, die plötzlich schrie: »Paßt auf!«

Egwene riß den Kopf herum. Männer traten zwischen den Bäumen heraus. Um ihre Köpfe herum wirbelten Steinschleudern. Sie griff nach Saidar, doch etwas traf ihren Kopf, und die Dunkelheit verschlang alles.

Egwene spürte, wie sie schwankte und wie sich unter ihr etwas bewegte. In ihrem Kopf war allerdings nur Raum für Schmerzen. Sie versuchte, eine Hand an ihre Schläfe zu heben, doch etwas schnitt ihr in die Handgelenke und sie konnte sich nicht rühren. »... besser als den ganzen Tag hier herumliegen und auf die Dunkelheit warten«, sagte die grobe Stimme eines Mannes. »Wer weiß, ob nicht ein anderes Schiff nahe am Ufer vorbeikommt? Und ich traue diesem Schiff dort auch nicht. Es hat ein Leck.«

»Du solltest mal besser darauf hoffen, daß Adden dir glaubt, du hättest die Ringe bemerkt, bevor du dich zum Angriff entschlossen hast«, sagte ein anderer Mann. »Er will fette Beute haben und keine Frauen, schätze ich.« Der erste Mann knurrte etwas Unanständiges, was Adden mit seinem alten Kahn tun könne und genauso mit seiner Fracht.

Sie öffnete die Augen. Silber gesprenkelte Flecken tanzten vor ihnen. Sie glaubte, sich übergeben zu müssen. Der Boden schwankte ein Stück unter ihrem Kopf. Sie war quer über den Rücken eines Pferdes gebunden. Ihre Hand- und Fußgelenke waren mit Seilen gefesselt, die unter dem Bauch des Pferdes durchliefen. Ihr Haar hing hinunter.

Noch herrschte Tageslicht. Sie verdrehte den Hals, um sich umsehen zu können. So viele berittene Männer in grober Kleidung umgaben sie, daß sie nicht sehen konnte, ob Nynaeve und Elayne ebenfalls gefangen waren. Ein paar der Männer trugen Teile von Rüstungen — ein zerbeulter Helm hier, ein eingedellter Brustpanzer oder ein mit Metallscheiben benähtes Lederwams da —, aber die meisten trugen lediglich Mäntel, die wohl einen Monat oder mehr nicht gewaschen worden waren. Vielleicht auch noch nie. Dem Geruch nach zu schließen hatten sich die Männer gleichfalls seit Monaten nicht mehr gewaschen. Sie trugen sämtlich Schwerter auf dem Rücken oder am Gürtel.

Zorn und Furcht überfielen sie, vor allem aber heiße Wut. Ich will keine Gefangene mehr sein! Ich lasse mich nicht fesseln! Niemals! Sie griff nach Saidar, und vor Schmerz wäre ihr fast der Kopf zersprungen. Sie konnte gerade noch ein Stöhnen unterdrücken.

Das Pferd blieb einen Moment stehen. Rufe und das Quietschen rostiger Scharniere ertönten. Dann schritt es ein Stück weiter, und die Männer stiegen von ihren Pferden. Als sie weggingen, konnte sie endlich ein wenig von ihrer Umgebung sehen. Eine aus Baumstämmen gefertigte Palisade umgab sie, die offensichtlich auf einer großen, runden, aus Erde aufgeschütteten Anhöhe stand. Ein hölzerner Wehrgang zog sich innen herum, gerade hoch genug angebracht, daß die mit Bögen ausgerüsteten Wachen über die roh behauenen Stämme hinwegspähen konnten. Eine niedrige, fensterlose Blockhütte schien man direkt in den Erdboden unter der Palisade hineingebaut zu haben. Außer ein paar primitiven Schuppen war kein weiteres Gebäude zu sehen. Von den Männern und Pferden abgesehen, die gerade hereingekommen waren, war der Rest der offenen Fläche übersät mit Feuerstellen, angeleinten Pferden und weiteren ungewaschenen Männern. Es mußten mindestens hundert sein. Ziegen und Schweine und Hühner in Käfigen meckerten, grunzten und gackerten. Dazu kamen das Gelächter und die Rufe der Männer. Alles zusammen ergab einen ohrenbetäubenden Lärm, der ihr noch mehr Kopfschmerzen bereitete.

Ihr Blick fand Nynaeve und Elayne, die genau wie sie mit dem Kopf nach unten auf ungesattelte Pferde gebunden waren. Keine schien sich zu rühren. Das Ende von Nynaeves Zopf schleifte im Schmutz, als sich ihr Pferd bewegte. Eine vage Hoffnung verflog damit, daß eine von ihnen sich in Freiheit befinden und den anderen zur Flucht verhelfen könnte. Licht, ich ertrage es nicht, wieder eine Gefangene zu sein. Nicht schon wieder. Vorsichtig versuchte sie, erneut nach Saidar zu greifen. Diesmal war der Schmerz nicht ganz so schlimm — höchstens so, als habe jemand einen Stein auf ihren Kopf fallen lassen —, aber die Leere zersprang trotzdem, bevor sie auch nur an eine Rose denken konnte.

»Eine von ihnen ist wach!« schrie die verängstigte Stimme eines Mannes.

Egwene bemühte sich, schlaff dazuhängen und harmlos zu wirken. Wie beim Licht kann ich bedrohlich wirken, wenn ich wie ein Sack Mehl zusammengeschnürt dahänge! Seng mich, ich muß Zeit gewinnen. Ich muß! »Ich tue Euch nichts«, sagte sie zu dem Burschen, der mit verschwitztem Gesicht auf sie zurannte. Oder zumindest versuchte sie, ihm das mitzuteilen. Sie war sich nicht im klaren darüber, wieviel davon sie herausgebracht hatte, als schon wieder etwas auf ihren Kopf krachte. Ihr wurde schlecht, und eine Welle der Dunkelheit überrollte sie.

Beim nächsten Mal war das Erwachen leichter. Ihr Kopf schmerzte noch, aber nicht so stark wie zuvor. Nur ihre Gedanken wirbelten noch hilflos durcheinander. Wenigstens ist mein Magen nicht... Licht, besser, ich denke nicht an so was! Sie hatte den Geschmack sauren Weines und dazu etwas Bitteres im Mund. Dünne Streifen von Laternenschein fielen durch waagrechte Spalten in einer roh zusammengezimmerten Holzwand, aber sie lag drinnen auf dem Rücken in der Dunkelheit. Auf dem Erdboden, wie sie zu spüren glaubte. Die Tür schien auch nicht gerade gut eingepaßt, sah aber leider stabil aus.