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»Um so wichtiger, daß ich Euch folgte«, sagte Lan, doch die Aes Sedai schniefte nur vernehmlich.

»Ich wünsche beinahe, Ihr wärt eine Frau, Gaidin. Ich würde Euch als Novizin zur Burg schicken, damit Ihr das Gehorchen lernt!« Er zog eine Augenbraue hoch und berührte den Knauf seines Schwertes. Dann schwang er sich in den Sattel, und sie seufzte. »Na ja, vielleicht hat es auch etwas Gutes, daß Ihr nicht gehorchen könnt.

Manchmal jedenfalls. Außerdem glaube ich nicht, daß selbst Sheriam und Siuan Sanche zusammen Euch das Gehorchen beibringen könnten.«

»Ich verstehe nicht«, sagte Perrin. Das scheine ich auch ziemlich oft zu sagen. Ich bin es leid. Ich will endlich Antworten bekommen, die ich verstehen kann. Er zog sich ganz auf sein Roß, damit Moiraine nicht auf ihn herunterblicken konnte. Sie war auch so schon genügend im Vorteil. »Wenn nicht er die Grauen Männer geschickt hat, wer dann? Wenn ein Myrddraal oder ein anderer der Verlorenen...« Er unterbrach sich und schluckte. NOCH EIN Verlorener? Licht! »Wenn jemand anders sie geschickt hat, warum hat man ihm das nicht gesagt? Es sind doch alles Schattenfreunde, oder? Und warum ich, Moiraine? Rand ist doch der verdammte Wiedergeborene Drache!«

Hinter sich hörte er, wie Zarine und Nieda nach Luft schnappten, und erst dann wurde ihm klar, was er ausgesprochen hatte. Moiraines Blick schien ihm die Haut bei lebendigem Leibe abziehen zu wollen. Verdammte lose Zunge! Warum kann ich nicht zuerst nachdenken und dann reden? Das schien erst so geworden zu sein, seit Zarines Augen ihn beobachteten. Auch jetzt beobachtete sie ihn, und ihr Mund stand offen.

»Ihr seid jetzt an uns gebunden«, sagte Moiraine zu der Frau mit dem kühnen Gesicht. »Es gibt für Euch nun kein Zurück mehr. Niemals!« Zarine sah aus, als wolle sie etwas sagen und habe nicht den Mut dazu, aber die Aes Sedai hatte ihre Aufmerksamkeit bereits wieder anderem zugewandt. »Nieda, flieht noch heute nacht aus Illian! Diese Stunde! Und haltet Euren Mund noch mehr, als Ihr ihn die Jahre über schon gehalten habt! Es gibt welche, die würden Euch die Zunge herausschneiden, wenn sie wüßten, was Ihr erzählen könnt, und ich könnte Euch nicht rechtzeitig zu Hilfe kommen.« Ihr harter Tonfall ließ gar keinen Zweifel am Ernst ihrer Worte aufkommen, und Nieda nickte lebhaft, als habe sie nun wirklich verstanden.

»Was Euch betrifft, Perrin.« Die weiße Stute rückte seinem Hengst näher, und er lehnte sich unwillkürlich etwas vor der Aes Sedai zurück. »Viele Fäden sind im Muster verwoben, und manche davon sind genauso schwarz wie der Schatten selbst. Nehmt Euch in acht, daß Euch keiner davon erdrosselt.« Ihre Fersen berührten Aldiebs Flanken, und die Stute galoppierte in den Regen hinaus. Mandarb folgte ihr in kurzem Abstand.

Seng dich, Moiraine, dachte Perrin, als er ihnen hinterherritt. Manchmal weiß ich nicht, auf welcher Seite du stehst. Er sah sich nach Zarine um, die neben ihm einherritt, als sei sie im Sattel geboren. Und auf welcher Seite stehst du?

Der Regen hielt die Menschen von den Straßen und Kanälen fern, und so wurden sie von keinen sichtbaren Augen beim Wegreiten gesehen, doch auf den unebenen Pflastersteinen fanden die Pferdehufe nur wenig Halt. Als sie schließlich den Maredo-Damm erreichten, eine breite, ungepflasterte Straße, die sich durch den Sumpf nach Norden zog, hatte der Wolkenbruch etwas nachgelassen. Der Donner grollte noch, aber die Blitze zuckten weit hinter ihnen auf, vielleicht draußen über dem Meer.

Perrin hatte das Gefühl, sie hätten nun ein wenig Glück verdient. Der Regen hatte auch lange genug angehalten, um ihre Flucht zu verbergen, und nun schien es, als hätte sie eine klare Nacht vor sich, in der sie gut vorwärtskommen konnten. Er sprach diesen Gedanken aus, doch Lan schüttelte den Kopf. »Schattenhunde bevorzugen klare, mondhelle Nächte, Schmied, und Regen mögen sie am wenigsten. Ein gutes Gewitter kann sie völlig von einem fernhalten.« Als habe er es heraufbeschworen, wurde der Regen immer schwächer, bis nur noch ein feines Nieseln übrig war. Perrin hörte, wie Loial hinter ihm stöhnte.

Knüppeldamm und Sumpf endeten gemeinsam etwa zwei Meilen von der Stadt entfernt, aber die Straße ging weiter. Sie krümmte sich nur ein wenig Richtung Osten. Der wolkenverdunkelte Abend wurde von der Nacht verschluckt, und der Nieselregen ging weiter. Moiraine und Lan behielten ein gleichmäßiges, raumgreifendes Tempo bei. Die Pferdehufe klatschten durch Pfützen auf dem harten Erdboden der Straße. Der Mond schien durch Lücken zwischen den Wolken. Um sie herum erhoben sich niedrige Hügel und immer häufiger sahen sie nun Bäume. Perrin glaubte, bald werde ein Wald folgen, doch der Gedanke löste Unbehagen in ihm aus. Ein Wald konnte sie vor Verfolgern verbergen, aber Verfolger konnten sich ihnen dort auch nähern, bevor sie sie bemerkten.

Ein dünnes Heulen erhob sich weit hinter ihnen. Einen Augenblick lang glaubte er, es stamme von einem Wolf. Er überraschte sich selbst damit, daß er seine Gedanken nach dem Wolf ausschweifen ließ, bevor er sich bremsen konnte. Dann erscholl der Schrei wieder, und er wußte, es war kein Wolf. Andere Schreie antworteten dem einen, alle meilenweit hinter ihnen. Es war ein unheimliches Heulen, in dem Blut und Tod mitschwangen, das Alpträumen entsprungen war. Zu seiner Überraschung verlangsamten Moiraine und Lan ihr Tempo. Die Aes Sedai musterte die Hügel in ihrer nächtlichen Umgebung.

»Sie sind weit weg«, sagte er. »Wenn wir so weitermachen, holen sie uns nicht ein.«

»Die Schattenhunde?« knurrte Zarine. »Das sind die Schattenhunde? Seid Ihr sicher, daß es nicht die Wilde Jagd ist, Aes Sedai?«

»Aber das ist es doch«, antwortete Moiraine. »Genau das ist es.«

»Den Schattenhunden könnt Ihr nicht davonrennen, Schmied«, sagte Lan, »auch nicht auf dem schnellsten Pferd. Immer müßt Ihr euch ihnen stellen und sie besiegen, oder sie werden Euch zerreißen.«

»Weißt du, ich hätte ja im Stedding bleiben können«, sagte Loial. »Meine Mutter hätte mich dann jetzt schon verheiratet, aber es wäre kein schlechtes Leben gewesen. Eine Menge Bücher. Ich mußte nicht unbedingt nach Draußen.«

»Dorthin«, sagte Moiraine, und sie deutete auf eine hohe, baumlose Erhebung ein ganzes Stück zu ihrer Rechten. Mehr als zweihundert Schritt im Umkreis konnte Perrin keinen einzigen Baum entdecken, und dahinter wuchsen sie auch nur spärlich. »Wir müssen sie kommen sehen, wenn wir eine Chance haben wollen.«

Das unheimliche Heulen der Schattenhunde erhob sich wieder, diesmal näher, wenn auch noch ein gutes Stück weit entfernt.

Lan ließ Mandarb ein wenig schneller voranschreiten, nachdem Moiraine nun das Schlachtfeld ausgewählt hatte. Beim Hinaufklettern klapperten die Hufe der Pferde über Felsgestein, das halb unter dem Erdboden begraben und vom Regen schlüpfrig war. In Perrins Augen waren die Kanten der Steine zu regelmäßig, um natürlich entstanden zu sein. Oben angekommen, stiegen sie neben einem niedrigen, abgerundeten Steinblock ab. Der Mond erschien in einer Lücke zwischen den Wolken und er fand sich einem verwitterten! Steingesicht gegenüber, das etwa zwei Schritt lang war. Ein Frauengesicht, dachte er, wenn man die Länge der Haare in Betracht zog. Im Regen sah es aus, als weine sie.

Moiraine stieg ebenfalls ab und spähte in die Richtung, aus der das Heulen erschollen war. Sie war eine schattenhafte Gestalt mit großer Kapuze. Regentropfen glitzerten im Mondschein auf dem Öltuch ihres Umhangs.