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Ihre blaugrünen Augen blickten ihn ohne ein Zeichen des Zweifels an. Eine verblendete Eifererin. »Die Eoil werden uns schützen. Sie kehren zurück. Die Zeichen in den Heiligtümern verkünden...«

»Sie kehren zurück? Dann werde ich zur Stelle sein, um sie zu vernichten. Aber du wirst sie nicht mehr sehen, Fürstin.« Der Unauslöschliche hatte Schritte und viele raue Stimmen aus einem der Gänge vernommen. Die zweite Welle der Untergründigen rollte heran. Seine Wunden brannten, er fühlte Schwäche in den Gliedern. Rückzug. Es sind zu viele Gegner. Er steckte den Diamant und ein Schwert weg, den Griff des anderen umfasste er mit beiden Händen. »Und die Eoil werden auch keine Elben mehr zu Gesicht bekommen. Nicht mehr im Geborgenen Land.«

Sein Schlag trennte ihren Oberkörper sauber durch, die Schneide fraß sich von der linken Schulter hinab bis zur rechten Hüfte und zerschnitt die Orkknochen darunter. Die Fürstin starb zu seinem Bedauern viel zu rasch. Gerne hätte er sie mitgenommen und bis in alle Ewigkeit gefoltert, sie als niemals versiegende Farbquelle benutzt.

Geliebte Schwester. Er kniete sich vor Nagsar Inästes Haupt, streckte zögernd die Hand aus - und stockte. Er brachte es nicht übers Herz, ihre Züge ein letztes Mal anzuschauen. Der Kummer hatte die Macht, ihn zu töten. Der Unauslöschliche berührte stattdessen ihre langen schwarzen Haare und schnitt sich eine Strähne davon ab, ehe er mit seinem Andenken zwischen den blutigen Handschuhen aufsprang und in den Tunnel lief, so schnell es ihm seine Wunden erlaubten.

Das Geborgene Land, Königreich Idoslän, in den Höhlen Toboribors, 6241. Sonnenzyklus, Spätsommer.

Der Tod stand vor ihm. Er wollte ihn schrecken, denn er hatte die Form einer Furcht erregenden Kreatur angenommen. Er war das Abbild des Albs, den sie auf der Insel gesehen hatten und der ihnen entkommen war. Stolz ragte er vor dem Liegenden auf, den schweren Panzerhandschuh um den Schaft eines schmalen Speers mit dünner Klinge geschlossen, der andere Arm hing locker am schlanken, teils gerüsteten, teils nackten Körper herab.

Die Schwärze in seinen Augenhöhlen ruhte auf dem Zwerg. »Du wirst nicht sterben, Tungdil Goldhand«, sagte der Tod freundlich zu ihm, beugte sich zu ihm herab. Die langen schwarzen Haare umrahmten das schmale, grausame und zugleich anziehende Gesicht. Er legte ihm die rechte Hand auf die Brust. »Ich brauche dich noch.« Die albischen Symbole auf der Rüstung auf seiner Waffe schimmerten grünlich, und ein warmes Gefühl durchströmte Tungdils Körper. Die Kälte wurde zurückgedrängt, sein Herz dankte es mit lautem, heftigem Pochen, und das Blut rauschte in seinen Ohren.

»Nagsor Inäste ist entkommen und hat den Diamanten, den ihr zu erlangen sucht, mit sich genommen«, offenbarte ihm der Tod mit klarer Stimme. »Er wird zur Insel zurückkehren, um den Tunnel zu erreichen, den Furgas geschaffen hat. Er stand kurz vor seiner Vollendung, bevor ihr den Magister getötet habt. Wenn Nagsor Inäste ihn erreicht und vollendet, kann er ins Jenseitige Land flüchten. Dann ist der Stein für immer verloren.« Der Tod richtete sich auf. »Nagsor Inäste wird mit einem Heer zurückkehren, wie es das Geborgene Land noch nicht gesehen hat. Weder ihr noch die fremden Orks könnten es aufhalten.«

Tungdil öffnete den Mund, war aber nicht in der Lage zu sprechen.

Der Tod wandte sich von ihm ab. »Halte ihn und seine schrecklichen Söhne auf, Tungdil Goldhand.« Er trat in den Schatten und verschwand darin.

Tungdil versuchte, den Kopf zu heben, doch eine Schmerzenswelle sandte ihn bewusstlos auf den Boden... »Einmal kam der Tod zu einem Zwerg und wollte ihn mit sich nehmen, doch der Zwerg stemmte sich fest mit den Stiefeln gegen den Fels, auf dem er stand, senkte widerspenstig die Stirn und sagte nein. Da ging der Tod wieder.«

Tungdil kannte die Weisheit aus dem Süden Sangreins, und er kannte auch die Stimme, die da sprach. Er versuchte die Augen zu öffnen, was ihm aber nur bei dem rechten gelang. Das Linke bestand aus reinem Schmerz und weigerte sich, ihm zu gehorchen.

»Seht Ihr? Seht Ihr das?«, jubelte eine zweite Stimme laut. »Oh, habe ich es nicht gesagt, dass Vraccas uns wenigstens einen Helden lässt, um das Geborgene Land vor dem Untergang zu bewahren? Ein Hoch auf Eure Kunst, Lot-Ionan.«

Heller Lichtschein drang zu Tungdil, er blinzelte und sah Rodario, Sirka und Lot-Ionan vor sich. »Wo bin ich?«, krächzte er und hob die Hand, um nach seinem linken Auge zu tasten.

Der Magus hielt sie fest. »Nein, Tungdil. Nicht.«

»Ein Pfeil«, sagte Rodario und zeigte ihm das Geschoss, an dem Blut haftete. »Wir haben ihn aus deinem Kopf gezogen. Lot-Ionan kam gerade noch rechtzeitig, um deinen Tod zu verhindern. Den Göttern gebührt Dank, dass sie dich leben ließen.«

»Aber dein Auge konnte ich nicht retten«, sagte Lot-Ionan bedauernd.

Schlagartig kehrte die Erinnerung zurück, und Tungdil richtete sich mit der Unterstützung seiner Freunde auf. Er bemerkte, dass er eine Binde quer über dem Gesicht trug, welche die linke Augenhöhle bedeckte. »Vorsichtig, vorsichtig«, warnte ihn Sirka. »Eben noch standest du mit einem Bein vor deinem Gott.« Er befand sich immer noch in der Höhle, in der sich nun geschätzt einhundert Zwerge aufhielten, die sich um die Verwundeten kümmerten. »Wie geht es Ingrimmsch und Goda?«, fragte er und stützte sich auf die Untergründige.

»Wir haben sie zum nächsten Lager schaffen lassen«, teilte ihm Rodario mit.

»Wie es ihnen geht, will ich wissen!«

»Sie leben. Godas Wunde ist nicht lebensgefährlich, aber unseren Freund mit dem heißen Blut hat es übler erwischt. Eure Heiler sagten, sie würden erst in einigen Umläufen sagen können, ob er es überstehen wird.« Rodario hatte seine Heiterkeit verloren. »Niemals hätte ich geglaubt, dass die Elben so etwas tun würden.« Tungdil ballte die Fäuste und nahm das getrocknete Blut auf seiner Haut und der Kleidung wahr. Es konnte nicht alles von ihm stammen. »Nicht die Elben«, verbesserte er, auch wenn es ihm sehr schwer fiel, den Unterschied zu machen. »Die Atär. Esdalän hat mit diesem Irrsinn nichts zu tun.« Er sah die Überreste der Albin. Sie war achtlos neben den Altar geworfen worden, ihr abgeschlagener Kopf lag zwei Schritte neben ihr, das Gesicht wurde von den langen Haaren bedeckt.

Sirka hatte seinen Blick bemerkt. »Das Werk der Elben, bevor sie Bekanntschaft mit dem zweiten Unauslöschlichen machten.« Sie deutete nach links, wo die Leichen der Elben in ihrem Blut lagen. Unter den Toten, die durch glatte, mörderische Schnitte gestorben waren, befand sich auch Rejalin. Die Macht des Diamanten hatte sie nicht gerettet.

»Wir haben die Höhleneingänge sperren lassen, aber...«

Tungdil winkte ab. »Es ist sinnlos. Er und seine verbliebenen Kinder sind auf dem Weg nach Weyurn.« »Die Quelle? Was sollte er bei der magischen Quelle, wo er doch den Diamanten besitzt?«, wunderte sich Rodario. »Andererseits, wenn er vor uns davonläuft, fehlt ihm wohl der richtige Zauber, um an diese Energie zu gelangen.«

Tungdil vermisste seine Feuerklinge; suchend blickte er sich um und fand sie nirgends. Auch auf seine Nachfrage hin wusste keiner zu sagen, wo die Axt abgeblieben war. Daraus schloss er, dass der Unauslöschliche sie mitgenommen hatte, denn der Tod war mit leeren Händen gegangen. Nun gab es mindestens zwei Gründe, den Unauslöschlichen zu verfolgen.

»Ich weiß, weswegen. Für... die Dritten haben einen Tunnel begonnen, der ins Jenseitige Land führen sollte«, berichtete er. Den Namen des Magisters verschluckte er, weil er Bandilors Behauptungen nach wie vor nicht glaubte. Furgas konnte einfach nicht hinter dem Plan stecken. »Sie wollten heimlich einen Durchgang schaffen, durch den Tions Horden unbemerkt einfallen könnten. Er stand kurz vor seiner Fertigstellung.« Die anderen starrten ihn an; in ihren Blicken standen Verwunderung und ein unausgesprochener Vorwurf, jetzt erst davon zu hören.