Выбрать главу

Der Mann machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand. »Sie bedeuten weniger als nichts. Vielleicht eines Tages, wenn sie ausgebildet sind, aber nicht jetzt. Ich gebe zu, überrascht zu sein, daß sie Euch wichtig genug waren, um für mich nützlich zu sein. Aber Ihr wart immer schon ein Narr, der eher seinem Herzen folgte als der Macht. Ihr seid zu früh gekommen, Lews Therin. Nun müßt Ihr tun, worauf Ihr noch nicht vorbereitet seid, oder Ihr müßt sterben. Sterben in dem Bewußtsein, daß Ihr diese drei Frauen, an denen Euch soviel liegt, in meinen Händen zurücklaßt.« Er schien auf etwas zu warten. »Ich habe vor, sie weiterhin zu benützen, Brudermörder. Sie werden mir und meiner Macht dienen. Und das wird ihnen viel mehr weh tun als alles, was sie vorher erlitten haben.«

Hinter Rand blitzte Callandor auf, und sein Licht pulsierte warm an Rands Rücken. »Wer seid Ihr?«

»Ihr erinnert Euch tatsächlich nicht an mich, oder?« Der weißhaarige Mann lachte plötzlich. »Wenn man es so betrachtet, erkenne ich Euch auch nicht wieder. Ein Bauernbursche mit einem Flötenkasten auf dem Rücken. Hat Ishamael die Wahrheit gesagt? Er hat doch immer gelogen, wenn er sich damit auch nur den kleinsten Vorteil ergaunern konnte. Erinnert Ihr euch denn an nichts, Lews Therin?«

»Ein Name!« wollte Rand wissen. »Nennt mir Euren Namen.«

»Ihr könnt mich Be'lal nennen.« Das Gesicht des Verlorenen verfinsterte sich, als Rand auf diesen Namen nicht reagierte. »Nimm es!« fauchte Be'lal, und seine Hand deutete auf das Schwert hinter Rand. »Einst sind wir Seite an Seite in den Krieg gezogen, und deshalb gebe ich Euch eine Chance. Eine winzige Chance, doch eine, Euch zu retten und auch die drei, die ich zu meinen Spielzeugen machen will. Nimm das Schwert, Bauer! Vielleicht reicht es aus, um Euch zu helfen, mich zu überleben.«

Rand lachte. »Glaubt Ihr, Ihr könntet mich so leicht das Fürchten lehren, Verlorener? Ba'alzamon selbst hat mich verfolgt. Glaubt Ihr, ich werde mich nun vor Euch ducken, vor einem Verlorenen kriechen, wenn ich dem Dunklen König selbst widerstanden habe?«

»Glaubt Ihr das wirklich?« fragte Be'lal leise. »Ihr wißt wirklich überhaupt nichts.« Plötzlich hielt er ein Schwert in der Hand, ein Schwert mit einer Klinge, die aus schwarzem Feuer geformt war. »Nimm es! Nimm Callandor! Dreitausend Jahre lang, während ich gefangen lag, hat es hier gewartet. Auf Euch. Einer der mächtigsten Sa'Angreal , wie wir je angefertigt haben. Nehmt es und verteidigt Euch, falls Ihr dazu in der Lage seid!«

Er ging auf Rand zu, als wolle er ihn zu Callandor hintreiben, doch Rand hob seine Hände, und Saidin erfüllte ihn: der süße Strom der Macht, angereichert mit der ekelerregenden Bösartigkeit der Verderbtheit. Und er hielt ein Schwert aus roten Flammen in der Hand, ein Schwert, das auf seiner feurigen Klinge das Zeichen eines Reihers trug. Er bewegte sich, wie Lan es ihm beigebracht hatte, und er glitt wie im Tanz aus einer Figur in die andere: ›Die Seide zur Seite schieben‹; ›Das Wasser fließt bergab‹; ›Wind und Regen‹. Die Klinge aus schwarzem Feuer traf auf die aus rotem, und es regnete Funken, es dröhnte, als zersplittere weißglühendes Metall.

Rand erreichte mit einer flüssigen Bewegung wieder die Engarde-Position und mühte sich, seine plötzlich aufkeimende Unsicherheit nicht zu zeigen. Auch auf der schwarzen Klinge war ein Reiher zu sehen. Der Vogel war so dunkel, daß er fast nicht sichtbar war. Einmal hatte er einem Mann mit einem stählernen Reiherschwert gegenübergestanden, und er hatte es mit knapper Not überstanden. Er wußte, daß er an sich kein Recht hatte, das Zeichen des Schwertmeisters zu führen. Es war das Schwert gewesen, das ihm sein Vater gegeben hatte. Doch wenn er sich ein Schwert in seiner Hand vorstellte, war es immer dieses. Einmal hatte er sich selbst beinahe den Tod gegeben, wie es ihn der Behüter gelehrt hatte, aber er wußte, daß diesmal der Tod endgültig sein würde. Be'lal war besser als er im Schwertkampf. Stärker. Schneller. Ein wirklicher Meister des Schwerts.

Der Verlorene lachte auf und schwang sein Schwert mit schnellen Bewegungen vor sich. Das schwarze Feuer brauste auf, als werde es durch das schnelle Vorbeistreichen der Luft gespeist. »Ihr wart früher einmal ein großer Schwertkämpfer, Lews Therin«, sagte er spottend. »Erinnert Ihr euch daran, als wir diese zahme Sportart aufnahmen und lernten, mit dem Schwert zu töten, wie es in alten Büchern gestanden hatte? Erinnert Ihr euch auch nur an eine dieser verzweifelten Schlachten oder wenigstens an eine unserer blutigen Niederlagen? Natürlich nicht. Ihr erinnert Euch an nichts, oder? Diesmal habt Ihr nicht genug gelernt. Diesmal, Lews Therin, werde ich Euch töten.« Be'lals Spott wurde beißender. »Vielleicht könnt Ihr euer Leben ein wenig verlängern, wenn Ihr Callandor nehmt. Ein wenig.«

Er näherte sich langsam, als wolle er Rand Zeit geben, Zeit, sich umzudrehen und zu Callandor zu laufen, dem Schwert, Das Nicht Berührt Werden Kann, und es an sich zu nehmen. Aber der Zweifel nagte an Rand. Callandor konnte nur vom Wiedergeborenen Drachen berührt werden. Er hatte ihnen aus hunderterlei Gründen gestattet, ihn dazu auszurufen, weil er zu dieser Zeit keine andere Wahl gehabt hatte. Aber war er wirklich der Wiedergeborene Drache? Wenn er nicht im Traum, sondern nun in Wirklichkeit hinlief, um Callandor zu berühren, würde dann seine Hand auf eine unsichtbare Wand treffen, während ihn Be'lal von hinten niederstach?

Er stellte sich dem Verlorenen mit dem Schwert, das ihm vertraut war, der Klinge, die er mit Saidin geschmiedet hatte. Und wurde zurückgetrieben. Auf das ›Fallende Blatt‹ antwortete ihm ›Gewässerte Seide‹. ›Die Katze tanzt auf der Mauer‹ traf auf ›Der Keiler stürmt bergab‹. ›Der Fluß unterspült das Ufer‹ hätte ihn beinahe den Kopf gekostet, und er mußte sich wenig elegant zur Seite werfen, als die schwarze Flamme seine Haare versengte. Er rollte sich ab, kam auf die Beine und mußte sich ›Steine fallen von den Klippen‹ erwehren. Methodisch und absichtsvoll trieb ihn Be'lal im Kreis herum immer weiter auf Callandor zu.

Schreie warfen ein Echo zwischen den Säulen, das Klingen von Stahl auf Stahl, doch Rand hörte das kaum. Er und Be'lal waren im Herzen des Steins nicht mehr allein. Männer mit Brustpanzern und Helmen mit breiten Rändern fochten mit Schwertern in den Händen gegen schattenhafte, verschleierte Gestalten, die mit ständig zustechenden kurzen Speeren zwischen den Säulen einherhuschten. Ein paar der Soldaten formierten sich zu einer Reihe. Pfeile blitzten aus der Düsternis heran und trafen sie in die Kehle, ins Gesicht, und sie starben in ihrer Formation. Rand bemerkte den Kampf kaum — selbst als Männer nur wenige Schritte von ihm entfernt tot niederstürzten. Sein eigener Kampf war zu verzweifelt, und er benötigte all seine Konzentration. Feuchte Wärme rieselte an seiner Seite herunter. Die alte Wunde brach wieder auf.

Er stolperte plötzlich, da er den Toten vor seinen Füßen nicht bemerkt hatte, bis er auf dem Rücken, den Flötenkasten hart im Kreuz, auf dem Steinboden lag.

Be'lal hob seine Klinge aus schwarzem Feuer und fauchte: »Nimm es! Nimm Callandor und verteidige dich! Nimm es, oder ich töte dich sofort! Wenn du es nicht nimmst, töte ich dich jetzt!«

»Nein!«

Selbst Be'lal fuhr ob des Kommandotons in der Stimme der Frau zusammen. Der Verlorene trat aus Rands Schwertradius und wandte sein finsteres Gesicht Moiraine zu, die mitten durch die Schlacht schritt, die Augen gerade auf ihn gerichtet, als bemerke sie die Todesschreie in ihrer Umgebung gar nicht. »Ich hatte geglaubt, ich hätte Euch endlich los, Frau. Macht nichts. Ihr seid nur ein Plagegeist. Eine Stechmücke. Ein Stechmich. Ich werde Euch zu den anderen sperren und Euch lehren, mit Euren lächerlichen Kräften dem Schatten zu dienen«, schloß er unter verächtlichem Lachen und hob die freie Hand.