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»Ich denke, er hat sie beruhigt«, sagte Mat. »Ja, ich glaube schon.« Er zögerte einen Moment und ließ Gaebrils Geldbörse in der Hand auf und ab hüpfen. Es klimperte darin. Er hatte nicht nachgesehen, ob wirklich zehn Goldmark drin waren, aber das Gewicht schien zu stimmen. »Meister Gill, was könnt Ihr mir über Gaebril erzählen? Abgesehen von der Tatsache, daß er keine Aes Sedai leiden kann. Ihr habt gesagt, er sei noch nicht lang in Caemlyn?«

»Warum willst du mehr von ihm wissen?« fragte Thom. »Basel, ziehst du jetzt oder nicht?« Der Wirt seufzte und stellte einen schwarzen Stein auf das Brett, doch der Gaukler schüttelte den Kopf.

»Also, Bursche«, sagte Gill, »es gibt da nicht viel zu erzählen. Er kam im Winter aus dem Westen. Irgendwo aus Eurer Richtung, glaube ich. Vielleicht von den Zwei Flüssen. Ich hörte, wie die Berge erwähnt wurden.«

»Wir haben keine Lords bei den Zwei Flüssen«, sagte Mat. »Vielleicht gibt es welche in der Gegend von Baerlon. Ich weiß es nicht.«

»Das könnte sein, Junge. Ich hatte auch vorher noch nie von ihm gehört, aber ich kenne mich im Landadel ja auch nicht aus. Er kam, als Morgase noch in Tar Valon war, und die halbe Stadt fürchtete, daß die Weiße Burg sie auch noch verschwinden lassen würde. Die andere Hälfte wollte sie gar nicht zurückhaben. Die Unruhen begannen wieder, so wie letztes Jahr am Ende des Winters.«

Mat schüttelte den Kopf. »Ich kümmere mich nicht um Politik, Meister Gill. Ich will nur etwas über Gaebril wissen.« Thom runzelte die Stirn und begann, seine Pfeife mit einem Strohhalm zu reinigen.

»Es ist ja auch Gaebril, von dem ich erzähle, Junge«, sagte Gill. »Während der Unruhen machte er sich zum Anführer der Partei, die Morgase unterstützte. Er wurde auch einmal im Kampf verwundet, wie man sich erzählt. Als sie zurückkehrte, hatte er alles unter Kontrolle. Gareth Bryne gefielen Gaebrils Methoden nicht gerade, denn er greift schon sehr hart durch, aber Morgase war so froh darüber, daß die Ordnung wiederhergestellt war, daß sie ihn auf Elaidas Position beförderte.«

Der Wirt schwieg. Mat wartete darauf, daß er fortfuhr, doch das tat er nicht. Thom stopfte seine Pfeife, ging hinüber zu einer kleinen Lampe, die eben zu diesem Zweck oben auf dem Kaminsims stand, und entzündete einen Kienspan.

»Was noch?« fragte Mat. »Der Mann muß doch einen Grund für das haben, was er tut. Wenn er Morgase heiratet, wird er dann nach ihrem Tod König? Ich meine, wenn auch Elayne tot wäre?«

Thom erstickte fast, als er seine Pfeife anzuzünden versuchte, und Gill lachte. »Andor hat eine Königin, Junge. Immer eine Königin. Falls sowohl Morgase wie auch Elayne sterben sollten — Licht verhüte es! —, dann würde Morgases engste weibliche Verwandte den Thron besteigen. Zumindest ist es gar keine Frage, wer das sein würde: eine Cousine, Lady Dyelin. Das ist nicht wie damals bei der Thronfolge, als Tigraine verschwand. Damals dauerte es ein Jahr, bis Morgase auf dem Löwenthron saß. Dyelin könnte Gaebril als ihren Ratgeber beibehalten oder ihn heiraten, um die Dynastie fortzuführen, aber auch dann wäre er nur der Prinzgemahl. Und sie würde ihn wohl auch kaum heiraten, außer, Morgase hätte ein Kind von ihm. Mehr kann er nicht werden. Dem Licht sei Dank, daß Morgase noch eine junge Frau ist. Und Elayne ist gesund. Licht! Stand etwa in dem Brief, daß sie krank ist?«

»Es geht ihr gut.« Jedenfalls im Moment noch. »Gibt es sonst nichts, was Ihr mir über ihn erzählen könnt? Ihr scheint ihn nicht gerade zu mögen. Warum?«

Der Wirt runzelte die Stirn und dachte wohl angestrengt nach. Dann kratzte er sich am Kinn und schüttelte den Kopf. »Ich glaube, es würde mir nicht passen, wenn er Morgase heiratet, aber ansonsten weiß ich es selbst nicht. Man sagt, er sei ein toller Mann. Die Adligen schauen alle zu ihm auf. Ich mag allerdings die meisten der Männer überhaupt nicht, die er in die Garde hineingebracht hat. Zuviel hat sich geändert, seit er kam, aber man kann ihn nicht für alles verantwortlich machen.

Es gibt nur zuviel heimliches Murren, seit er kam. Man könnte glauben, es herrschten hier Zustände wie im Cairhien vor dem Bürgerkrieg. Alle spinnen Intrigen und versuchen, sich einen Vorteil zu verschaffen. Seit Gaebril kam, habe ich Alpträume, und ich bin nicht der einzige. Natürlich ist es Unsinn, sich über Träume Gedanken zu machen. Es ist vielleicht nur die Sorge um Elayne und was Morgase in bezug auf die Weiße Burg unternimmt und die Leute, die sich wie in Cairhien verhalten. Ich weiß es einfach nicht. Warum fragt Ihr mich so über Lord Gaebril aus?«

»Weil er Elayne töten will«, sagte Mat, »und Egwene und Nynaeve auch.« Aus dem, was ihm Gill erzählt hatte, konnte er nichts entnehmen, was ihm weitergeholfen hätte. Seng mich, ich muß ja nicht unbedingt wissen, warum er sie umbringen lassen will. Ich muß es nur verhindern. Beide Männer starrten ihn an, als sei er verrückt geworden. Schon wieder.

»Werdet Ihr wieder krank?« fragte Gill mißtrauisch. »Ich erinnere mich daran, als Ihr zuletzt alle derartig böse angeschaut habt. Entweder das, oder Ihr haltet das vielleicht für einen Streich. Ihr scheint mir einer, der es faustdick hinter den Ohren hat. Falls es so ist, dann ist das ein verdammt gemeiner Streich.«

Mat verzog das Gesicht. »Es ist kein verfluchter Streich. Ich habe zufällig mitgehört, wie er einem Mann namens Comar befahl, Elayne den Kopf abzuschlagen. Und, wenn er schon dabei wäre, auch die von Egwene und Nynaeve. Ein großer Mann mit einer weißen Strähne im Bart.«

»Das klingt nach Lord Comar«, sagte Gill bedächtig. »Er war ein guter Soldat, aber man behauptet, er hätte die Garde wegen einer Geschichte mit gezinkten Würfeln verlassen. Nicht, daß ihm das jemand ins Gesicht sagen würde — Comar war einer der besten Schwertkämpfer der Garde. Ihr meint es wirklich ernst, oder?«

»Ich glaube schon, Basel«, sagte Thom. »Ich glaube es wirklich.«

»Das Licht leuchte uns! Was hat Morgase gesagt? Ihr habt es ihr doch bestimmt gesagt, oder? Das Licht soll Euch versengen — Ihr habt es ihr doch wohl gesagt?«

»Klar«, sagte Mat mit bitterer Stimme. »Wo doch Gaebril gleich neben ihr stand und sie ihn wie eine liebeskranke Hündin angehimmelt hat! Ich sagte: ›Ich mag ja ein einfacher Dorftrottel sein, der vor einer halben Stunde über Eure Mauer geklettert ist, aber ich weiß trotzdem bereits, daß Euer vertrauenswürdiger Ratgeber hier, in den Ihr anscheinend verliebt seid, vor hat, Eure Tochter zu ermorden.‹ Licht, Mann, sie hätte mir den Kopf abschlagen lassen!«

»Das kann gut angehen.« Thom betrachtete die feinen Schnitzereien an seinem Pfeifenkopf und zupfte an einer Seite seines Schnurrbarts. »Ihr Zorn kommt immer wie der Blitz aus heiterem Himmel, nur doppelt so gefährlich.«

»Du mußt es ja wissen, Thom«, sagte Gill mit abwesendem Blick. Er blickte ins Leere und fuhr sich mit beiden Händen durch das ergraute Haar. »Es muß doch etwas geben, was ich tun kann. Ich habe seit dem Aiel-Krieg kein Schwert mehr in der Hand gehabt, aber... Ach, das würde auch nichts bringen. Ich würde mich umbringen lassen und nichts damit erreichen. Aber irgend etwas muß ich unternehmen!«

»Gerüchte.« Thom rieb sich einen Nasenflügel. Er schien das Spielbrett zu betrachten und Selbstgespräche zu führen. »Niemand kann verhindern, daß Gerüchte Morgases Ohren erreichen, und wenn sie es oft genug hört, wird sie nachdenklich werden. Gerüchte sind die Stimme des Volkes, und die Stimme des Volkes sagt oftmals die Wahrheit. Das weiß Morgase. Wenn es um das Große Spiel geht, würde ich niemals gegen sie wetten. Verliebt oder nicht: Sobald Morgase anfängt, Gaebril unter die Lupe zu nehmen, wird er nicht einmal mehr seine geheimsten Kinderträume vor ihr verbergen können. Und wenn sie erfährt, daß er Elayne etwas antun will« — damit setzte er einen Stein auf das Brett; zuerst hielt Mat den Zug für eigenartig, aber dann sah er, daß mit drei Zügen etwa ein Drittel von Gills Steinen in der Falle sitzen würden —, »wird Lord Gaebril eine wunderschöne Beerdigung erleben.«