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Baalsfeuer, dachte Egwene. Sie wußte nicht, woher dieses Wissen kam, aber sie war ganz sicher. Zögernd brachte sie sich dazu, Saidar fahrenzulassen, damit es sie losließ. Sie wußte nicht, welches von beiden schwieriger war. Und ich habe nichts von dem gesehen, was sie da eigentlich tat!

Die Aiel lösten nun ihre Schleier. Ein wenig überhastet, hatte Egwene das Gefühl, als wollten sie ihr und den beiden anderen beweisen, daß sie nicht mehr weiterkämpfen würden. Drei der Aiel waren männlich, einer davon ein älterer Mann mit mehr als nur ein wenig Grau in den dunkelroten Haaren. Sie waren groß, diese Aiel-Männer, und ob jung oder alt, hatten sie dieses gelassene Selbstvertrauen im Blick und bewegten sich mit einer gefährlichen Gewandtheit, die Egwene an die Behüter erinnerte. Der Tod ritt auf ihren Schultern, und sie wußten, daß er da war, und sie fürchteten sich nicht. Eine der Frauen war Aviendha. Die Schreie von draußen ebbten langsam ab.

Nynaeve ging auf die gefallenen Aiel zu.

»Es ist nicht nötig, Aes Sedai«, sagte der ältere Mann. »Der Stahl der Schattenmänner hat sie getroffen.«

Trotzdem beugte sich Nynaeve über sie und zog ihre Schleier weg, um ihre Augenlider zu öffnen und an ihrem Hals nach einem Pulsschlag zu fühlen. Als sie sich von der zweiten aufrichtete, war ihr Gesicht totenblaß. Es war Dailin. »Seng dich! Seng dich!« Es war nicht klar, ob sie damit Dailin meinte oder den Mann mit dem grauen Haar oder Aviendha oder alle Aiel. »Ich habe sie nicht geheilt, um sie so daliegen zu sehen!«

»Der Tod kommt zu uns allen«, begann Aviendha, aber als sich Nynaeve wütend ihr zuwandte, verstummte sie. Die Aiel tauschten untereinander unsichere Blicke, als könnte Nynaeve mit ihnen möglicherweise dasselbe tun wie mit den Myrddraal. Da lag keine Angst in ihren Blicken, nur das Wissen um diese Möglichkeit.

»Der Stahl der Schattenmänner tötet immer«, sagte Aviendha. »Er verwundet nicht nur.« Der ältere Mann sah sie mit gelinder Überraschung im Blick an. Egwene wurde klar, daß für diesen Mann, genau wie bei Lan, ein Beben der Augenlider das gleiche bedeutete wie offenes Staunen bei einem anderen. Aviendha sagte: »Sie wissen so wenig über einige Ding, Rhuarc.«

»Es tut mir leid«, sagte Elayne mit klarer Stimme, »daß wir Euren... Tanz unterbrochen haben. Vielleicht hätten wir nicht eingreifen sollen.«

Egwene sah sie verblüfft an, und dann wurde ihr klar, was sie damit erreichen wollte. Sie sollen sich ein wenig entspannen und Nynaeve Gelegenheit zum Abkühlen geben. »Ihr habt die Lage ganz gut im Griff gehabt«, sagte sie. »Vielleicht haben wir Euch beleidigt, weil wir unsere Nasen in Eure Angelegenheiten steckten?«

Der ergraute Mann — Rhuarc — lachte leise mit tiefer Stimme. »Aes Sedai, ich für meinen Teil bin froh darüber, was... nun, was es auch gewesen sein mag, das Ihr tatet.« Einen Augenblick lang schlich sich Unsicherheit in seinen Blick, doch dann war seine gute Laune wieder da. Sein Lächeln war angenehm. Er hatte ein starkes, kantiges Gesicht und sah recht gut aus, wenn auch ein wenig alt. »Wir hätten sie töten können, aber drei Schattenmänner... Sie hätten bestimmt noch zwei oder drei von uns erwischt, vielleicht auch uns alle, und ich weiß nicht, ob wir alle drei auch wirklich hätten besiegen können. Für die Jungen ist der Tod ein Feind, an dem sie ihre Kräfte messen wollen. Für uns, die wir schon ein wenig älter sind, ist er ein alter Freund, eine vertraute Geliebte, aber wir sind nicht darauf erpicht, sie so schnell wiederzusehen.«

Nynaeve schien sich zu entspannen, als er redete, als sauge die Tatsache, einen Aiel kennenzulernen, der sich nicht nach dem Tod zu sehnen schien, ihr die Anspannung aus den Knochen. »Ich sollte Euch danken«, sagte sie, »und das tue ich auch hiermit. Ich gebe aber zu, daß ich überrascht war, Euch zu sehen. Aviendha, habt Ihr erwartet, uns hier anzutreffen? Wieso?«

»Ich bin Euch gefolgt.« Die Aiel-Frau sagte das ohne Schamgefühl. »Um zu sehen, was Ihr unternehmen würdet. Ich sah, wie die Männer Euch gefangennahmen, aber ich war zu weit entfernt, um einzugreifen. Ich war sicher, daß Ihr mich seht, wenn ich Euch zu nahe komme, und deshalb blieb ich gut hundert Schritt zurück. Als ich dann sah, daß Ihr hilflos wart, war es schon zu spät, um allein einzugreifen.«

»Ich bin sicher, Ihr habt Euer Möglichstes getan«, sagte Egwene mit schwacher Stimme. Sie befand sich nur hundert Schritt hinter uns? Licht, und die Räuber haben sie nicht bemerkt.

Aviendha nahm ihre Worte als Aufforderung, mehr zu erzählen. »Ich wußte, wo sich Coram aufhalten mußte, und er wiederum kannte den Aufenthaltsort von Dhael und Luaine, und sie wieder... « Sie schwieg und blickte den älteren Mann stirnrunzelnd an. »Ich habe allerdings nicht erwartet, einen Clanhäuptling unter den Ankömmlingen vorzufinden, und schon gar nicht meinen eigenen. Wer führt die Taardad Aiel, Rhuarc, wenn du hier bist?«

Rhuarc zuckte die Achseln, als sei das nicht so wichtig. »Die Häuptlinge der einzelnen Septimen werden sich abwechseln und sich darüber beraten, ob sie wirklich nach Rhuidean gehen wollen, wenn ich sterbe. Ich wäre nicht gekommen, aber Amys, Bair, Melaine und Seana haben mir aufgelauert wie die Wildkatzen einem Ziegenbock. Ihre Träume hatten ihnen gesagt, daß ich gehen müsse. Sie wollten von mir wissen, ob ich wirklich als fetter, alter Mann im Bett sterben wolle.«

Aviendha lachte, als käme ihr das wie ein guter Witz vor. »Ich habe gehört, daß sich ein Mann, der zwischen seiner Frau und einer Weisen Frau im Kreuzfeuer steht, lieber ein Dutzend alter Feinde herbeisehnt, gegen die er kämpfen kann. Ein Mann zwischen seiner Ehefrau und drei Weisen Frauen auf einmal, und dann ist die Ehefrau ja selbst eine Weise, na, der wird vermutlich lieber sogar noch gegen den Sichtblender selbst kämpfen wollen.«

»Der Gedanke ist mir auch gekommen.« Er blickte mit gerunzelter Stirn auf etwas am Fußboden hinunter: drei Ringe mit der Großen Schlange, wie Egwene sah, und dazu einen viel schwereren Goldring, der für den Finger eines Mannes geschaffen war. »Ich denke immer noch daran. Alles muß sich ändern, aber wenn ich mich dem entziehen könnte, was sich da ändert, wäre mir auch wohler. Drei Aes Sedai, die nach Tear ziehen.« Die anderen Aiel sahen sich heimlich an, als wollten sie nicht, daß Egwene und ihre Begleiterinnen den Blick bemerkten.

»Ihr habt von Träumen gesprochen«, sagte Egwene. »Wissen Eure Weisen Frauen, was ihre Träume zu bedeuten haben?«

»Einige schon. Wenn Ihr mehr darüber wissen wollt, müßt Ihr mit ihnen sprechen. Vielleicht werden sie es einer Aes Sedai sagen. Männern sagen sie nichts, außer, was wir den Träumen nach zu tun hätten.« Mit einem Mal hörte er sich müde an. »Und gewöhnlich hätten wir genau das am liebsten vermieden.«

Er bückte sich und hob den Männerring auf. Darauf flog ein Kranich über einer Lanze und eine Krone. Egwene erkannte den Ring jetzt. Sie hatte ihn oft zuvor an einem Lederband an Nynaeves Hals hängen sehen. Nynaeve trat auf die anderen Ringe, um ihn dem Mann aus der Hand zu reißen. Ihr Gesicht war rot angelaufen in einem Gemisch von Ärger und zu vielen weiteren Gefühlen, die Egwene nicht ermessen konnte. Rhuarc machte keine Anstalten, ihn zurückzunehmen, sondern sprach im gleichen müden Tonfall weiter:

»Und eine davon trägt einen Ring, von dem ich schon als Junge gehört habe. Den Ring der Könige von Malkier. In der Zeit meines Vaters ritten sie mit den Schienarern gegen die Aiel in den Kampf. Sie waren gute Speertänzer. Aber Malkier fiel der Fäule zum Opfer. Man sagt, daß nur das Kind überlebte, das einst König werden sollte, und daß er den Tod umwirbt, der sein Land in Besitz nahm, so wie andere Männer eine schöne Frau umwerben. Wahrlich, das ist eine seltsame Sache, Aes Sedai. Von all den eigenartigen Dingen, die ich zu sehen erwartete, als Melaine mich aus der eigenen Festung über die Drachenmauer hetzte, war noch keines so eigenartig wie dieses. Ich hatte niemals erwartet, auf einen solchen Weg gehen zu müssen wie den, den Ihr mir gewiesen habt.«