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Perrin war sich Zarines Blick bewußt, und so bemühte er sich, noch leiser als Lan zu sprechen: »Ich... ich habe sie gewit... gerochen. Ich habe sie schon vorher gerochen, in Jarra und Remen, aber dann verschwanden sie schnell.

Beide Male waren sie weg, bevor wir in diesen Orten ankamen.« Er war sich nicht sicher, ob Zarine die Worte verstanden hatte oder nicht. Sie hatte sich vorgebeugt, bemühte sich aber, unauffällig zu wirken.

»Damals folgten sie Rand. Jetzt folgen sie Euch, Schmied.« Der Behüter zeigte kein Anzeichen der Überraschung. Er sprach in normaler Lautstärke weiter: »Ich werde mich draußen umsehen, Schmied. Eure Augen entdecken vielleicht etwas, was mir entgeht.« Perrin nickte. Daran konnte man das Ausmaß der Sorge bei Lan ermessen: Er bat tatsächlich um Hilfe. »Ogier, Ihr seht doch auch besser als die meisten anderen!«

»Oh... äh«, brachte Loial heraus. »Also, ich denke, ich werde mich auch mal umsehen.« Seine großen, runden Augen rollten in Richtung der beiden Grauen Männer, die noch auf dem Fußboden lagen. »Ich glaube aber nicht, daß noch mehr davon draußen warten. Was meint Ihr?«

»Wonach suchen wir eigentlich, Steingesicht?« fragte Zarine.

Lan blickte sie einen Moment lang an und schüttelte dann den Kopf, als habe er sich entschlossen, lieber nichts zu sagen. »Was wir auch finden mögen, Mädchen. Ich werde es erkennen, wenn ich es sehe.«

Perrin überlegte, ob er hinaufgehen und seine Axt holen solle, aber der Behüter ging schon zur Tür, und er trug auch kein Schwert. Er braucht es wohl kaum, dachte Perrin mürrisch. Er ist ohne genauso gefährlich wie mit Schwert. Er hielt also das Stuhlbein weiter in der Hand und folgte ihm. Zu seiner großen Erleichterung bemerkte er, daß auch Zarine ihr Messer noch in der Hand hielt.

Dicke, schwarze Wolken wälzten sich über den Himmel. Die Straßen lagen in der Dunkelheit der späten Dämmerung und hatten sich geleert. Die Menschen wollten offensichtlich nicht von dem drohenden Regenguß überrascht werden. Ein Bursche rannte weiter drunten über eine Brücke. Das war die einzige Gestalt, die Perrin in irgendeiner Richtung entdecken konnte. Der Wind frischte auf. Ein Stoffetzen wurde über die unebenen Pflastersteine gefegt. Ein anderer hing an einer Ecke eines steinernen Pfeilers fest und flatterte mit leise knallenden Geräuschen. Donner grollte.

Perrin rümpfte die Nase. Der Wind trug den Geruch nach Feuerwerkskörpern zu ihnen her. Nein, nicht ganz so wie Feuerwerk. Es roch eher nach verbranntem Schwefel. Beinahe.

Zarine klopfte mit ihrer Messerklinge gegen das Stuhlbein in seiner Hand. »Du bist wirklich stark, großer Mann. Du hast den Stuhl zerrissen, als sei er aus Reisig.«

Perrin knurrte. Er wurde sich darüber klar, daß er sich stolz aufgerichtet hatte, und so ließ er sich absichtlich wieder zusammensacken. Närrisches Mädchen! Zarine lachte leise, und plötzlich wußte er nicht mehr, wie er sich verhalten sollte. Idiot! Diesmal meinte er sich selbst. Du solltest besser Ausschau halten! Wonach eigentlich? Er sah nichts als die Straße und roch nichts außer diesem verbrannten Schwefel. Und Zarine natürlich.

Auch Loial schien sich zu fragen, was er eigentlich suchen solle. Er kratzte sich an einem behaarten Ohr, schaute nach einer Seite die Straße hinunter und dann nach der anderen Seite, und schließlich kratzte er sich am anderen Ohr. Dann blickte er zum Dach der Schenke hinauf.

Lan kam aus der Gasse neben der Schenke heraus und ging zur Straßenmitte. Er suchte mit den Augen die Schatten vor den Gebäuden ab.

»Vielleicht hat er irgend etwas übersehen«, murmelte Perrin, obwohl er das kaum glauben konnte. Damit wandte er sich der Gasse zu. Ich soll ja wohl auch nachsehen, also will ich genau das tun. Vielleicht hat er tatsächlich etwas übersehen.

Lan war ein Stückchen weiter stehengeblieben und betrachtete die Pflastersteine vor seinen Füßen. Dann kam der Behüter mit schnellen Schritten zur Schenke zurück, wobei er aber weiterhin das Straßenpflaster im Auge behielt, als folge er einer Spur. Was es auch sein mochte, es führte ihn jedenfalls geradewegs zu einem der Steinpfosten gleich neben dem Eingang. Dort blieb er stehen und betrachtete die Oberseite des grauen Steins.

Perrin machte in der Gasse kehrt — es stank darin beinahe genauso wie in den Kanälen Illians — und ging statt dessen zu Lan hinüber. Er sah sofort, was der Behüter da anstarrte. Im Stein des Pfeilers befanden sich zwei Abdrücke, als habe ein riesiger Hund dort seine Vorderpfoten aufgestützt. Hier war auch dieser Geruch nach verbranntem Schwefel am stärksten. Hunde hinterlassen doch keine Fußabdrücke im Stein. Licht, das kann nicht sein! Nun konnte er auch die Spur ausmachen, der Lan gefolgt war. Der Hund war die Straße heraufgelaufen bis zu dem Pfosten, hatte sich dann umgedreht und war denselben Weg zurückgelaufen. Dabei hatte er auf dem Stein Spuren hinterlassen wie auf einem frisch gepflügten Acker. Das gibt's doch nicht!

»Schattenhund«, sagte Lan, und Zarine schnappte nach Luft. Loial stöhnte leise. Jedenfalls leise für einen Ogier. »Ein Schattenhund hinterläßt keine Fußspuren auf dem Erdboden, Schmied, nicht einmal im Schlamm, aber Stein ist etwas ganz anderes. Man hat seit den Trolloc-Kriegen keinen Schattenhund mehr südlich der Berge des Verderbens gesichtet. Der hier hat irgend etwas gesucht, würde ich sagen. Und jetzt hat er es gefunden und ist zurückgekehrt, um es seinem Herrn mitzuteilen.«

Mich? dachte Perrin. Graue Männer und Schattenhunde verfolgen mich? Das ist doch verrückt!

»Wollt Ihr behaupten, daß Nieda recht hatte?« fragte Zarine mit bebender Stimme. »Daß der Alte Grimme wirklich mit der Wilden Jagd über den Himmel reitet? Licht! Ich habe immer geglaubt, das seien nur Märchen!«

»Seid keine solche Närrin, Mädchen«, sagte Lan grob. »Wenn der Dunkle König frei wäre, wären wir alle jetzt nicht nur tot, sondern erheblich schlimmer dran.« Er blickte angestrengt die Straße hinunter den Spuren nach. »Aber Schattenhunde sind wirklich genug. Beinahe genauso gefährlich wie Myrddraal und noch schwerer zu töten.«

»Jetzt erwähnt Ihr auch noch die Halbmenschen«, murrte Zarine. »Graue Männer. Halbmenschen. Schattenhunde. Du solltest mich eigentlich zum Horn von Valere führen, Bauernjunge. Was für Überraschungen hältst du sonst noch für mich bereit?«

»Keine Fragen«, sagte Lan zu ihr. »Noch wißt Ihr sehr wenig, so daß Euch Moiraine vielleicht von Eurem Eid entbindet, wenn Ihr schwört, uns nicht zu folgen. Ich nehme das sogar auf mich, damit Ihr jetzt gehen könnt. Es wäre klug von Euch.«

»Ihr werdet mich nicht abschrecken, Steingesicht«, sagte Zarine. »Mich erschreckt man nicht so schnell.« Aber in ihrer Stimme schwang Angst mit. Perrin konnte es riechen.

»Ich habe eine Frage«, sagte er, »und ich will eine Antwort darauf. Ihr habt diesen Schattenhund nicht gesehen, Lan, und Moiraine auch nicht. Warum eigentlich?«

Der Behüter schwieg kurze Zeit. »Die Antwort darauf, Schmied«, sagte er schließlich ernst, »ist vielleicht so schlimm, daß weder Ihr noch ich sie wirklich wissen will. Ich hoffe, daß sie uns nicht alle tötet. Ihr drei solltet jetzt noch schlafen, solange es geht. Ich bezweifle, daß wir die ganze Nacht in Illian verbringen werden, und ich fürchte, es steht uns ein anstrengender Ritt bevor.«

»Was werdet Ihr tun?« fragte Perrin.

»Ich gehe zu Moiraine, um ihr von dem Schattenhund zu berichten. Sie kann mir nicht böse sein, wenn ich ihr aus diesem Grund folge, denn sie wüßte gar nicht, was los ist, bevor sie ihn an der Kehle hängen hätte.«