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Alpträume schlichen sich in seinen Schlaf ein. Zweifellos rührte das von seinen bedrückenden Sorgen her. Egwene und Nynaeve und Elayne, dazu ein Bursche mit kurzgeschnittenem weißen Haar, der einen Mantel mit gestreiften Puffärmeln wie Comar trug, der lachte und ein Netz um sie herum webte. Nur, manchmal webte er dieses Netz um Moiraine und manchmal hielt er statt dessen ein Kristallschwert in der Hand, ein Schwert, das wie die Sonne strahlte, sobald er es berührte. Manchmal war es auch Rand, der dieses Schwert hielt. Aus irgendeinem Grund träumte er häufig von Rand.

Mat war sicher, es rühre alles davon her, daß er nicht genug Schlaf bekam und nicht genug zu essen, außer, er dachte gerade einmal daran. Doch er gab nicht auf. Er habe einen hohen Einsatz zu gewinnen, sagte er sich, und er hatte die Absicht zu gewinnen, und wenn er sich dabei umbringen mußte.

50

Der Hammer

Die Nachmittagssonne brannte heiß auf die Fähre, als sie in Tear anlegte. Auf den dampfenden Pflastersteinen des Kais standen die Pfützen, und die Luft schien Perrin genauso feucht wie in Illian. Die Luft roch nach Pech und Holz und Hanf — er konnte weiter südlich am Fluß Werften erkennen —, nach Gewürzen und Eisen und Hafer, nach Parfüm und Wein und hundert verschiedenen Düften, die er aus dem Gemisch nicht deuten konnte. Das meiste drang aus den Lagerhäusern hinter den Hafenanlagen. Als der Wind einen Augenblick lang auf Nord drehte, fing seine Nase auch den Gestank von Fisch auf, aber der verflog wieder, als sich der Wind erneut drehte. Kein Geruch nach irgend etwas, das man jagen konnte. Sein Geist suchte nach den Wölfen, bevor ihm klar wurde, was er da tat, und er sich dagegen abschloß. Das hatte er in letzter Zeit zu oft getan. Natürlich waren keine Wölfe da gewesen. Nicht in einer Stadt wie dieser. Er wünschte, er fühlte sich nicht so... einsam.

Sobald die Rampe am Ende der Fähre heruntergeklappt war, führte er Traber hinter Moiraine und Lan zum Kai hinüber. Die riesige Gestalt des Steins von Tear lag zu ihrer Linken so im Schatten, daß er wie ein Berg wirkte, trotz der mächtigen Flagge am höchsten Punkt. Er wollte den Stein nicht ansehen, aber es schien unmöglich, die Stadt zu betrachten, ohne hinzuschauen. Ist er schon hier? Licht, wenn er schon versucht haben sollte, da hineinzugelangen, ist er möglicherweise tot. Und dann wäre alles umsonst gewesen.

»Was wollen wir hier eigentlich finden?« fragte Zarine hinter ihm. Sie hatte nicht aufgehört, Fragen zu stellen. Nur fragte sie eben nicht den Behüter oder die Aes Sedai. »In Illian sahen wir Graue Männer und die Wilde Jagd. Was erwartet uns in Tear... von dem irgend jemand verhindern will, daß Ihr es findet?«

Perrin sah sich um. Keiner der Schauerleute, die mit Gütern beladen umherliefen, schien es gehört zu haben. Er war sicher, bei ihnen Angst gewittert zu haben, falls sie gelauscht hätten. Er schluckte die scharfe Erwiderung herunter, die er auf der Zunge gehabt hatte. Sie hatte ohnehin die schnellere und schärfere Zunge.

»Ich wünschte, Ihr wärt nicht so eifrig und optimistisch«, grollte Loial. »Ihr scheint zu glauben, daß es genauso leicht wird wie in Illian, Faile.«

»Leicht?« murmelte Zarine. »Leicht! Loial, man hätte uns beinahe zweimal in einer Nacht umgebracht. Illian allein hätte schon für ein Jägerlied ausgereicht. Wieso nennt Ihr das leicht?«

Perrin verzog das Gesicht. Ihm wäre es lieber gewesen, Loial hätte Zarine nicht bei dem Namen genannt, den sie selbst erwählt hatte. Das erinnerte ihn ständig daran, daß Moiraine glaubte, sie sei Mins Falke. Und es löste auch nicht sein Problem, zu entscheiden, ob sie die schöne Frau sei, vor der ihn Min gewarnt hatte. Zumindest bin ich noch nicht auf den Habicht gestoßen. Oder auf einen Tuatha'an mit einem Schwert! Das wäre ja wohl das mit Abstand Eigenartigste, oder ich will ein Wollhändler sein!

»Hör auf, Fragen zu stellen, Zarine«, sagte er beim Aufsteigen auf Traber. »Du wirst herausbekommen, warum wir hier sind, wenn sich Moiraine entschließt, es dir zu sagen.« Er bemühte sich, den Stein nicht anzusehen.

Sie wandte ihm den Blick aus diesen dunklen, schrägstehenden Augen zu. »Ich glaube, du weißt auch nicht, warum, Schmied. Ich glaube, deshalb sagst du mir nichts, weil du gar nichts weißt. Gib es nur zu, Bauernjunge.«

Er seufzte leicht und ritt hinter Moiraine und Lan her. Zarine bohrte bei Loial keineswegs nach, wenn sich der Ogier weigerte, ihre Fragen zu beantworten. Er glaubte, sie wolle ihn damit so bearbeiten, daß er schließlich doch diesen Namen benützte. Aber das würde er nicht tun.

Moiraine hatte den Umhang aus Ölzeug hinter ihren Sattel geschnallt, oben auf das unauffällige Bündel mit dem Drachenbanner, und trotz der Hitze hatte sie den blauen Leinenumhang aus Illian angelegt. Die tiefe, breite Kapuze verbarg ihr Gesicht. Ihr Ring mit der Großen Schlange hing an einer Schnur um ihren Hals. In Tear, hatte sie gesagt, waren Aes Sedai nicht gerade geächtet, aber es war verboten, die Macht zu benützen. Die Verteidiger des Steins beobachteten jede Frau ganz genau, die den Ring trug. Bei diesem Besuch in Tear wollte sie aber nicht beobachtet werden.

Lan hatte schon vor zwei Tagen seinen farbverändernden Umhang in die Satteltasche gesteckt, als klar war, daß derjenige, der die Schattenhunde ausgesandt hatte — Sammael, dachte Perrin schaudernd, und dann bemühte er sich, nicht mehr an diesen Namen zu denken —, daß derjenige keine weiteren Verfolger mehr geschickt hatte. Der Behüter hatte der Hitze Illians getrotzt, und der etwas geringeren in Tear machte er nun ebenfalls keine Zugeständnisse. Sein graugrüner Mantel war bis zum Kragen zugeknöpft.

Perrin hatte seine Jacke bis zur Mitte aufgeknöpft und das Hemd am Hals aufgebunden. In Tear war es vielleicht ein wenig kühler als in Illian, aber es war immer noch so heiß wie im Sommer in den Zwei Flüssen. Und immer nach dem Regen wurde die Hitze durch die hohe Luftfeuchtigkeit unerträglich. Sein Gürtel mit der Axt daran hing am Sattelhorn. Dort war sie zur Hand, falls er sie brauchte, und er fühlte sich wohler, wenn er sie nicht trug.

Er war überrascht über den Schlamm auf den ersten Straßen, über die sie ritten. Nur Dörfer und Kleinstädte hatten ungepflasterte Straßen, jedenfalls seiner bisherigen Erfahrung nach, und Tear war schließlich eine der großen Städte. Aber es schien den Leuten hier nichts auszumachen. Viele liefen barfuß herum. Eine Frau, die auf kleinen Holzklötzen lief, erregte kurz seine Aufmerksamkeit, und er fragte sich, warum nicht alle so etwas trugen. Diese Pumphosen, die von den Männern getragen wurden, schienen kühler als die enganliegenden, wie er sie trug, aber er hätte sich wohl wie ein Narr gefühlt, wenn er solche Hosen hätte tragen müssen. Er stellte sich vor, wie das bei ihm aussehen mochte, dann auch noch einen dieser runden Strohhüte auf dem Kopf, und dabei mußte er denn doch schmunzeln.

»Was findest du denn lustig, Perrin?« fragte Loial. Seine Ohren hingen herab, so daß die Haarbüschel daran in seinen Haaren verborgen waren, und er musterte die Menschen auf den Straßen besorgt. »Diese Leute wirken... niedergeschlagen, Perrin. So haben sie nicht auf mich gewirkt, als ich das letzte Mal hier war. Selbst Menschen, die zuließen, daß ihr Hain gefällt wurde, sollten nicht so dreinblicken.«

Als Perrin begann, die Gesichter zu betrachten, anstatt alles auf einmal sehen zu wollen, sah er, daß Loial recht hatte. Etwas fehlte an zu vielen dieser Gesichter.

Vielleicht Hoffnung. Neugier. Sie sahen kaum zu den Vorbeireitenden hoch, außer, um den Pferden auszuweichen. Statt um den Ogier auf seinem mächtigen Reittier hätte es sich genausogut um Lan oder Perrin handeln können.