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Die Ubariu zogen ihre schweren Schwerter, verstanden aber, dass sie gegen diese Art des Angriffs unterlegen waren.

Die Kugel hatte angehalten, stand still und bewegte sich mit Schwung von neuem auf sie zu. Auf dem schmalen Pier gab es wenige Möglichkeiten, der Walze zu entkommen, und wieder wurden einer der Ubariu, der Kapitän und zwei Gardisten getroffen. Wer überlebte, blieb mit schweren Verletzungen auf der Erde liegen; laute Schreie hallten durch den Hafen.

»Flagur!«, rief Tungdil zu dem Anführer der Ubariu hinauf. »Den Haken des Lastkrans, schnell!« Flagur verstand, was der Zwerg beabsichtigte. Er drückte den Schwenkarm herum, sodass er über dem Pier hing, und löste die Sperre des Windenmechanismus in dem Augenblick, als das Monstrum seine dritte Attacke begann. Surrend wickelte sich das Seil ab.

Der Haken prallte mit einem lauten Geräusch gegen die Kugel, die gekrümmte Spitze verfing sich in einer der Lücken zwischen den Eisenbändern. Das dicke Tau spannte sich knirschend und bremste die Kugel, fing sie ein. »Hoch damit!«, befahl Tungdil und wollte die Rampe hinauflaufen, um Flagur beim Bedienen der Kurbel zu helfen, da klickte es laut.

Verschlüsse schnappten auf, die zwei Finger breiten Metallbänder schoben sich zusammen, und der Haken schnellte davon, weil es nichts mehr gab, das er greifen konnte. Dieses Mal verschwanden die Bänder nicht in dem eisernen Rucksack auf dem Rücken der Kreatur wie damals in Güldengarb. Sie blitzen auf und formten sich auf wundersame Weise zu einem großen Schild vor dem Scheusal.

Sie sahen den vierten der Bastarde aus Alb und Ork aus unmittelbarer Nähe.

Die Haut schimmerte im Licht der Sterne dunkel mit schwarzen Schlieren, das anmutige und doch abstoßende Gesicht lag größtenteils hinter den langen schwarzen Haarsträhnen verborgen. Es öffnete sein Maul mit den kräftigen, spitzen Zähnen und grollte angriffslustig. »Ich werde euch töten«, versprach es ihnen und zog ein Schwert, das aus vielen Einzelsegmenten zu bestehen schien; Tungdil erkannte deutlich die waagerechten Linien auf der Klinge. Abrupt begann es mit seinem Angriff und schlug nach dem Ubari, der ihm am nächsten stand. In der Schwungbewegung trennten sich die Schwertsegmente voneinander. Das Innere der Waffe war hohl und wurde von einer dünnen Kette durchzogen, welche die Einzelstücke miteinander verband. Die Reichweite der Schwertpeitsche wurde auf diese Weise beinahe verdoppelt.

Und so traf es den Ubari ebenso unvermittelt wie tödlich. Die bewegliche Klinge prallte zwar gegen sein zur Abwehr erhobenes Schwert, aber die scharfe Spitze bog sich schlangengleich an dem Hindernis vorbei und stach ihm tief ins Gesicht. Sterbend fiel er auf den Pier.

Die Gardisten senkten ihre Hellebarden, aber sie wagten es nicht, diesen Feind anzugreifen, dessen Unterkörper scheinbar vollständig aus Eisen bestand. Mit dem Fleisch vernähte, runengezierte Metallplatten schützten seinen Oberkörper.

Das Monstrum machte einen Schritt nach vorn, der eiserne Fuß rieb mahlend über den Stein. Es musste sehr, sehr schwer sein. Wieder holte es mit seiner tückischen Waffe aus und schlug, dieses Mal nach Tungdil. Er tauchte unter der grün aufleuchtenden Klinge weg und fiel dabei beinahe von der Rampe, die von der Feuchtigkeit rutschig geworden war.

Das seltsame Schwert schwenkte im Flug herum und durchtrennte den Aufgang zum Schiff; der Zwerg fiel mit den beiden Plankenhälften ins Wasser. Die Wellen schlugen über seinem Kopf zusammen, und er sank wie ein Stein auf den Grund.

Grässliche Angst befiel ihn. Er befand sich in Elrias Reich, und die Eindrücke seines Sturzes in den reißenden Bach, in dem sein Sohn ertrunken war, kehrten mit Macht zurück. Die zahllosen Luftblasen erlaubten ihm nicht, sich zu orientieren, er verlor die Übersicht, wo oben und unten war. Hektisch paddelte er und schlug um sich. Dann zwang er sich zur Ruhe. Genau diese Kopflosigkeit hatte ihm damals den Sohn geraubt. Er versuchte nicht mehr, an die Oberfläche zu schwimmen; wegen des Gewichts seiner Ausrüstung wäre es ihm auch nicht gelungen. Stattdessen tastete er sich an der Mauer entlang, um zur Anlegestelle für Beiboote zu gelangen. Dort gab es eine Treppe, auf der er nach oben steigen konnte, wenn ihn seine Erinnerung nicht täuschte.

Der Untergrund war sehr weich, er sank im Schlick tief ein. Der Atem wurde ihm bereits knapp, da traf sein linker Fuß auf die erste Stufe. Eilends machte er sich an den Aufstieg und kehrte hustend zurück an die Luft. Elria hatte ihn wieder nicht bekommen.

Über ihm erklang das Geräusch von Metall, das gegen Metall traf, hellgrünes Flackern beleuchtete die Schiffsrümpfe geisterhaft, und immer wieder hörte er Schreie und Fluchen. Es war nicht die Zeit, sich eine Erholung zu gönnen.

»Da! Da ist er!« Rodario hatte sich über die Mauer gelehnt und ihn entdeckt. »Palandiell sei Dank, er ist kein Fischfutter.« Er verschwand wieder, weil er sich offenbar in den Kampf einmischen wollte. Tungdil erreichte den Pier, auf dem nur noch acht Ubariu standen. Die Gardisten lagen tot oder verletzt umher. Das Wesen hatte aus den Metallbändern zwei kleine Schilde geformt, die seine Flanken deckten, während es mit dem biegsamen Schlangenschwert Schläge austeilte und die Ubariu zwang, auf Abstand zu bleiben. Tungdil hob eine Hellebarde, packte sie mit beiden Händen und rannte auf den Rücken des Monstrums zu. Es bemerkte ihn, wirbelte herum und schlug mit seiner Waffe nach ihm, doch er war noch zu weit entfernt, um Opfer des mehr gliedrigen Schwertes zu werden. Eines der Schilde aus Eisenbändern schob sich von der Seite nach vorn und schützte das Gesicht des Scheusals.

Aber Tungdil senkte die Hellebarde kurz vor dem Zusammenprall und traf den rechten Fuß des Scheusals. Die Spitze bohrte sich durch die Panzerung, schwarzes Blut quoll aus dem Stich. Es war ihm nicht einmal so sehr darum gegangen, dem Gegner eine schwere Wunde zuzufügen. Seine Absicht war eine andere. Eine schnelle Drehung und ein harter Ruck genügten, und der lange Widerhaken am Kopf der Waffe verfing sich zwischen den Panzerplatten.

»Nehmt die Hellebarden«, rief er den Ubariu zu. »Stochert nach seinen Beinen, dann werfen wir es ins Wasser. Haltet fest, damit es nicht davon springt.«

Die Eisenbänder schlugen nach unten, um den Schaft von Tungdils Hellebarde zu zerbrechen, aber die Verstärkungsstreben hielten noch Stand, auch wenn der Schlag sehr hart gewesen war. Tungdil antwortete mit kräftigem Rütteln.

Die Ubariu sammelten die Waffen der Gardisten auf und gingen dem Zwerg zur Hand. Tatsächlich drängten sie das Scheusal immer mehr auf den Rand des Piers zu; sein Versuch, sich mit einem Sprung von den Haken zu befreien, scheiterte an der Kraft, mit der es festgehalten wurde. Mehr als ein harmloser Hopser wurde daraus nicht.

Also schlug es um sich. Die Hiebe mit dem Schlangenschwert vernichteten rasch einen Hellebardenschaft nach dem anderen, ihr Feind befreite sich zusehends aus seiner misslichen Lage. »Ich werde euch töten«, rief er mit reiner Stimme.

»Für das Geborgene Land!«, tönte es über ihren Köpfen, und Rodario schwang sich am Seil des Lastkrans mit den Füßen voran gegen einen der Schilde des Monstrums.

Der unverschämt respektlose Angriff traf es unvorbereitet. Das Gewicht und der Schwung des Schauspielers genügten, um es über die Kante hinaus ins Hafenbecken zu stoßen. Im Fallen schlug es mit dem Schlangenschwert nach Rodario und schlitzte ihm den Unterschenkel auf, dann versank es in den Fluten. »Oh, ihr Götter«, ächzte der Schauspieler, als er zurückpendelte und von den Ubariu abgefangen wurde. »Das sind grässliche Schmerzen.« Er setzte sich auf den Pier. »Aber ich war einmal mehr unglaublich, nicht wahr?«, versuchte er trotz seiner Qualen zu scherzen.

»Ja, das war wirklich unglaublich.« Lot-Ionan, der für den Runenmeister nichts mehr tun konnte, kniete sich neben ihn und versorgte die Wunde. »Sie muss auf alle Fälle genäht werden«, befand er. »Es wird eine hübsche Narbe.«