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»Wenn Ihr ihn noch niemals gesehen habt«, fragte Mat, »woher wißt Ihr dann, daß er ein Kaufmann ist?«

Der Wirt betrachtete ihn, als sei er ein Dummkopf. »Sein Mantel, Mann, und sein Schwert! Wenn er von draußen kommt, kann er kein Lord oder Soldat sein, also muß er wohl ein reicher Kaufmann sein.« Er schüttelte den Kopf über soviel Dummheit der Ausländer. »Sie kommen in unsere Häuser und schauen uns von oben herab an. Sie befummeln vor unseren Augen die Mädchen, aber sie haben kein Recht dazu. Wenn ich ins Mauleviertel gehe, dann spiele ich nicht mit einem Fischer um dessen magere Kröten. Wenn ich nach Tavar gehe, spiele ich nicht mit den Bauern, die gekommen sind, ihre Ernte zu verkaufen.« Er polierte noch gewaltsamer drauflos. »Was für ein Glück der Mann hat. So muß er wahrscheinlich an sein Vermögen gekommen sein.«

»Er gewinnt, nicht wahr?« Gähnend fragte sich Mat, wie er wohl mit einem Mann spielen würde, der auch Glück hatte.

»Manchmal verliert er«, knurrte der Wirt, »wenn der Einsatz nur ein paar Silberpfennige beträgt. Manchmal. Aber wenn es um eine Silbermark geht... Ich habe ihn heute beim Kronenspiel nicht weniger als ein Dutzend Mal mit drei Kronen und zwei Rosen gewinnen sehen. Und beim Gipfelspiel noch um die Hälfte häufiger mit drei Sechsern und zwei Fünfern. Beim Dreierspiel wirft er immer nur Sechser und beim Kompaß mit jedem Wurf drei Sechser und einen Fünfer. Wenn er schon solches Glück hat, dann hat er meinen Segen, aber er soll es gefälligst an anderen Kaufleuten auslassen, wie es sich gehört. Wie kann ein Mann solches Glück haben?«

»Gezinkte Würfel«, sagte Thom und hustete wieder. »Wenn er sichergehen will, daß er gewinnt, benützt er Würfel, die immer auf dieselbe Seite fallen. Er ist schlau genug, nicht gerade die höchsten Würfe zu benützen, denn die Leute werden mißtrauisch, wenn man immerzu einen König würfelt« — dabei zog er eine Augenbraue in Richtung Mat hoch —, »aber halt ein Ergebnis, das kaum zu schlagen ist. Er kann es aber nicht dazwischen abändern, damit sie einmal auf eine andere Seite fallen.«

»Von so was habe ich schon gehört«, sagte der Wirt bedächtig. »Ich hörte, die Illianer verwenden das.« Dann schüttelte er den Kopf. »Aber beide Männer benützen die gleichen Würfel und den gleichen Becher. Es ist unmöglich.«

»Bringt mir zwei Würfelbecher«, sagte Thom, »und zwei Sätze Würfel. Kronen oder Augen, das spielt keine Rolle, solange es die gleichen sind.«

Der Wirt runzelte die Stirn, aber er ging, wobei er vorsichtigerweise den Zinnbecher mitnahm, und kam mit zwei Lederbechern zurück. Thom ließ die aus Knochen gefertigten Würfel vor Mat auf den Tisch rollen. Ob mit Augen oder Symbolen — jeder Satz Würfel, den Mat je gesehen hatte, war entweder aus Knochen oder Holz gefertigt. Diese hatten Augen. Er nahm sie in die Hand und sah Thom finster an. »Sollte ich daran etwas entdecken?«

Thom kippte sich die Würfel aus dem anderen Becher auf die Handfläche, und dann bewegte er sich so schnell, daß das Auge kaum folgen konnte. Er ließ sie wieder hineinfallen und drehte den Becher um, so daß er umgestülpt auf dem Tisch stand, bevor die Würfel herausfallen konnten. Er behielt seine Hand oben auf dem Becher. »Mache ein Zeichen auf jeden, Junge. Etwas Kleines, aber du mußt es als dein Zeichen erkennen.«

Mat tauschte fragende Blicke mit dem Wirt. Dann blickten beide den Becher an, der umgestülpt unter Thoms Hand stand. Er wußte, daß Thom irgendeinen Trick vorhatte. Die Gaukler vollbrachten immer unmögliche Sachen, wie Feuer zu schlucken oder Seidentücher aus der Luft zu pflücken. Aber er wußte nicht, wie Thom etwas anstellen sollte, wenn sie ihn so genau beobachteten. Also nahm er sein Messer aus der Scheide und machte einen kleinen Kratzer auf jeden Würfel, und zwar genau über die sechs Augen.

»In Ordnung«, sagte er und legte sie auf den Tisch zurück. »Zeig mir deinen Trick.«

Thom griff sich die Würfel, und dann legte er sie etwa einen Fuß entfernt wieder hin. »Schau nach deinen Markierungen, Junge.«

Mat runzelte die Stirn. Thoms Hand befand sich noch immer auf dem umgestülpten Lederbecher. Der Gaukler hatte sie nicht bewegt und auch nicht Mats Würfel auch nur in die Nähe gebracht. Er nahm also die Würfel in die Hand... und zwinkerte überrascht. Es war kein Kratzer darauf zu sehen. Der Wirt schnappte nach Luft.

Thom drehte seine freie Hand um und zeigte ihnen, daß er darin fünf Würfel hielt. »Deine Markierungen befinden sich auf diesen hier. Und genau das macht Comar. Es ist kinderleicht, obwohl ich nicht glaube, daß er die nötige Fingerfertigkeit besitzt.«

»Ich glaube nicht, daß ich mich mit dir auf ein Würfelspiel einlasse«, sagte Mat bedächtig. Der Wirt starrte die Würfel an, aber es schien nicht so, als habe er den Trick begriffen. »Ruft die Wache oder wie Ihr das hier nennt«, sagte Mat zu ihm. »Laßt ihn festnehmen.« In einer Gefängniszelle kann er niemanden umbringen. Aber — wenn sie schon tot sind? Er versuchte, den eigenen Gedanken zu verdrängen, aber der blieb hartnäckig. Dann sorge ich dafür, daß auch er stirbt und Gaebril, gleich, was ich dazu tun muß. Aber das stimmt doch alles nicht, seng mich! Sie können nicht tot sein!

Der Wirt schüttelte den Kopf. »Ich? Ich und einen Kaufmann bei den Verteidigern anzeigen? Sie würden seine Würfel noch nicht einmal anschauen. Er würde nur ein Wort sagen, und ich läge in Ketten und würde auf den Kanalbaggern in den Fingern des Drachen arbeiten. Er könnte mich auch unverzüglich mit seinem Schwert niederstrecken, und die Verteidiger würden noch sagen, ich hätte es verdient gehabt. Vielleicht geht er ja bald.«

Mat verzog resignierend das Gesicht. »Wenn ich seinen Betrug aufdecke, reicht das dann? Ruft Ihr dann die Wache oder die Verteidiger oder wen auch immer?«

»Ihr versteht das nicht. Ihr seid ein Fremder. Selbst wenn er auch von weit her kommt, ist er doch ein reicher und bedeutender Mann.«

»Warte hier«, sagte Mat zu Thom. »Ich werde ihn nicht an Egwene und die anderen heranlassen, gleich, was ich tun muß.« Er gähnte und schob seinen Stuhl nach hinten.

»Warte, Junge«, rief Thom ihm leise aber eindringlich nach. Der Gaukler stand ebenfalls auf. »Seng dich, du weißt nicht, worauf du dich da einläßt!«

Mat bedeutete ihm, zu bleiben, und ging zu Comar hinüber. Niemand anders war inzwischen der Aufforderung des Bärtigen gefolgt, und der musterte nun Mat interessiert, als er seinen Bauernspieß an den Tisch stellte und sich hinsetzte.

Comar betrachtete Mats Mantel und grinste heimtückisch. »Wollt Ihr ein paar Kupfermünzen setzen, Bauer? Ich verschwende meine Zeit nicht mit... « Er unterbrach sich, als Mat eine andoranische Goldkrone auf den Tisch legte und ihn angähnte, ohne sich die Mühe zu machen, eine Hand vor den Mund zu halten. »Ihr seid schweigsam, Bauer. Aber Eure Manieren könntet Ihr verbessern. Nun ja, Gold hat seine eigene Stimme und braucht keine Manieren.« Er schüttelte den Lederbecher in seiner Hand und ließ die Würfel herausrollen. Er schmunzelte schon, bevor sie stillagen und drei Kronen sowie zwei Rosen zeigten. »Das schlagt Ihr nie, Bauer. Vielleicht habt Ihr in den Lumpen, die Ihr tragt, noch mehr Gold verborgen, das Er verlieren wollt? Was habt Ihr getan? Euren Herrn beraubt?«

Er faßte nach den Würfeln, doch Mat kam ihm zuvor. Comar schaute wütend drein, doch überließ er Mat den Becher. Wenn das gleiche Ergebnis herauskam, würden beide weiterwürfeln, bis einer schließlich gewann. Mat lächelte, als er den Becher schüttelte. Er wollte Comar keine Chance geben, sie auszutauschen. Wenn sie dreioder viermal dasselbe würfelten, genau dasselbe Ergebnis natürlich, würden auch diese Verteidiger herschauen. Der ganze Schankraum würde es sehen und sein Wort bezeugen.