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»Mutter Guenna hat mir von Eurem Problem berichtet«, sagte er ruhig, als er seine Tasse abstellte. »Ich helfe Euch, wenn ich kann, aber es kann sein, daß mich die Hochlords bald auf einen eigenen Fall ansetzen.«

Die große Frau schnaubte. »Juilin, seit wann fängst du an, wie ein Ladenbesitzer zu feilschen, der versucht, Leinen zum Preis von Seide zu verkaufen? Behaupte bitte nicht, du wüßtest, wann dich die Hochlords auf einen Fall ansetzen, bevor sie es selbst wissen.«

»Das behaupte ich auch nicht«, erklärte ihr Sandar lächelnd, »aber ich weiß, wann ich Männer nachts auf den Dächern gesehen habe. Nur so aus dem Augenwinkel — sie sind in der Lage, sich so gut zu verbergen wie ein Röhrenfisch im Tang —, aber ich habe die Bewegung beobachtet. Keiner hat bisher einen Diebstahl gemeldet, aber es sind Diebe innerhalb der Mauern unterwegs, darauf könnt Ihr wetten! Denkt an mich, wenn ich in nicht einmal einer Woche in den Stein gerufen werde, weil eine Diebesbande in die Häuser von Kaufleuten oder sogar in die Herrenhäuser der Lords einbricht. Die Verteidiger bewachen vielleicht die Straßen, aber wenn es Diebe zu verfolgen gilt, rufen sie einen Diebfänger, und das heißt, zu allererst rufen sie mich. Ich versuche nicht, meinen Preis hinaufzutreiben, aber was ich auch für diese hübschen Frauen tun kann: Es muß bald geschehen.«

»Ich glaube, er sagt die Wahrheit«, meinte Ailhuin zögernd. »Er wird Euch zwar erzählen, der Mond sei grün und das Wasser weiß, wenn er glaubt, es brächte ihm einen Kuß ein, aber er lügt nicht so oft wie andere Männer, wenn es um anderes geht. Er ist vielleicht der ehrlichste Mann, der je im Mauleviertel geboren wurde.« Elayne hielt sich eine Hand vor den Mund, und Egwene kämpfte mit dem Lachen. Nynaeve saß unbewegt und offensichtlich ungeduldig da.

Sandar schnitt der grauhaarigen Frau eine Grimasse und entschloß sich dann wohl, das Gesagte zu ignorieren. Er lächelte Nynaeve an. »Ich gebe zu, daß ich in bezug auf diese Diebinnen neugierig bin. Ich habe schon mit Diebinnen zu tun gehabt und auch mit Diebesbanden, aber ich habe noch nie von einer weiblichen Diebesbande gehört. Und ich schulde Mutter Guenna den einen oder anderen Gefallen.« Seine Blicke schienen Nynaeve erneut abzuschätzen.

»Was verlangt Ihr dafür?« fragte sie scharf.

»Wenn ich gestohlene Güter wiederfinden soll«, antwortete er knapp, »verlange ich den zehnten Teil des Werts der Güter, die ich wieder beschaffe. Wenn ich Menschen aufspüren soll, verlange ich eine Silbermark pro Person. Mutter Guenna sagt, die gestohlenen Sachen wären wenig wert, außer für Euch, gute Frau, also schlage ich vor, daß Ihr mir diese zum Auftrag macht.« Er lächelte wieder. Seine Zähne waren blendend weiß. »Ich würde Euch überhaupt kein Geld abnehmen, aber das würde die Bruderschaft nicht gern sehen. So nehme ich halt so wenig es nur geht. Eine Kupfermünze oder zwei, mehr nicht.«

»Ich kenne einen Diebfänger«, sagte Elayne zu ihm. »Aus Schienar. Ein äußerst respektvoller Mensch. Er trägt sowohl Schwert, wie auch Schwertbrecher. Warum tut Ihr das nicht?«

Sandar blickte einen Moment lang verwirrt drein, und dann schien er sich über die eigene Verwirrung zu ärgern.

Er hatte entweder ihre Andeutung nicht verstanden, oder sich entschlossen, sie nicht zu beachten. »Ihr kommt nicht aus Tear. Ich habe von Schienar gehört, gute Frau — Geschichten von Trollocs und daß jeder Mann dort ein Krieger sei.« Seinem Lächeln nach betrachtete er so etwas als Märchen.

»Wahre Geschichten«, sagte Egwene. »Oder jedenfalls wahr genug. Ich war schon in Schienar.«

Er blinzelte kurz und fuhr fort: »Ich bin kein Lord und kein reicher Kaufmann, aber eben auch kein Soldat. Die Verteidiger machen Ausländern nicht viel Schwierigkeiten, wenn sie Schwerter tragen, außer natürlich, sie wollen sich sehr lange hier aufhalten. Aber mich würde man in eine der Zellen unter dem Stein stecken. Es gibt da Gesetze, gute Frau.« Wie unbewußt streichelte er mit der Hand seinen Stock. »Ich kann ganz gut auch ohne Schwert auskommen.« Er widmete sein Lächeln wieder Nynaeve allein. »Und jetzt beschreibt mir doch bitte diese Sachen... «

Er brach ab, als sie ihre Börse an die Tischkante stellte und dreizehn Silbermark abzählte. Egwene war der Meinung, sie habe die leichtesten Münzen ausgewählt. Die meisten kamen aus Tear, nur eine aus Andor. Die Amyrlin hatte ihnen eine Menge Gold mitgegeben, aber selbst das würde nicht auf ewig reichen. Nynaeve blickte noch einmal nachdenklich in ihre Börse, bevor sie den Riemen wieder verschnürte und sie in ihre Gürteltasche zurücksteckte. »Es sind dreizehn Frauen, die Ihr finden sollt, Meister Sandar, und Ihr bekommt noch einmal genausoviel Silber, wenn Ihr sie wirklich gefunden habt. Spürt sie auf, und wir holen uns unser Eigentum selbst wieder.«

»Das besorge ich selber und für weniger als das hier«, protestierte er. »Und Extrabelohnungen sind nicht nötig. Ich verlange, was ich eben verlange. Ihr müßt keine Angst haben, daß ich bestechlich sei.«

»Das ist nicht zu befürchten«, stimmte Ailhuin ihm zu. »Ich sagte doch, er ist ehrlich. Ihr dürft ihm nur nicht glauben, wenn er behauptet, er liebe Euch.« Sandar funkelte sie an.

»Ich bezahle dafür, Meister Sandar«, sagte Nynaeve entschlossen, »und deshalb bestimme ich, was ich kaufen will. Werdet Ihr diese Frauen aufspüren und nichts weiter?« Sie wartete, bis er nickte, wenn auch widerwillig, bevor sie fortfuhr: »Sie halten sich vielleicht beieinander auf, vielleicht aber auch nicht. Die erste ist aus Tarabon. Sie ist ein wenig größer als ich, hat dunkle Augen und helles, honigfarbenes Haar, das sie, wie es in Tarabon Mode ist, zu vielen kleinen Zöpfen geflochten trägt. Die Männer würden sie wohl hübsch finden, aber sie betrachtet so etwas nicht als Kompliment. Sie hat einen gemeinen Schmollmund. Die zweite kommt aus Kandor. Sie hat langes, schwarzes Haar mit einer weißen Strähne über dem linken Ohr und... «

Sie nannte keine Namen, und Sandar fragte nicht danach. Namen konnte man so leicht ändern. Nun, da es um Geschäftliches ging, war sein Lächeln verschwunden. Dreizehn Frauen beschrieb sie, und er hörte aufmerksam zu. Als sie fertig war, war Egwene sicher, daß er die Beschreibungen von vorne bis hinten genau wiedergeben könne.

»Mutter Guenna hat Euch das vielleicht schon gesagt«, beendete Nynaeve ihren Vortrag, »aber ich wiederhole es noch maclass="underline" Diese Frauen sind gefährlicher, als Ihr glaubt! Soviel ich weiß, sind schon mehr als ein Dutzend Menschen durch ihre Hand gestorben, und ich wäre nicht überrascht, wenn das nur einen Tropfen Blut an ihren Händen darstellte.« Sandar und Ailhuin rissen die Augen auf. »Wenn sie merken, daß Ihr sie sucht, werdet Ihr sterben. Wenn sie Euch fangen, werden sie Euch zwingen, ihnen zu sagen, wo wir sind, und Mutter Guenna wird wahrscheinlich zusammen mit uns sterben.« Die grauhaarige Frau blickte ungläubig drein. »Glaubt es nur!« Nynaeves warnender Blick heischte Zustimmung. »Glaubt es, oder ich nehme das Silber wieder an mich und suche mir einen anderen Diebfänger mit mehr Hirn!«

»Als ich jung war«, sagte Sandar mit ernster Stimme, »hat mir eine Taschendiebin ein Messer in die Rippen gerannt, weil ich glaubte, ein hübsches junges Mädchen wäre damit nicht so schnell zur Hand wie ein Mann. Den Fehler begehe ich nie mehr. Ich werde mich verhalten, als seien all diese Frauen Aes Sedai und Schwarze Ajah.« Egwene hätte sich beinahe verschluckt. Er grinste verlegen, als er die Münzen aufsammelte und in seine Börse leerte, die er dann hinter die Schärpe steckte, die er als Gürtel trug. »Ich wollte Euch nicht erschrecken, gute Frau. Es sind keine Aes Sedai in Tear. Es kann ein paar Tage dauern, wenn sie nicht gerade alle zusammen sind. Dreizehn Frauen auf einmal sind leicht zu finden; getrennt wird es schwieriger. Aber ich werde sie so oder so finden. Und ich werde sie auch nicht vergraulen, bevor Ihr nicht wißt, wo sie sich aufhalten.«

Als er den Strohhut aufgesetzt und die Klogs angeschnallt hatte und aus der Hintertür verschwunden war, sagte Elayne: »Ich hoffe, er überschätzt sich nicht. Ailhuin, ich hörte, was er sagte, aber... Er hat doch begriffen, daß sie gefährlich sind, oder?«