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Mat hockte sich fasziniert neben sie. Er hatte erst zweimal in seinem Leben Feuerwerkskörper gesehen. Händler hatten sie nach Emondsfeld gebracht, und das hatte den Gemeinderat einiges gekostet. Als er zehn war, hatte er versucht, einen aufzuschneiden, um zu sehen, was drinnen war, und damit hatte er beinahe einen Aufruhr verursacht. Bran al'Vere, der Bürgermeister, hatte ihm eine Ohrfeige verpaßt, und Doral Barran, die damalige Seherin, hatte ihm die Kehrseite mit der Rute versohlt. Sein Vater hatte ihn dann zu Hause auch noch einmal kräftig verhauen. Die Leute im Dorf hatten einen Monat lang nicht mehr mit ihm gesprochen, außer Rand und Perrin, und die hatten ihm meist auch nur gesagt, was für ein Idiot er sei. Er streckte die Hand nach einem der Zylinder aus. Aludra schlug ihm die Hand aber schnell weg.

»Paßt gefälligst zuerst auf! Die kleinsten hier werden lediglich laut knallen, sonst nichts.« Sie waren nur so groß wie ihr kleiner Finger. »Die nächsten knallen und leuchten dabei hell. Die nächsten knallen, leuchten und sprühen Funken. Die letzten« — sie waren dicker als Mats Daumen — »ergeben die gleichen Effekte, aber die Funken sind vielfarbig. Beinahe wie eine Nachtblüte, aber nicht oben am Himmel.«

Nachtblüte? dachte Mat.

»Bei denen müßt Ihr besonders vorsichtig sein. Wie Ihr seht, ist die Zündschnur sehr lang.« Sie bemerkte seinen verständnislosen Blick und winkte ihm mit einer dieser langen, dunklen Schnüre zu. »Das hier ist eine Zündschnur.«

»Dort muß man es anzünden«, murmelte er. »Das weiß ich.« Thom gab einen Laut von sich und strich sich über die Schnurrbartenden, als wolle er ein Lächeln verbergen.

Aludra knurrte. »Wo man es anzündet. Ja. Bleibt keinem davon zu nahe, aber bei diesen großen hier rennt Ihr weg, sobald Ihr die Zündschnur angebrannt habt. Versteht Ihr?« Sie rollte die lange Stoffbahn energisch wieder zusammen. »Ihr könnt sie verkaufen oder auch benützen. Denkt daran, Ihr dürft sie nie in die Nähe des Feuers legen. Dann kann es passieren, daß alle explodieren. So viele auf einmal, und möglicherweise würde ein ganzes Haus zerstört.« Sie zögerte, bevor sie die Schnüre wieder zuband, und fügte dann hinzu: »Und da ist noch etwas, wovon Ihr vielleicht schon gehört habt. Schneidet keinen davon auf, wie es ein paar Idioten schon gemacht haben, um zu sehen, was sich drinnen befindet. Manchmal explodiert der Inhalt, ohne daß eine Flamme notwendig ist, wenn Luft darankommt. Ihr könnt Eure Finger oder gar eine ganze Hand dabei verlieren.«

»Das wußte ich schon«, sagte Mat trocken.

Sie runzelte die Stirn und sah ihn an, als halte sie es für möglich, daß er es trotzdem tun werde, und dann schob sie das zusammengerollte Bündel zu ihm hin. »Hier. Ich muß jetzt weg, bevor diese Ziegenabkömmlinge erwachen.« Sie blickte zu der immer noch geöffneten Tür herüber, sah, wie der Regen in der Nacht herniederprasselte und seufzte. »Vielleicht finde ich woanders einen trockenen Fleck. Ich glaube, morgen fahre ich weiter nach Lugard. Diese Schweine werden erwarten, daß ich nach Caemlyn gehe, klar?«

Nach Lugard war es noch weiter als nach Caemlyn, und Mat mußte plötzlich an den harten Kanten Brot denken. Und sie sagte, sie habe kein Geld. Die Feuerwerkskörper würden ihr nichts einbringen, bis sie jemanden fand, der sie sich leisten konnte. Sie hatte sich noch nicht einmal nach dem Gold und Silber umgeschaut, das beim Sturz aus seinen Taschen gefallen war. Es glitzerte und funkelte im Laternenschein zwischen den Strohhalmen. Ach, Licht, ich kann sie nicht hungern lassen, denke ich. Er las auf, was er leicht erreichen konnte.

»Äh... Aludra? Ich habe genug, wie Ihr sehen könnt. Ich dachte, vielleicht... « Er hielt ihr die Münzen hin. »Ich kann immer mehr dazugewinnen.«

Sie hielt inne, den Umhang über eine Schulter geschwungen, und dann lächelte sie Thom an, während sie ihn vollends überwarf. »Er ist noch jung, wie?«

»Er ist jung«, stimmte Thom zu. »Und nicht halb so schlecht, wie er selbst von sich denkt. Manchmal jedenfalls.«

Mat funkelte beide an und senkte die Hand mit den Münzen.

Aludra hob die Deichseln ihres Karrens an, drehte das Gefährt herum und zog es in Richtung Tor. Sie trat Tammuz schnell im Vorbeigehen in die Rippen. Er stöhnte verwirrt auf.

»Ich hätte gern etwas gewußt, Aludra«, sagte Thom. »Wie habt Ihr die Laterne so schnell im Dunklen zum Brennen gebracht?«

Sie blieb vor der Tür stehen und lächelte ihn über die Schulter an. »Ihr möchtet wohl, daß ich Euch alle meine Geheimnisse enthülle? Ich bin dankbar, aber doch nicht verliebt genug. Dieses Geheimnis kennt noch nicht einmal die Gilde. Es ist meine eigene Entdeckung. Ich sage Euch nur sovieclass="underline" Wenn ich erst weiß, wie es richtig funktioniert und immer dann, wenn ich es will, werde ich mit Hölzern ein Vermögen verdienen.« Sie drückte mit all ihrem Gewicht gegen die Deichseln und zog den Karren in den Regen hinaus. Die Nacht verschluckte sie.

»Hölzer?« fragte Mat. Er fragte sich, ob sie ganz klar im Kopf sei.

Tammuz stöhnte wieder.

»Am besten machen wir das gleiche wie sie, Junge«, sagte Thom. »Sonst haben wir die Wahl, ob wir vier Kehlen durchschneiden wollen oder die nächsten paar Tage damit verbringen werden, der königlichen Garde zu erklären, was geschehen ist. Die hier sehen aus, als ob sie die aus Rachsucht auf uns hetzen würden. Und Gründe für Rachsucht haben sie wohl in genügendem Maße, denke ich.« Einer von Tammuz' Begleitern zuckte, als käme er langsam zur Besinnung, und murmelte etwas Unverständliches.

Als sie schließlich alles zusammengerafft und die Pferde gesattelt hatten, stützte sich Tammuz mit herunterhängendem Kopf auf Hände und Knie, und auch die anderen rührten sich stöhnend.

Mat schwang sich in den Sattel und blickte in den Regen hinaus, der noch stärker herniederprasselte als zuvor. »Ein verfluchter Held«, sagte er. »Thom, falls ich jemals wieder so aussehe, als wolle ich den Helden spielen, gib mir bitte einen Tritt.«

»Und was hättest du dann anders gemacht?«

Mat blickte ihn finster an, zog seine Kapuze über den Kopf und breitete seinen Umhang über die dicke Ölzeugrolle, die er hinter dem Sattel festgebunden hatte. Selbst bei Ölzeug würde ein wenig mehr Schutz vor dem Regen bestimmt nicht schaden. »Gib mir einfach nur einen Tritt!« Er hieb seinem Pferd die Fersen in die Rippen und galoppierte in die Regennacht hinaus.

41

Jägereid

Als die Schneegans auf die langen Kaimauern Illians zutrieb, die Segel gerefft und nur von den Rudern vorwärtsgetrieben, stand Perrin in der Nähe des Hecks und beobachtete die große Zahl langbeiniger Stelzvögel, die durch das hohe Schilf wateten, das den großen Hafen beinahe auf allen Seiten umgab. Er erkannte die kleinen weißen Kraniche und konnte unschwer erraten, daß die großen blauen Vögel, die ihnen so ähnlich sahen, ihre Brüder waren, doch viele der kammgeschmückten Vögel mit roten oder rosa Federn und einige davon mit flachen Schnäbeln, breiter als die von Enten, kannte er überhaupt nicht. Ein Dutzend verschiedener Arten von Möwen schwebte kreischend über dem Hafen selbst, und ein schwarzer Vogel mit einem langen, spitzen Schnabel flog ganz tief über dem Wasser dahin, so daß der untere Teil des Schnabels eine Furche durch das Wasser zog. Überall im Hafen lagen Schiffe vertäut, die drei- oder viermal so lang waren wie die Schneegans, und warteten darauf, ihre Ladung zu löschen oder neue Ladung zu nehmen, und manche warteten auch auf die Flut, damit sie jenseits der langen Wellenbrecher in See stechen konnten. Kleine Fischerboote lagen unweit vom Schilfgürtel und in den Wasserrinnen, die das Schilf durchzogen. Zwei oder drei Mann in jedem kümmerten sich um die Schleppnetze, die zu beiden Seiten der Boote an langen Stangen hingen.

Im Wind lag der scharfe Geruch nach Salz. Er konnte die Hitze auch nicht lindern. Die Sonne stand auf mehr als dem halben Weg zum westlichen Horizont hinunter, doch es schien so heiß wie am Mittag. Die Luft war feucht; jedenfalls empfand er das so. Feucht. Seine Nase fing den Geruch nach frischem Fisch von den Booten her auf und von altem Fisch und Schlamm aus dem Schilfgürtel und den sauren Gestank einer großen Gerberei, die sich auf einer baumlosen Insel mitten im Schilf befand.