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Sandar holte ihn in dem Raum mit den Peitschen ein.

Die drei Frauen waren schon weg, aber Mat hatte das Gefühl, sie würden bestimmt unschwer zu finden sein. Ich muß bloß Männer finden, die verflucht in der Luft herumhängen! Verdammte Weiber! Er beschleunigte seine Schritte zum Trab.

Perrin schritt grimmig entschlossen durch die Gänge des Steins und suchte nach irgendeinem Anzeichen von Faile. Mittlerweile hatte er sie noch zweimal gerettet. Einmal hatte er sie aus einem eisernen Käfig herausgeholt, ähnlich dem des Aiels in Remen, und einmal hatte er eine stählerne Truhe mit dem Zeichen des Falken an der Seite aufgebrochen, in der sie lag. Beide Male hatte sie sich in Luft aufgelöst, nachdem sie seinen Namen genannt hatte. Springer trabte an seiner Seite und prüfte die Luft. So scharf Perrins Geruchssinn war — der des Wolfs war noch besser. Es war Springer gewesen, der sie zu der Truhe geführt hatte.

Perrin fragte sich, ob er sie wohl je in Wirklichkeit befreien könne. Nun hatte er, wie es schien, schon lange kein Zeichen mehr von ihr entdeckt. Die Gänge des Steins waren leer, die Lampen brannten, an den Wänden hingen Gobelins und Waffen, aber außer Springer und ihm selbst rührte sich nichts. Und ich glaube, das muß Rand gewesen sein. Er hatte nur einen flüchtigen Blick erhascht, einen Mann, der dahinrannte, als verfolge er jemanden. Das kann er doch nicht gewesen sein. Es kann nicht sein, aber ich glaube doch, daß er es war.

Springer lief plötzlich schneller und hielt auf eine weitere hohe Tür zu, diesmal mit Bronze ausgekleidet. Perrin bemühte sich, mit ihm Schritt zu halten, stolperte und fiel auf die Knie. Er streckte gerade rechtzeitig die Hand aus, um nicht aufs Gesicht zu fallen. Schwäche überfiel ihn, als bestünden all seine Muskeln nur noch aus Wasser. Auch nachdem sich dieses Gefühl wieder gelegt hatte, raubte es ihm einen Teil seiner Kraft. Es kostete ihn Mühe, wieder auf die Beine zu kommen. Springer hatte sich umgedreht und blickte ihn an.

Du bist zu sehr hier drüben, Junger Bulle. Das Fleisch wird schwächer. Du kümmerst dich nicht genug darum, an deinem Fleisch festzuhalten. Bald werden Fleisch und Traum miteinander sterben.

»Suche sie«, sagte Perrin. »Das ist alles, was ich will. Suche Faile.«

Gelbe Augen trafen auf gelbe Augen. Der Wolf drehte sich um und trabte zu der Tür hin. Hier durch, Junger Bulle.

Perrin erreichte die Tür und drückte dagegen. Sie rührte sich nicht. Es schien keinen Weg zu geben, sie zu öffnen: keine Klinke, nichts, woran er sie packen konnte. In das Metall war ein feines Muster eingeätzt, so fein, daß selbst seine Augen es kaum erkennen konnten. Falken. Tausende winziger Falken.

Sie muß hier sein. Ich glaube nicht, daß ich es noch viel länger aushalte. Mit einem Aufschrei schwang er seinen Hammer und ließ ihn gegen die Bronzetür donnern. Es klang wie ein großer Gong. Wieder schlug er zu, und der Ton des Aufschlags wurde tiefer. Ein dritter Schlag, und die Bronzetür zersplitterte wie Glas.

Drinnen, hundert Schritt von der zersplitterten Tür entfernt, saß ein Falke an eine Stange gekettet inmitten eines Lichtkreises. Der Rest des riesigen Raumes war von Dunkelheit erfüllt, von Dunkelheit und einem schwachen Rascheln wie von hundert Flügeln.

Er tat einen Schritt in den Raum hinein, und ein Falke flatterte mit ausgestreckten Krallen auf ihn zu. Die Krallen streiften im Vorbeiflug sein Gesicht. Er warf einen Arm über seine Augen. Krallen rissen an seinem Unterarm. Dann taumelte er auf den Vogelsitz zu. Wieder und wieder griffen nun die Vögel an. Falken tauchten ab, schlugen mit ihren Krallen zu, rissen an ihm, aber er schwankte schwerfällig weiter. Blut rann ihm über Schultern und Arme, besonders über den Arm, den er sich zum Schutz vor die Augen hielt. Den Blick hatte er stur auf den Falken in der Mitte des Lichtkreises gerichtet. Er hatte den Hammer verloren; wo, wußte er nicht. Aber er wußte, wenn er zurückgehen würde, ihn zu suchen, käme er ums Leben, bevor er ihn noch fand.

Als er den Vogelsitz erreichte, trieben ihn die zuschlagenden Krallen auf die Knie nieder. Unter seinem Arm hervor sah er den Falken auf der Stange an, und sie starrte mit lidlosen, dunklen Augen zurück. Die Kette, die ihr Bein festhielt, war an der Stange mit einem kleinen Schloß in Form eines Igels befestigt. Er packte die Kette mit beiden Händen. Nun achtete er nicht mehr auf die anderen Falken. Ein Wirbelwind messerscharfer Klauen umgab ihn. Mit letzter Kraft zerriß er die Kette. Der Schmerz und die Falken brachten Dunkelheit über ihn.

Er öffnete die Augen, und entsetzlicher Schmerz überfiel ihn, als hätte man mit tausend Messern sein Gesicht, die Arme und Schultern zerschnitten. Es spielte keine Rolle. Faile beugte sich über ihn. Diese dunklen, schräggestellten Augen blickten besorgt drein. Sie wischte sein Gesicht mit einem bereits blutgetränkten Lappen ab.

»Mein armer Perrin«, sagte sie leise. »Mein armer Schmied. Du bist so schlimm verletzt.«

Mit einer Anstrengung, die ihn weitere Schmerzen kostete, drehte er den Kopf. Er befand sich in dem kleinen Speiseraum im ›Stern‹, und in der Nähe eines Tischbeins lag ein holzgeschnitzter Igel, der nun in zwei Teile zerbrochen war. »Faile«, flüsterte er ihr zu. »Mein Falke.«

Rand befand sich immer noch im Herzen des Steins, aber es war verändert. Hier kämpften keine Männer, es lagen keine Toten herum, und er war ganz allein. Plötzlich ertönte der Klang eines großen Gongs durch den Stein, dann wieder, und selbst die Steine unter seinen Sohlen erzitterten. Ein drittes Mal dröhnte es, und dann brach das Geräusch abrupt ab, als sei der Gong zersprungen. Alles war ruhig.

Wo bin ich hier? fragte er sich. Noch wichtiger, wo ist Ba'alzamon?

Als Antwort schoß zwischen den Säulen ein flammender Lichtschein hervor und genau auf seine Brust zu, ein Lichtbalken wie der Moiraines zuvor. Instinktiv drehte er sein Handgelenk mitsamt dem Schwert. Es war Instinkt und vielleicht noch etwas anderes, was ihn dazu brachte, in diesem Augenblick einen Strom Saidins in Callandor zu leiten, eine Machtflut, die das Schwert heller aufglühen ließ als selbst dieser auf ihn zuschießende Lichtstrahl. Sein unsicheres Gleichgewicht zwischen Existenz und Zerstörung kam ins Wanken. Sicherlich würde ihn dieser Strom mit verschlingen.

Der Lichtstrahl traf auf Callandor und wurde von dessen Schneide gespalten. Auf jeder Seite schoß ein Strahl vorbei. Er spürte, wie sein Mantel versengt wurde und wie die Wolle zu brennen begann. Hinter ihm trafen die beiden Arme aus gefrorenem Feuer, aus flüssigem Licht, auf riesenhafte Sandsteinsäulen. Wo sie auftrafen, hörte der Stein zu existieren auf. Die brennenden Strahlen bohrten sich hindurch zu weiteren Steinsäulen, die das gleiche Schicksal erlitten. Das Herz des Steins grollte, als die Säulen umstürzten und in Staubwolken zerschmettert wurden. Ein Regen von Steinsplittern stob durch den Saal. Was aber direkt in den Lichtstrahl geriet, das... war einfach nicht mehr.

Aus dem Schatten ertönte ein wütendes Grollen, und der flammende Strahl rein weißer Hitze erlosch.

Rand schwang Callandor, als wolle er etwas direkt vor sich treffen. Der weiße Lichtschein, der die Form der Klinge verbarg, flammte hinaus und durchschnitt die Sandsteinsäule, hinter der das Grollen ertönt war. Der matt schimmernde Stein wurde wie Seide zerschnitten. Die durchtrennte Säule wankte. Ein Teil davon brach ab und stürzte von der Decke herab. Unten zerplatzte er in riesige, gezackte Brocken, die auf dem Fußboden zu liegen kamen. Als das Poltern verflogen war, hörte er weiter hinten das Geräusch von Stiefeln auf dem Steinboden. Fliehende Schritte.