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»Ich komme mit«, sagte Loial schnell. »Rand ist mein Freund. Und ich gebe zu: Ich will nichts verpassen. Wegen meines Buchs natürlich.«

Perrin überdachte sich seine Antwort erst einmal. Rand war sein Freund, was auch immer mit ihm bisher geschehen sein mochte. Und es war beinahe sicher, daß ihre Schicksale miteinander verknüpft waren, obwohl er das am liebsten vermieden hätte. »Es muß unternommen werden, nicht wahr?« fragte er schließlich. »Also komme ich mit.«

»Gut.« Moiraine rieb sich wieder die Hände. Sie wirkte wie ein Handwerker, der seine Arbeit beginnen wollte. »Ihr müßt Euch alle sofort vorbereiten. Rand hat Stunden Vorsprung auf uns. Ich will bis zum Mittag noch ein ganzes Stück vorwärtskommen.«

So zierlich sie auch war: ihre energische Persönlichkeit trieb sie an, und alle außer Lan gingen zur Tür. Loial mußte gebückt laufen, bis er aus der Tür war. Perrin mußte bei Moiraine unwillkürlich an eine Frau denken, die Gänse hütet und vor sich her treibt.

Als die anderen draußen waren, zögerte Min noch ein wenig und sprach Lan mit etwas zu süßem Lächeln an: »Wollt Ihr auch noch eine Botschaft überbringen lassen? Vielleicht an Nynaeve?«

Der Behüter wirkte so überrascht wie ein Pferd, das auf drei Beinen stehenbleibt. »Weiß denn etwa jeder...?« Dann hatte er sein Gleichgewicht wiedergefunden. »Wenn es etwas gibt, was sie von mir erfahren muß, werde ich es ihr selbst sagen.« Er schloß die Tür vor ihrer Nase.

»Männer!« knurrte Min in Richtung Tür. »Zu blind, um zu sehen, was selbst einem Stein klar ist, und zu stur, als daß man ihnen erlauben könnte, selbst zu denken.«

Perrin atmete tief ein. In der Luft der Talmulde hing immer noch ein schwacher Geruch nach Tod, aber es war besser, als drinnen eingesperrt zu sein. Um vieles besser.

»Saubere Luft«, seufzte Loial. »Der Rauch hat mich allmählich ein wenig gestört.«

Sie gingen nebeneinander den Hang hinunter. Unten am Bach standen alle Schienarer, die im Moment überhaupt stehen konnten, und lauschten Uno. Seinen ausladenden Gesten nach zu schließen, holte der Einäugige bestimmt in bezug auf seine vorher unterdrückten Flüche wieder auf. »Wie kommt es, daß ihr zwei so vorgezogen werdet?« fragte Min plötzlich. »Sie bat euch darum. Mir hat sie diese Höflichkeit nicht erwiesen.«

Loial schüttelte den Kopf. »Ich glaube, sie hat nur gefragt, weil sie sowieso wußte, was wir antworten würden, Min. Moiraine scheint Perrin und mich völlig zu durchschauen; sie weiß, was wir vorhaben. Aber du bist für sie ein Buch mit sieben Siegeln.«

Min schien nur wenig versöhnt. Sie blickte zu ihnen auf. Perrin auf der einen Seite war mehr als einen Kopf größer als sie, und Loial überragte Perrin um noch vieles mehr. »Das bringt mir auch nicht viel ein. Ich gehe trotzdem, wie ein Lamm zur Schlachtbank, hin, wo sie mich hinhaben will. Du hast dich eine Weile lang gut gehalten, Perrin. Du hast dich behauptet, als habe sie dir einen Mantel verkauft, der schon aus allen Nähten platzt.«

»Ich habe mich nicht unterkriegen lassen, wie?« sagte Perrin erstaunt. Es war ihm eigentlich erst jetzt klar geworden. »Es war nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte.«

»Du hast Glück gehabt«, brummelte Loial. »Eine Aes Sedai zu ärgern ist genauso, als stecke man seinen Kopf in ein Hornissennest.«

»Loial«, sagte Min, »ich möchte mit Perrin sprechen. Allein. Hättest du etwas dagegen?«

»Oh, natürlich nicht.« Er schritt schneller voran, so, wie er als Ogier normalerweise lief, und ließ sie schnell hinter sich. Dann zog er Pfeife und Tabaksbeutel aus einer Manteltasche.

Perrin sah sie mißtrauisch an. Sie biß sich auf die Unterlippe, als überlege sie, wie sie ihm etwas beibringen könne. »Siehst du jemals bei ihm etwas voraus?« fragte er und nickte in Richtung des Ogiers.

Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube, das geht nur bei Menschen. Aber ich habe bei dir Dinge gesehen, die du wissen solltest.«

»Ich habe dir gesagt... «

»Sei kein größerer Dickschädel als notwendig, Perrin. Dort drinnen, gleich nachdem du gesagt hattest, daß du mitkommst. Die Bilder waren vorher nicht da. Sie müssen etwas mit dieser Reise zu tun haben. Oder zumindest mit deiner Entscheidung, mitzukommen.«

Nach einem Augenblick sagte er zögernd: »Was hast du gesehen?«

»Einen Aiel in einem Käfig«, sagte sie prompt. »Einen Tuatha'an mit einem Schwert. Einen Falken und einen Habicht, die auf deinen Schultern saßen. Beides Weibchen, glaube ich. Und den ganzen Rest natürlich. Was immer zu sehen ist. Dunkelheit um dich herum und... «

»Nichts mehr!« sagte er schnell. Als er sicher war, daß sie aufgehört hatte, kratzte er sich nachdenklich am Kopf. Nichts von alledem ergab einen Sinn. »Hast du eine Ahnung, was das bedeuten soll? Diese neuen Sachen, meine ich?«

»Nein, aber sie sind wichtig. Die Sachen, die ich sehe, sind immer wichtig. Wendepunkte im Leben eines Menschen. Ihr Schicksal. Es ist immer wichtig.« Sie zögerte einen Moment und sah ihn an. »Noch etwas«, sagte sie bedächtig. »Wenn du eine Frau triffst — die schönste Frau, die du jemals gesehen hast —, dann renn weg!«

Perrin riß die Augen auf. »Du hast eine schöne Frau gesehen? Warum sollte ich vor einer schönen Frau weglaufen?«

»Kannst du nicht einfach mal einen Ratschlag annehmen?« fragte sie gereizt. Sie trat gegen einen Stein und beobachtete, wie er den Hang hinunterrollte.

Perrin urteilte niemals vorschnell. Deshalb hielten ihn manche Leute auch für dumm. Aber er zählte nun einige Dinge zusammen, die Min in den letzten Tagen gesagt hatte, und kam zu einer überraschenden Schlußfolgerung. Er blieb plötzlich stehen und suchte nach Worten. »Äh... Min, du weißt, daß ich dich mag. Ich mag dich, aber... äh... ich hatte nie eine Schwester, aber wenn ich eine hätte, dann... Ich meine, du... « Sein Redefluß wurde abrupt unterbrochen, als sie den Kopf hob und ihn mit hochgezogenen Augenbrauen anblickte. Sie lächelte ein wenig dabei.

»Aber Perrin, du mußt doch wissen, daß ich dich liebhabe.« Sie stand da, sah, wie seine Kinnpartie heruntersackte, und dann sagte sie langsam und rücksichtsvolclass="underline" »Wie einen Bruder, du großer, holzköpfiger Trottel! Die Arroganz der Männer erstaunt mich immer wieder. Jeder glaubt, daß sich alles auf ihn bezieht, und jede Frau muß ihn natürlich begehren.«

Perrin fühlte, wie sein Gesicht vor Verlegenheit brannte. »Ich habe nicht ge... ich... « Er räusperte sich. »Was hast du da mit einer Frau gesehen?«

»Beherzige nur meinen Rat«, sagte sie und ging wieder, diesmal schneller, in Richtung des Baches weiter. »Und wenn du alles andere vergißt«, rief sie ihm zurückgewandt zu, »beachte wenigstens das!«

Er runzelte die Stirn, diesmal aber schaltete er schneller. Mit zwei langen Schritten hatte er sie eingeholt. »Es ist Rand, nicht wahr?«

Sie brachte einen undefinierbaren Laut hervor und sah ihn von der Seite her an. Allerdings verlangsamte sie ihren Schritt nicht. »Manchmal bist du gar nicht so schwer von Begriff«, murmelte sie. Einen Moment später fügte sie — mehr zu sich selbst gewandt — hinzu: »Ich bin an ihn gebunden wie eine Daube ans Faß. Aber ich kann nicht vorhersehen, ob er jemals meine Liebe erwidern wird. Und ich bin auch nicht einmal die einzige.«

»Weiß Egwene davon?« fragte er. Rand und Egwene waren seit ihrer Kindheit praktisch miteinander verlobt gewesen. Es hatte eigentlich nur der förmliche Eid vor dem Frauenzirkel des Dorfs gefehlt. Er war nicht sicher, wie weit sie sich inzwischen voneinander entfernt hatten, falls überhaupt.

»Sie weiß Bescheid«, sagte Min knapp. »Und beide haben wir nichts davon.«

»Wie steht es mit Rand? Weiß er es?«

»Oh, natürlich«, sagte sie bitter. »Ich habe es ihm doch bestimmt gesagt, oder? ›Rand, ich habe deine Aura gelesen, und es scheint, ich werde mich in dich verlieben. Ich muß dich außerdem teilen, und das gefällt mir wohl nicht, aber es ist halt so.‹ Du bist wirklich ein Holzkopf, Perrin Aybara.« Sie wischte sich ärgerlich mit einer Hand über die Augen. »Wenn ich bei ihm sein könnte, dann könnte ich ihm auch helfen. Irgendwie. Lichts ich weiß nicht, ob ich es überstehe, wenn er stirbt.«