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Mat zuckte unsicher die Achseln. »Ja, meine Königin.

Aber... äh... ich will eigentlich nicht wieder nach Tar Valon gehen. Einmal im Leben eines Mannes reicht. Mein Pa braucht mich, um den Hof bearbeiten zu helfen. Meine Schwestern müssen die ganze Melkerei allein machen, wenn ich weg bin.«

Gaebril lachte, ein tiefes, amüsiertes Grollen. »Freut Ihr euch denn darauf, Kühe zu melken, Junge? Vielleicht solltet Ihr noch etwas von der Welt sehen, bevor sie sich ändert. Hier!« Er zog eine Geldbörse heraus und warf sie. Mat spürte durch den Waschlederbeutel hindurch Münzen, als er sie fing. »Wenn Elayne Euch eine Goldmark gibt, damit Ihr den Brief überbringt, gebe ich Euch zehn für die sichere Ablieferung. Schaut Euch die Welt an, bevor Ihr zu Euren Kühen zurückkehrt.«

»Ja, Lord Gaebril.« Mat hob die Börse an und brachte ein schwaches Grinsen zuwege. »Ich danke Euch, Lord Gaebril.«

Aber der dunkle Mann hatte sich bereits abgewandt und stand mit den Fäusten auf die Hüften gestützt vor Morgase. »Ich glaube, die Zeit ist gekommen, diese Pestbeule an der Grenze Andors aufzustechen, Morgase. Durch Eure Heirat mit Taringail Damodred habt Ihr ein Recht auf den Sonnenthron. Die königliche Garde kann dieses Recht so gut wie jeder andere durchsetzen. Vielleicht kann ich ihnen sogar auf die eine oder andere Art dabei ein wenig behilflich sein. Hört mich an.«

Tallanvor berührte Mat am Arm, und sie zogen sich rückwärts und unter Verbeugungen zurück. Mat glaubte nicht, daß irgend jemand sie beachtete. Gaebril sprach noch immer und jeder Lord und jede Lady schien gespannt an seinen Lippen zu hängen. Morgase runzelte wohl die Stirn beim Zuhören, doch sie nickte so eifrig wie alle anderen.

47

Wettlauf mit dem Schatten

Tallanvor führte Mat schnell aus dem kleinen Innenhof mit dem Fischteich zum großen Vorhof des Palastes. Das hohe, vergoldete Haupttor glänzte in der Sonne. Bald war Mittagszeit. Mat hatte Eile, den Palast so schnell wie möglich zu verlassen. Es fiel ihm schwer, sich dem ruhigen Schritt des jungen Offiziers anzupassen. Aber wenn er zu laufen begann, würde das Fragen auslösen. Vielleicht, aber nur vielleicht, war wirklich alles so, wie es in dem kleinen Hof geklungen hatte. Vielleicht ahnte Gaebril wirklich nicht, daß er Bescheid wußte. Vielleicht. Er dachte an diese beinahe tiefschwarzen Augen, die seinen Kopf wie die Zinken einer Mistgabel durchbohrten. Licht, vielleicht. Er zwang sich zu einem gemächlichen Schritt, als habe er alle Zeit der Welt. Nur ein wollköpfiger Dorftrottel, der die Teppiche und das ganze Gold angafft. Nur ein Bauer, der niemals annehmen würde, jemand wolle ihm ein Messer in den Rücken rammen. Dann ließ ihn Tallanvor durch eine kleine Seitentür im Torhaus hinaus und kam selbst nach.

Der fette Offizier mit den Rattenaugen war immer noch dort bei den Wachsoldaten, und als er Mat sah, lief sein Gesicht so rot an wie zuvor. Ehe er allerdings den Mund aufbrachte, sprach Tallanvor: »Er hat der Königin einen Brief von der Tochter-Erbin überbracht. Seid froh darüber, Elber, daß weder Morgase noch Gaebril wissen, daß Ihr versucht habt, ihnen diesen Brief vorzuenthalten. Lord Gaebril hatte großes Interesse an der Nachricht von Lady Elayne!«

Elbers Gesicht verfärbte sich schon wieder. Diesmal wurde er so blaß wie sein weißer Kragen. Er sah Mat kurz und haßerfüllt an und lief dann hastig die Reihe der Wachsoldaten entlang. Seine Knopfaugen spähten durch die Gitter der Visiere, als wolle er feststellen, ob einer von ihnen seine Angst bemerkt hatte.

»Dankeschön«, sagte Mat zu Tallanvor, und das kam aus ehrlichem Herzen. Er hatte den fetten Mann schon vergessen gehabt, bis er sein Gesicht wiedergesehen hatte. »Lebt wohl, Tallanvor.«

Er schritt über den ovalen Vorplatz, nicht gerade auffällig schnell natürlich, und war überrascht, daß Tallanvor mitkam. Licht, gehört er zu Gaebril oder zu Morgase? Er spürte im Geist schon ein Jucken zwischen den Schulterblättern, wo vielleicht bald eine Messerklinge eindringen würde — Er kann es nicht wissen, seng mich! Gaebril hat mich bestimmt nicht im Verdacht! —, da äußerte sich der junge Offizier endlich: »Wart Ihr lange in Tar Valon? In der Weißen Burg? Lange genug, um einiges zu sehen?«

»Ich war nur drei Tage lang dort«, sagte Mat vorsichtig. Er hätte den angeblichen Aufenthalt noch verkürzt, aber es wäre dann unglaubwürdig gewesen, den ganzen Weg dorthin zurückzulegen, um seine Schwester zu besuchen, und dann sofort wieder abzureisen. Es wäre ihm lieber gewesen, er hätte den Brief loswerden können, ohne überhaupt zu erwähnen, daß er in Tar Valon gewesen war. Was beim Licht will er? »In der Zeit habe ich nicht viel Wichtiges gesehen. Sie haben mich nicht herumgeführt und mir Sachen darüber erzählt. Ich war nur dort, um Else zu besuchen.«

»Aber Ihr müßt doch etwas gehört haben, Mann! Wer ist Sheriam? Hat es irgendeine Bedeutung, wenn man in ihrem Arbeitszimmer mit ihr spricht?«

Mat schüttelte so lebhaft den Kopf, daß ihm die Erleichterung nicht anzumerken war. »Ich weiß nicht, wer das ist«, sagte er wahrheitsgemäß. Vielleicht hatte er gehört, wie Egwene oder auch Nynaeve den Namen einmal erwähnt hatten. Sicher doch eine Aes Sedai? »Warum sollte das eine Bedeutung haben?«

»Ich weiß auch nicht«, sagte Tallanvor leise. »Ich weiß viel zu vieles nicht. Manchmal glaube ich, sie versucht, etwas mitzuteilen... « Er sah Mat scharf an. »Seid Ihr ein loyaler Andoraner, Thom Grinwell?«

»Natürlich bin ich das.« Licht, wenn ich das noch oft wiederhole, glaube ich selbst daran. »Wie steht es mit Euch? Dient Ihr Morgase und Gaebril genauso treu?«

Tallanvors Blick war stahlhart. »Ich diene Morgase, Thom Grinwell. Ich diene ihr bis zum Tod! Lebt wohl!« Er drehte sich um und ging zum Palast zurück, eine Hand am Schwertgriff.

Mat beobachtete ihn und murmelte: »Ich wette darum«

- damit warf er Gaebrils Geldbörse in die Luft und fing sie wieder auf —, »daß Gaebril dasselbe behauptet.« Welche Spielchen sie auch dort im Palast spielen mochten —  er wollte nichts damit zu tun haben. Und er wollte sichergehen, daß auch Egwene und die anderen aus dem Spiel waren. Diese närrischen Frauen! Jetzt muß ich ihnen wieder die Kastanien aus dem Feuer holen, anstatt meine eigenen zu ernten. Er fing erst zu laufen an, als die anderen Gebäude ihn vor den Blicken der Palastwache schützten.

Als er ›Der Königin Segen‹ betrat, hatte sich in der Bibliothek nicht viel geändert. Thom und der Wirt saßen immer noch über das Spielbrett gebeugt, wenn es auch ein neues Spiel war, wie er an der Position der Steine erkannte. Gill war schon wieder am Verlieren, und die gestreifte Katze lag wieder auf dem Tisch und putzte sich. In der Nähe der Katze stand ein Tablett mit ihren erkalteten Pfeifen und den Resten eines Mahls für zwei. Seine Sachen lagen aber nicht mehr auf dem Lehnstuhl. Jeder der beiden Männer hatte einen Becher Wein neben sich gestellt.

»Ich werde abreisen, Meister Gill«, sagte er. »Ihr könnt die Münze behalten und eine Mahlzeit abziehen. Ich bleibe lang genug, um zu essen, aber dann bin ich weg nach Tear.«

»Warum denn so eilig, Junge?« Thom schien die Katze aufmerksamer zu betrachten als das Spielbrett. »Wir sind doch gerade erst angekommen.«

»Also habt Ihr Lady Elaynes Brief übergeben, ja?« sagte der Wirt eifrig. »Und den Kopf oben behalten, wie es scheint. Seid Ihr tatsächlich über die Mauer gestiegen wie der andere junge Mann? Nein, das ist nicht wichtig. Hat der Brief Morgase beruhigt? Müssen wir immer noch auf Zehenspitzen durchs Land laufen, Mann?«